Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
doch an Gürtel und Revers fehlten die silbernen Insignien von Oc. Philippa kam der seltsame Gedanke, dass sie womöglich die charakteristische Farbe der fürstlichen Tracht ändern mussten, doch sie schob ihn sogleich beiseite. Auch ohne bereits an die Zukunft zu denken, war es schwer genug, sich vorzustellen, dass sie sich jetzt tatsächlich offen gegen Wilhelm stellten.
Zuallererst jedoch hoffte sie verhindern zu können, dass Geflügelte Pferde in die Schlacht geschickt wurden.
Und sie musste unbedingt herausfinden, was mit Amelia Riehs geschehen war.
Kapitel 26
W ilhelm trug einen langen schweren Wollmantel mit einem hohen Nerzkragen. Als er über den Platz auf die Stufen zur Rotunde schritt, legte sich Feuchtigkeit auf den Pelz. Constanze eilte in Hermelin gehüllt und mit einer Kappe auf dem Kopf hinter ihm her. Der Himmel hing tief über der Kuppel, und die bunten Wimpel der achtunddreißig Adelsfamilien wehten schlaff herunter. Wilhelm blieb oben auf dem Treppenabsatz stehen und blickte an der Lebenseiche vorbei zu den Pferdemeisterinnen und den Schülerinnen der Akademie, die dort mit ihren Pferden warteten. Ihre spärliche Zahl – es waren sicherlich nicht mehr als zehn oder elf – bestürzte ihn.
»Ich will den Namen jeder Pferdemeisterin und jeder Schülerin, die dort drüben stehen«, fauchte er seinen Sekretär an, der hinter ihm ging.
»Gewiss, Durchlaucht.«
»Und dann will ich eine Liste aller Pferdemeisterinnen, die sich meinem Befehl widersetzt haben.« Wilhelm wandte sich der Rotunde zu, sagte jedoch über die Schulter hinweg: »Und ich will auch die Namen der Schülerinnen aus der dritten Klasse, die nicht erschienen sind.«
Als der Sekretär mit leiser Stimme noch einmal »Ja, Durchlaucht« sagte, hörte Wilhelm sehr wohl, wie sehr dieser Befehl den Mann erschüttert hatte, doch er ignorierte es. Er schritt durch die große Doppeltür, wobei sein Mantel
über den Marmorboden fegte. Dafür würden sie alle bezahlen, jede Frau und jedes Mädchen, die seinen Befehl missachtet hatten. Noch vor Ende der Woche würde er selbst Pferdemeister sein. Ach was, noch bevor ein weiterer Tag ins Land gegangen war. Wenn das Wetter aufklarte, würde er morgen auf Diamant fliegen.
Als er in die beheizte Rotunde trat, hörte er vom Hafen her so etwas wie einen Pistolenschuss. Er wandte den Blick nach links und sah, dass die Edlen des Rates alle in diese Richtung blickten.
Sollten sie doch starren! Ein paar Scharmützel waren unbedeutend. Große Taten verlangten eben Opfer. Wenn er ihnen erst bewiesen hatte, dass er richtig gehandelt hatte, würde wieder Frieden im Fürstentum einkehren, und zwar einer nach seinen Vorstellungen.
Er schritt die niedrigen Stufen hinunter zu dem geschnitzten Stuhl, der in der Mitte für ihn bereitstand. Constanze trippelte hinter ihm her. Die Edlen des Rates waren bereits versammelt und scheinbar hatte schon jemand gesprochen. Als er eintrat, verstummten alle und erhoben sich von ihren Plätzen. Selbst die Damen und Zofen auf der Gallery hörten auf, miteinander zu flüstern und mit ihren Roben zu rascheln.
Er grüßte sie gelassen und ließ sich auf seinem Stuhl nieder, wobei er seinen Degen an einer Seite heruntersinken ließ. Langsam nahmen die Edlen des Rates wieder ihre Plätze ein, wobei sie mit den Stühlen scharrten und ihren Assistenten und Sekretären hier und da etwas zumurmelten. Constanzes Zofe half ihr, sich aus ihrem Pelzmantel zu schälen, und richtete die Perlenkette um ihren Hals, die ihr beinahe bis zur Taille reichte. Wilhelm warf ihr einen verachtenden Blick zu. Er hasste diese Perlen. Man hatte ihn
überredet, sie ihr zur Hochzeit zu schenken, und er konnte nicht fassen, dass er für etwas derart Protziges jemals Geld verschwendet hatte.
Ihr Blick zuckte zu seinem hoch, dann zu den Damen auf der Gallery. Ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos, doch es kam Wilhelm vor, als wäre sie weniger schüchtern als zuvor. Vielleicht war sie weniger … ängstlich? Er hatte keine Ahnung, was ihren Mut plötzlich so belebt haben konnte.
Allerdings war es auch nicht wichtig. Constanze bedeutete ihm weitaus weniger als Diamant.
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, stützte das Kinn in die Hand und warf dem Rat einen trotzigen Blick zu. »Meine Herren«, sagte er, »wie ist schön, wieder bei Ihnen zu sein.«
Für einen peinlichen Augenblick antwortete niemand, dann stand Mersin Inseehl auf. »Wir wissen, dass Sie sehr beschäftigt waren, Durchlaucht. Wir
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