Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
Vom Netzwerk:
eines geliebten Sohnes zu vernehmen.
    Jede Generation wusste über die Van Rippers eine Geschichte zu erzählen, und manche dieser Geschichten waren freundlicher als andere. Es gab vereinzelte Inseln, wo die Schwestern willkommen waren, hauptsächlich in Tappan Square. Doch selbst in ihrer eigenen Nachbarschaft gingen ihnen einige Leute aus dem Weg. Trotz ihrer offensichtlichen Armut und Merkwürdigkeit musste man sich vor den Van Rippers in Acht nehmen.
    Es hatte keine Hexenjagd gegeben, keine Fackeln und Rammböcke, keine Verhöre mit glühendem Eisen, und doch waren zwei der drei Van Rippers dem schleichenden, tückischen Druck gewichen und durch Beobachtung, Mutmaßung und Klatsch aus der Stadt vertrieben worden. Und so war es ein Wunder, dass Aubrey, die schüchternste und nervöseste der drei Schwestern, die Kraft zum Bleiben gefunden hatte.
    * * *
    Aubrey hatte ihr Strickzeug zu Mariahs Beerdigungspicknick mitgebracht. Sie saß gemeinsam mit Bitty und Meggie auf einer alten Decke mit Navajo-Muster, neben sich die Urne mit Mariahs Asche. Der Abend war kühl geworden. Aubrey hatte kaum mehr getan, als die Lokalzeitung von Mariahs Tod und ihren Plänen für die »Beerdigung« in Kenntnis zu setzen. Und nun hatten sich die Bewohner von Tappan Square – zumindest diejenigen von ihnen, die Mariah und der Strickerei gegenüber wohlgesinnt waren – versammelt, um ihrer zu gedenken. Erwachsene stellten ihre Gartenstühle auf oder breiteten ihre Decken aus. Kinder alberten auf der Rutsche in Form einer überdimensionalenMakkaroni herum. Es war halb Picknick, halb Gedenkgottesdienst, und Mariah hätte es sicher großartig gefunden. Sie war immer der Meinung gewesen, dass man das Leben feiern sollte und dass dessen Ende kein weniger bemerkenswertes Ereignis war als dessen Beginn. Aubrey musste im Verlauf des Abends immer wieder weinen. Die buttergelbe Wolle ihrer Strickarbeit lag die ganze Zeit in ihrem Schoß.
    Sie zitterte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Meggie.
    Aubrey ließ die Nadeln ruhen und drehte sich um. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie zog den Kragen ihrer Jeansjacke fester um den Nacken und sagte: »Mir ist bloß ein bisschen kalt.«
    »Du hättest eine wärmere Jacke mitnehmen sollen«, meinte Meggie.
    Aubrey fuhr nicht gleich mit dem Stricken fort. Sie war sich sicher, dass ihr jemand über die Schulter sah. Aber wer?
    Einer nach dem anderen kletterten Mariahs Freunde auf den Stumpf einer alten Eiche, um ein paar Worte zu sprechen. Auch wenn niemand das Wort Magie in den Mund nahm, hing es in der Luft wie Tau, der sich auf die Bäume legt. Aubrey erkannte in den meisten Rednern Menschen wieder, die irgendwann einmal in die Strickerei gekommen waren.
    »Mariah hatte wirklich ein großes Herz«, sagte eine der Frauen. »Sie hat mir geholfen, mich wieder mit meinem Vater zu versöhnen, den ich mehr als zwanzig Jahre lang nicht gesehen hatte. Dafür kann ich ihr gar nicht dankbar genug sein.«
    »Mit Mariahs Hilfe habe ich meine Flugangst überwunden – und konnte meine beste Freundin in Arizona ein letztes Mal vor ihrem Tod besuchen«, erzählte eine andere Frau.
    »Mariah brachte uns bei, anderen Freundlichkeit zu schenken – zuzuhören und großzügig zu sein. Sie hat jede Gelegenheit genutzt, anderen zu helfen. Ich weiß, dass es in dieser Stadt Menschen gibt, die keine netten Dinge über sie sagen, doch das liegt nur daran, dass sie sie nicht so gut kannten wie wir«, meinte eine dritte.
    Aubrey war bewusst gewesen, dass Mariah Unterstützer hatte, von denen ein paar sogar ihre Freunde waren, doch bis zu diesem Tag hatte sie nicht geahnt, wie viele es tatsächlich waren. Der Park war voller Familien und einzelner Männer und Frauen, die alleine oder in Gruppen herumstanden. Und auch wenn sie wusste, dass sie es nicht tun sollte, musste Aubrey an sich selbst denken, an ihren eigenen Platz in der Gemeinschaft. Mariah war laut und kontaktfreudig gewesen, während Aubrey zurückhaltend und voller Hemmungen war. Mariah ragte heraus, während Aubrey sich stets klein machte. Mariah hatte sich mit allem Schneid und Mumm und aller Großmäuligkeit, die eine einzelne Frau aufbringen konnte, gegen die Halperns aufgelehnt, während Aubrey sich zurückzog. Ihr wurde schwer ums Herz. Sie wünschte, sie könnte mehr wie Mariah sein – jedoch ohne dabei zu verlieren, was sie selbst ausmachte.
    »Mariah war unersetzlich«, sagte eine Frau gerade.
    Aubrey sah Jeanette Judge, die sich auf den Fersen

Weitere Kostenlose Bücher