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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanca Busquets
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das eine große Hilfe sein, meinst du nicht auch? Und Eduard nickte, aber ohne jede Überzeugung, man sah ihm an, dass er völlig durcheinander war. Also abgemacht, hatte Dolors da nur ungerührt gesagt und entschlossen die Küche verlassen, ich gehe gleich los, um den Vertrag zu unterschreiben. Und am Montag fange ich an.
    Auch wenn die Liebe zwischen Dolors und Antoni im Grunde die gleiche war, so unterschied sich ihre erste Beziehung von der zweiten doch sehr. War sie einst noch ein unschuldiges, sexuell und in Gefühlsdingen unerfahrenes Mädchen gewesen, so erlebte diese zweite Liebe nun eine reife Frau, die enttäuscht worden war und sich nichts mehr vormachte und doch immer noch eine Tür offen hielt, damit frischer Wind in ihr Leben kommen konnte. Für mich bist du jetzt noch viel schöner als früher. Dolors glaubte Antoni zwar kein Wort, doch dankte sie ihm lächelnd für das Kompliment. Wahrscheinlich leiden deine Augen schon an Alterssichtigkeit, spottete sie dann, worauf beide lachten, und danach schliefen sie noch einmal miteinander, denn ihr Leben, ihr ganzes Leben spielte sich nur in diesem kleinen Reich der verbotenen Bücher ab, der heißgeliebten, alten Bücher.
    Alt sind sie nun beide, doch Dolors hat sich besser gehalten als Mireia. Deine Freundin ist ja schon ziemlich tatterig, Oma, hat Martí ihr am Abend von Mireias Besucherklärt, im Vergleich zu ihr geht’s dir noch prächtig. Na sicher, sonst noch was!, du nimmst mich wohl auf den Arm!, hätte Dolors ihm da liebend gern gesagt, doch ihre Grimasse reichte Martí schon, ja, ich weiß, Oma, du kannst nicht mehr sprechen, und das Bein tut dir auch weh, aber das geht vorbei, der Arzt hat dir ja gesagt, dass du bald wieder ganz die Alte sein wirst. Aber deine Freundin   … Ich weiß ja nicht, die sieht wirklich schon sehr alt und hinfällig aus. Da hob Dolors nur tadelnd die Augenbrauen, mein Junge, es ist nicht das Gleiche, ob man in seinem Leben gedient oder befohlen hat, und Martí verstand. Eine gnädige Frau hat es immer leichter als ein Dienstmädchen, oder eine Haushaltshilfe, wie das ja heutzutage heißt, zumindest haben Dolors’ Töchter Fuensanta immer so betitelt.
    Auch Fuensanta hat sie schon ein paarmal besucht. Leonor und Teresa bemühen sich, eine neue Arbeitsstelle für sie zu finden, denn die Arme steht nun ohne alles da, und ihr einziger Sohn verdient nicht einmal genug für seinen eigenen Lebensunterhalt. Wenn sie kommt, setzt sie sich zu Dolors und heult. Die Frau kann nichts anderes als heulen, und dann wischt sie sich die Tränen ab und schluchzt, ach, Senyora Dolors, wie furchtbar leid Sie mir tun, wo Sie doch so gern geredet haben und immer viel auf den Beinen waren, entschuldigen Sie, dass ich weine, aber ich kann nicht anders, es bricht mir das Herz, Sie jetzt stumm den ganzen Tag hier im Sessel sitzen zu sehen. Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, dann sagen Sie es, ich komme sofort, wann und wofür auch immer. Dolors schüttelt langsam den Kopf, nur um sie nicht zu verletzen, doch am liebsten würde sie laut schreien: Nichts da, verschwinden Sie, ich habe genug von Ihnen! Mein Gott, was für eine Klette, anscheinendkönnen Sie nichts anderes, als anderen Leuten hinterherzuspionieren! Dolors seufzt. Ja, ja, natürlich schätzt Fuensanta sie sehr und heult deshalb, aber jemanden zu schätzen ist nicht alles, und so viel untertänige Beflissenheit geht ihr einfach schrecklich auf die Nerven.
    Von heute auf morgen war Eduard nämlich zum beflissensten Menschen der Welt geworden. Wahrscheinlich dachte er, ich habe meine Frau verloren, weil ich mit meiner ach so wichtigen Arbeit als Fabrikdirektor und meinen ungeheuer bedeutenden Papieren ständig in höheren Gefilden schwebte, während sie sich ein eigenes Leben aufgebaut hat, zu dem ich keinen Zugang habe. Und tatsächlich war in diesem Leben kein Platz für ihn, und wenn er Dolors auch manchmal leidtat, so vertiefte sich ihr Hass auf ihn dennoch stetig, je eifriger er ihr zu Diensten war. Von dem Wunsch besessen, eine Frau zurückzugewinnen, die er im Grunde nie besessen hatte, kam Eduard schließlich sogar in die Küche, um zu spülen und den Boden zu fegen, in den langen Stunden, die er untätig zu Hause verbrachte, versuchte er, sich einfach überall nützlich zu machen oder zumindest so zu tun. Was für eine Manie, irgendwie immer nützlich sein zu wollen, aber wahrscheinlich hält einen genau das am Leben. Und es gab sicher Schlimmeres, als vom Ingenieur zum

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