Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
sie und hörten zu. Felicitas schloss sie mit ihrem harten Blick ein.
»Er hört nicht auf mich«, sagte sie. »Er wird versuchen, auf ihr zu fliegen. Ich fürchte, wenn er das tut, werden sich weitere Edle auf seine Seite schlagen.«
»Und hat irgendjemand eine entfernte Ahnung, wo er Amelia Riehs versteckt hält?«, fragte Philippa leise.
Felicitas schüttelte den Kopf. »Ich habe sie nicht gesehen.«
Kapitel 22
D ie kühle Nachtluft brannte schmerzhaft in Amelias Lungen. Die Kälte kroch in die Ärmel des großen Wamses, die lose um ihre Handgelenke schlackerten. Sie hatte auf der Brust, dem Rücken und unter den Armen geschwitzt. An diesen Stellen war der Stoff feucht, und während er langsam trocknete, wurde ihr nur noch kälter. Sie zog den Gürtel fest um ihre Taille und versuchte, nicht zu zittern. Wahrscheinlich wäre ihr wärmer, wenn sie liefe, doch Mahagoni fühlte sich so wohl auf dem Weg, dass es das Beste war, wenn sie ritt. Mit seinem festen Schritt konnte sie nicht mithalten.
Sie nahm an, dass es nach Mitternacht war. Mahagoni und sie hatten sich stundenlang durch den Wald gekämpft. Manchmal mussten sie ein Stück zurückgehen, weil sie auf ein undurchdringliches Dickicht gestoßen waren, manchmal hatte sie Äste und Zweige abbrechen müssen, um weiterzukommen. Sie war in Schweiß gebadet gewesen. Nachdem sie hinter der Hecke endlich die Hauptstraße entdeckt hatte, auf deren glatter Oberfläche sich die Sterne spiegelten, hatte sie erleichtert Bäume und Sträucher hinter sich gelassen.
Der Kanonendonner hallte durch die eisige Nacht und wirkte in der Dunkelheit noch lauter als am Tag. Zuerst war Mahagoni bei jedem Knall zusammengezuckt, doch er hatte sich bald gefangen. Sein Schritt war angenehm, er
ließ sich leicht reiten, und so trug er sie zügig durch die Nacht. Ihr Ziel war der Turm der Zeiten, in dessen kupferner Kuppel sich der Sternenhimmel spiegelte. Vielleicht eine halbe Stunde lang waren sie auf der Straße ganz allein, nur der kalte Wind begleitete sie und blies ihr ins Gesicht.
Als Amelia männliche Stimmen hinter sich vernahm, drängte sie Mahagoni von der Straße, glitt schnell von ihm hinunter und hielt ihn an der Trense fest. Sie stand im Schatten einer Hecke und hoffte, dass die Männer durch die Laterne, die sie bei sich trugen, in der Dunkelheit nichts erkennen konnten.
Sie waren nur zu viert und eilten zu Fuß die Straße hinunter, wobei sie sich gegenseitig antrieben, schneller zu gehen. »Wenn wir nicht bald dort sind, verpassen wir alles«, sagte einer von ihnen. Ein anderer antwortete, doch Amelia konnte nicht verstehen, was er sagte.
Im Osten der Bucht blitzte es.
Wieder sagte die Stimme: »Da! Seht ihr? Der Kampf ist bereits in vollem Gange. Wir verpassen alles!«
Eine andere Stimme sagte: »Das sind doch nur die Schiffe, du Narr! Wir wissen nicht, was an der Küste passiert.«
Sie waren jetzt direkt vor ihnen. Amelia legte ihre Hand auf Mahagonis Nase und drückte seinen Kopf dicht an sich. Die Männer trugen die schwarzen Uniformen der fürstlichen Miliz und waren so nah, dass sie ihre verschwitzte Kleidung und den abgestandenen Geruch von Tabak wahrnahm. Sie spürte, wie Mahagonis Nüstern unter ihrer Hand bebten. Sie zwang ihn, den Geruch für diesen Moment zu ertragen. Er blies in ihre Hand, blieb aber stocksteif stehen.
Eine weitere Stimme tönte: »Ich will unbedingt rechtzeitig dort sein. Ich will nur einmal auf diese verfluchten
Kleehs schießen! Nur einmal!« Dann waren sie vorbei, eilten weiter die Straße hinunter und entfernten sich von ihr.
Amelias Knie zitterten vor Anspannung. Sie lehnte sich schwach an Mahagonis Hals und ließ ihre kalte Wange von seinem Körper wärmen. Er drehte den Kopf zu ihr und schnüffelte, um ihren vertrauten Geruch gegen den der Männer zu tauschen. Sie streichelte sein Maul und flüsterte: »Mahagoni, du machst dem Namen Riehs alle Ehre! Kalla schütze dich!«
Sie ließ noch etwas Zeit verstreichen, bevor sie ihn zurück auf die Straße führte. Eine Weile ging sie neben ihm her und fühlte, dass ihr vom Laufen warm wurde. Als sie meinte, dass die Soldaten weit genug voraus waren, sprang sie wieder auf Mahagonis Rücken. Diesmal zuckte er nicht unter ihrem Gewicht zusammen und nahm wieder sein ruhiges Tempo auf. Von Zeit zu Zeit hörten sie Kanonendonner und sahen Blitze, zweimal meinte Amelia auch die Schüsse von kleineren Waffen zu hören, aber sie war sich nicht sicher.
Die Einwohner von Oc blieben
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