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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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Willens, erschien ihr die Vorstellung, Vic gegenüber nervös zu sein, fast albern – ein Beweis dafür, dass Sorgen relativ waren, dass die Ängste von letzter Woche die Ängste einer anderen Frau zu einer anderen Zeit gewesen waren.
    »Weißt du«, setzte sie mit einem kurzen Lächeln an, »ich habe vielleicht bessere Chancen, die Stadt davon zu überzeugen, mir die Strickerei zu lassen, als meine Schwestern.« Er schwieg ein paar Schritte lang. »Ich bin mir sicher, dass sie es gut meinen.«
    »Es gibt eine Menge Dinge, die du nicht weißt«, erwiderte Aubrey.
    »Dann erzähl mir doch davon.« Seine Schritte verlangsamten sich, bis er an einer Straßenecke zum Stehen kam. Sie wusste nicht, in welche Richtung sie gehen mussten, also blieb sie ebenfalls stehen. Sie standen voreinander, ohne sich direkt anzusehen. »Ich kann nämlich gut zuhören.«
    »Also gut.« Sie konzentrierte sich auf sein Kinn und begann: »Im Grunde bleibt mir keine andere Wahl, als in der Strickerei zu bleiben. In unserer Familie gibt es bestimmte … ähm … Traditionen. Und ich bin diejenige, die sie am Leben erhalten muss.«
    Er schwieg und wartete darauf, dass sie weitersprach.
    »Hat Mariah dir überhaupt nichts erzählt?«
    Er sah sie an. Das Sonnenlicht ließ ihn die Augen zusammenkneifen, sein Gesicht legte sich in Falten, und seine Oberlippe war hochgezogen. »Ich weiß über das Stricken Bescheid.«
    »Wirklich?«
    »Ich will nicht behaupten, dass ich alles weiß. Aber – ja. Das mit dem Zaubern und so. Mariah hat es mir erzählt.« Er blickte zu ihr hinunter.
    »Und was hältst du davon? Warst du schockiert?«
    Seine Muskeln unter ihrer Hand spannten sich an. »Ich glaube, ich muss dir eine Geschichte erzählen«, erklärte er, fuhr jedoch nicht gleich fort. Sie gingen ein paar Schritte weiter, und sie schaute zu ihm auf mit dem Gefühl, dass etwas in der Schwebe hing – auch wenn sie nicht sagen konnte, was. »Als ich fünfzehn war, hat mein Vater illegal, du weißt schon, unter der Hand auf einer Baustelle gearbeitet. Eines Morgens hatte der Kranführer anscheinend zu viel Whisky in seinem Kaffee, und der Ausleger krachte in ein benachbartes Gebäude.« Er machte eine kurze Pause, und Aubrey umfasste seinen Arm ein wenig fester. »Sie sagten, mein Vater wusste gar nicht, wie ihm geschah. Stein und Glas aus dem Gebäude fielen vier Stockwerke tief. Niemand außer meinem Vater wurde verletzt.«
    »Verletzt? Das heißt … er hat sich wieder erholt, oder?«
    »Nein.«
    »Oh, Vic«, rief Aubrey. »Das tut mir so leid.«
    »Es ist lange her. Ich vermisse ihn immer noch, jeden Tag. Aber ich erzähle dir diese Geschichte nicht, damit du Mitleid mit mir hast. Sondern sie hat etwas mit der Strickerei zu tun.«
    »Wie das?«
    Vic seufzte, ließ alle Luft aus den Nasenflügeln entweichen. »Er war ein stiller Mann, niemals der Mittelpunkt einer lustigen Runde, aber immer der Typ, mit dem man sich gern allein unterhielt. Er war stets da, wenn man ihn brauchte – aber man bemerkte ihn erst, wenn man sich umdrehte und feststellte, dass er schon die ganze Zeit hinter einem herging und auf einen aufpasste.«
    »Er scheint ein besonderer Mensch gewesen zu sein«, sagte Aubrey. »Ich hätte ihn gern kennengelernt.«
    Vic blickte mit einem warmen Lächeln auf sie hinunter. »Drei Tage nach seinem Tod war ich im Park. Ich hatte keine Freunde bei mir; ich war allein gegangen, weil ich es im Haus nicht mehr aushielt. Mir ging es … nun ja … beschissen. Ich saß dort auf dieser Metallkuppel, als ich plötzlich den Jaguar sah.«
    »Hast du Jaguar gesagt?«
    Vic nickte ernst.
    »Wie das Auto?«
    »Wie die Katze.«
    »War er … festgebunden?«, fragte Aubrey.
    »Er lag träge oben auf der Rutsche. Muss dort schon seit einer Weile gelegen haben. Er war schwarz wie die Nacht und blinzelte mich schläfrig an. Das Komische war, dass ich gar keine Angst hatte – na, sagen wir, kaum. Er sah nicht so aus, als ob er mich fressen wollte oder so. Er … faulenzte einfach nur.«
    Aubrey sah den Fluss zwischen zwei Häusern hervorblitzen – heute war er voller Schwung und glitzerte kobaltblau. »Und worin liegt die Verbindung zu deinem Vater?«
    »Er sammelte Jaguarbilder. Er hatte keine große Sammlung oder so, aber es waren ein paar Figuren und Abbildungen von Jaguaren im Haus verstreut, und ich wusste, dass sie ihm gehörten. Er empfand, ich weiß nicht, irgendwie eine besondere Verbundenheit mit ihnen.«
    »Du glaubst, dein Vater ist dir in Form eines

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