Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
blaue Himmel. Er schlug die Decke zurück und stand auf, um die Vorhänge beiseitezuziehen. Die letzten Sturmwolken hatten sich nach Westen zurückgezogen und Oscham und die umliegenden Felder und Weiden im Schein der winterlichen Sonne zurückgelassen.
»Diamant!«, flüsterte Wilhelm. »Das ist unser Tag.« Er klingelte nach seinem Frühstück, und während er darauf wartete, zog er ein langärmeliges weißes Hemd, eine helle Hose und die Stiefel an, die er eigens für diesen Zweck bestellt hatte. Sie waren geschmeidig wie ein Handschuh, aus dem feinsten Kalbleder gefertigt, mit weichen Sohlen und flachen Absätzen. Er band seine Haare zu einem Zopf zusammen und zog seine Weste über, quetschte die knöchernen Knöpfe durch die Knopflöcher und straffte den Stoff. Kurz hielt er inne und fuhr sich mit der Hand über die geschwollene Brust. Vielleicht könnte er eines Tages, wenn er und Diamant zusammen geflogen waren, die Dosierung des Mittels etwas reduzieren. Es wäre schön, sich wieder wie er selbst zu fühlen.
Als die Dienerin mit seinem Tablett an die Tür klopfte, war er gerade dabei, seinen Reitmantel überzuziehen. Er fragte sich, ob sich das Gewand zum Fliegen eignete oder ob es flattern, sich aufblähen und Diamant vielleicht ablenken würde. Er bemerkte erst, dass Constanze hinter der Dienerin ins Zimmer getreten war, als er sich vom Kleiderschrank abwandte, um seine Kaffeetasse entgegenzunehmen.
»Constanze! Herrgott, hast du mich erschreckt.«
Sie trug noch ihren bestickten Morgenmantel mit dem weit schwingenden Saum. Das aschblonde Haar reichte ihr bis auf den Rücken. Sie sieht aus wie ein Kind, das die Sachen seiner Mutter trägt, dachte er. Es war schwer zu glauben, dass sie mindestens drei Jahre älter als Frans war. »Wilhelm«, flüsterte sie tonlos. »Was hast du vor?«
»Ich werde …« Er konnte sich gerade noch davon abhalten, das Wort »fliegen« auszusprechen. Das würde er nicht sagen, bevor er es wirklich getan hatte. Also sagte er stattdessen: »… ausreiten. Was denkst du denn?«
»Aber Wilhelm. Es heißt, dass …« »Was, Constanze? Was? Hörst du etwa schon wieder auf diese albernen Gerüchte?«
»Ich weiß, dass wir gestern ein Geflügeltes Pferd verloren haben. Es ist in der Bucht ertrunken.«
»Die Schuld daran trägt allein Kleeh.«
Ihr Blick zuckte hoch, in sein Gesicht, dann sah sie zur Seite. »Letzte Nacht ist etwas geschehen. Auf der Neuen Brücke ist jemand ermordet worden. Ich habe gehört, wie sich zwei Milizionäre über den Kampf unterhalten haben.«
Wilhelm stieß verärgert die Luft aus. Er wollte, dass sie aus seinem Zimmer, ihm aus den Augen ging. Er wollte zu
Diamant, um das große Ereignis zu vollführen und zu bestehen! Constanze jammerte nur und klagte über Dinge, die sie nicht das Geringste angingen.
»Ich weiß wirklich nicht, warum du dir darüber den Kopf zerbrichst«, sagte er. Er trank seinen Kaffee und beobachtete sie über den Rand der Tasse hinweg.
Sie drehte eine Locke zwischen den Fingern und mied seinen Blick. »Findest du nicht, dass du etwas unternehmen solltest? Du musst diesem Wahnsinn Einhalt gebieten oder zumindest jemand zu den Kleehs schicken, damit er mit ihnen spricht …«
Wilhelm setzte seine Kaffeetasse ab. Auf dem Tablett warteten ein gekochtes Ei sowie eine Scheibe Speck auf ihn, doch er ignorierte beides. Je leichter er heute war, desto besser war es für Diamant. »Ich tue etwas«, erwiderte er und knöpfte seinen Mantel zu. Er nahm seine Gerte von der Kommode und steckte sie in seinen Gürtel. »Du hast keinen Grund, dir Sorgen zu machen, Constanze.« Er ging zur Tür und hielt sie ihr auf. »Wieso interessierst du dich eigentlich plötzlich so sehr für Politik? Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
Aber Constanze ließ sich nicht so leicht wegdrängen. »Du solltest wirklich etwas unternehmen. Du bist der Fürst.«
Er erstarrte und musterte sie wütend. »Ich brauche keine Frau, die mir sagt, was ich zu tun habe.« Es juckte ihn in den Fingern, nach seiner Gerte zu greifen.
Ihr Blick zuckte noch einmal zu seinen Augen, dann wich sie auf ihre unerträglich unterwürfige Art wieder seinem Blick aus. »Mein edler Gatte«, erwiderte sie. »Klaahs hat mir gesagt, dass du eine Nachricht von Prinz Nicolas erhalten hast. Er ist offensichtlich mit seiner Geduld am Ende. Was hat das zu bedeuten?«
Das stimmte, natürlich, und Klaahs würde teuer dafür bezahlen, dass er es überhaupt jemandem verraten hatte, und dazu
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