Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
niedrige Bauten, die um eine zentrale Feuerstelle angeordnet waren. Zwei kleinere Gebäude, etwas größer als Hütten, standen auf beiden Seiten des Lagers. Sie war nah genug, um zu erkennen, dass sich ungefähr ein Dutzend dicke Wildländler zwischen den läng – lichen
Gebäuden bewegten und noch weitere draußen zwischen den Bäumen unterwegs waren. Sie zog energisch an Sonis Zügeln und hoffte, über die Bucht zurückfliegen zu können, ohne entdeckt zu werden.
Doch sie war einen Augenblick zu spät. Gerade als Soni die Richtung änderte und die Flügel neigte, um an der heiklen Stelle zwischen Land und Meer zu drehen, entdeckte sie jemand.
Auf dem schmalen Sandstreifen stand eine Gestalt am Strand, die sie auf dem schwarzen Sand zuvor nicht gesehen hatte. Ein Pfeil schoss durch die kalte Luft auf sie zu. Philippa schrie auf, und Soni reagierte.
Jetzt kam ihnen ihre Disziplin zugute. Sie hatten das Manöver so häufig geübt, dass es vollkommen automatisch ablief. Philippa verlagerte ihr Gewicht, und Soni kippte die Flügel, wobei ihr Körper vor Anstrengung zitterte. Zunächst flogen sie wie ein Pfeil in einem Winkel steil nach unten, den kein Angreifer voraussagen konnte. Dann vollführten sie eine Große Wende, eine komplette Drehung und änderten die Flughöhe. Es folgte ein zweiter Pfeil. Soni wich ihm erneut aus und flog weiter nach oben. Als sie sich emporhob und sich aus der Reichweite des Schützen entfernte, bebten ihre Flügel. Ein Hund kläffte wütend. Das Gebell hallte von den Felsen wider. Kein Oc-Hund war in der Lage, einen solchen Lärm zu machen. Philippa erschauderte bei dem Geräusch.
Als Soni gerade ihre zweite Große Wende beendet hatte, erreichte sie der Schnee. Er kam mit einer Windböe über die Kante des Plateaus gesaust und wehte Philippa erschreckend heftig ins Gesicht. Soni schwankte, und Philippa spürte, wie sich ihr Körper verkrampfte.
Kurz darauf fing sich die Stute wieder, legte sich in den
Wind und tarierte die gegenläufigen Luftströmungen, die vom Meer herwehten, geschickt aus. Philippa lenkte sie nach Westen zu den Schiffen zurück, um das vereinbarte Zeichen zu geben. Sie winkte mit der dunkelroten Fahne, die sie zu diesem Zweck an ihrem Sattelknauf befestigt hatte, und sah, dass Frans zurückwinkte. Gleich darauf flogen Soni und sie in südlicher Richtung über die Meeresenge hinweg nach Onmarin, ihrer wohlverdienten Erholung entgegen.
Doch sie waren zu spät. Dicke Schneeflocken wirbelten um Sonis Kopf herum, legten sich auf ihre Flügel, schmolzen schnell auf der erhitzten Oberfläche und blieben dort, wo sich mehr von ihnen sammelten, als kleine Schneeflecken liegen.
Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als an Land zurückzukehren und so schnell sie konnten einen Landeplatz zu finden. Geisterhaft und unheimlich ragten vor ihnen die Felsen auf. Wenn Soni hoch genug fliegen konnte, bot das Plateau die beste Fläche.
Philippa spürte, wie Soni Muskeln unter ihren Waden arbeiteten. Mitfühlend spannte sie ebenfalls die Schenkel an, presste sie gegen das Tier und spürte die Hitze von Sonis Körper durch den Sattel hindurch. Schnee fing sich in ihren Wimpern und auf ihren Lippen. Sie sah die Mischung aus Wasser und Schnee auf Sonis Flügeln. Vor lauter Angst rauschte das Blut in ihren Ohren.
Ihnen blieben nur noch wenige Augenblicke Zeit, hoch genug hinaufzusteigen, damit Soni landen konnte. Unter normalen Umständen stellte die Höhe des Kliffs für sie kein Problem dar, doch der Schnee und der Wind behinderten sie. Philippa musste aufpassen, dass sie nicht zu atmen vergaß und locker blieb. Wenn sie ihre Hände verkrampfte
oder ihr Rücken steif wurde, musste ihr Pferd nur noch schwerer kämpfen.
Soni schlug erneut mit den bebenden Flügeln. Und noch einmal. Es schien, als arbeite sie sich Zentimeter für Zentimeter nach oben. Der Schnee wehte jetzt so schnell auf sie zu, dass sie beinahe blind waren. Philippa kümmerte sich nicht weiter um die Schiffe und blickte nicht zurück. Bei dem Sturm konnte sie sowieso nichts sehen. Sie starrte nach vorn, und auch dort konnte sie kaum etwas erkennen, nur die graue Felswand und die Schneeflocken, die um sie herumwirbelten.
Und dann war das Grau auf einmal verschwunden, und es blieb nur noch weißer Schnee, der an Sonis angespanntem Hals und ihren nun wild schlagenden Flügeln vorbeistob.
Sie hatte es geschafft! Sie hatte den Rand des Kliffs erklommen! Das flache Plateau lag unter einer rutschigen Schneeschicht, die
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