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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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ernährten sie ihre Kinder, bezahlten Ärzte, besserten Zäune aus. Der Mensch als Maschine.
    Als Fabriken die Arbeit der Cottagebewohner immer weniger werden ließen, sollen sich die Techniken des Garnhaltens verändert haben. Die edle Dame strickte nicht für Geld. Sie strickte zum Zeitvertreib. Sie strickte zur Teestunde in sonnendurchfluteten Salons, wo sie Muster mit ihren Freundinnen austauschte. Und sie hielt ihre Wolle in der rechten statt in der linken Hand, wodurch sie ihre Hände zwang, sich für jede Masche in hübschen Kreisen und Schlaufen zu bewegen, was sie von den schwieligen, schmerzenden Händen der Bauersfrauen unterschied, die um ihres Brotes willen schnell und grob stricken mussten.
    Wir Frauen der Strickerei haben stets gelernt, mit beiden Händen zu stricken, denn keine Hand ist besser als die andere; jede hat ihre Vorzüge. Wir können schnell stricken. Und wir können zu unserer Erfüllung stricken. So oder so stricken wir, weil wir es müssen.

Kapitel 14
    Stricke links
    Craig Fullen war ein großer Mann. Im College war er imposant und muskulös gewesen, ein junger Mann wie ein Ochse mit breiten Schultern. Doch nun, da seine Studentenjahre weit zurücklagen, war seine Masse nicht mehr ganz so fest. Er hatte gepflegtes schwarzes Haar und ein attraktives Gesicht mit einer wohlproportionierten Nase. Man behielt ihn in Erinnerung. Nicht etwa, weil er originelle Dinge sagte oder aus der Menge herausstach, sondern weil er gerade genug von allem war: attraktiv genug, witzig genug, arrogant genug und freundlich genug – nur genug und niemals zu viel. Zumindest war das der Eindruck, den die Leute von ihm hatten.
    Nun stand er im Garten der Strickerei, brüllte, dass sich sein gewaltiger Brustkorb hob und senkte, und hielt eine Faust in die Luft gestreckt wie ein umgekehrtes Ausrufezeichen. Bitty hatte vorgeschlagen, er solle hereinkommen, damit sie sich in Ruhe unterhalten konnten. Doch er hatte sich geweigert, denn auf dem rostigen und mit Schlaglöchern übersäten Schrottplatz, der Tappan Square war, gab es keinen Grund, seine guten Manieren an den Tag zu legen. Mit der Inbrunst und dem Bauchansatz eines Tenors donnerte er seine Frau an und verlangte, dass Bitty die Kinder mit gepackten Koffern zu ihm nach draußen schickte.
    »Du hast gar keine andere Wahl!« Er hielt sein Handy in die Luft, das in der Dunkelheit wie ein Scheinwerferleuchtete. »Wenn du die Kinder nicht sofort zu mir rausschickst, rufe ich die Polizei.«
    Bitty blickte von der Veranda aus auf den Mann hinab, den sie geheiratet hatte. »Sei kein Arschloch.«
    »Ich bin das Arschloch? Ich?«
    »Ich sehe keinen anderen Mann mittleren Alters, der in Kälte und Dunkelheit steht und sich die Seele aus dem Leib brüllt – also, ja: du.«
    »Elizabeth«, sagte Craig drohend. »Du solltest dir gut überlegen, was du sagst.«
    »Wieso?«
    »Wenn du auch nur daran denkst, dich von mir scheiden zu lassen, wenn es je dazu kommen sollte, hast du mir gerade einen entscheidenden Vorteil verschafft.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Hast du wirklich gedacht, ich würde zulassen, dass du mir einfach unsere Kinder wegnimmst? Dass ich nicht nach ihnen suchen würde? Was du getan hast, nennt man Kidnapping – darüber besteht kein Zweifel. Du hast unsere Kinder heimlich und ohne meine Erlaubnis fortgebracht. Du hast sie entführt. Und ich bin so kurz davor, die Polizei zu rufen.«
    Bitty drehte sich der Magen um. O Gott. Hatte sie die Kinder etwa tatsächlich entführt? Als sie verschwunden war und Craig nur eine Nachricht hinterlassen hatte, hatte sie ihn vor allem ein bisschen ärgern wollen. Sie war allgemein sauer. Aber – Kidnapping? Konnte man, was sie getan hatte, auf diese Weise missverstehen? Sie begann zu zittern.
    »Ich habe sie nicht entführt.«
    »Verschwende deine Zeit nicht damit, mich davon zu überzeugen«, erwiderte er. »Spar dir das für die Cops.«
    »Das würdest du unseren Kindern nicht antun«, sagte sie.
    »Ach nein?« Er lachte. »Wollen wir wetten?«
    »Ich lasse nicht zu, dass du sie bekommst«, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
    »Ich lasse nicht zu, dass du sie bekommst«, gab Craig zurück. »Nicht jetzt. Und wenn du dich weiter so anstellst, niemals.«
    »Wie bitte?«
    »Du weißt, dass ich diese Müllhalde nicht betreten werde.« Er wies mit vor Abscheu gekräuselter Lippe auf die Strickerei. »Also schön. Du hast es geschafft, sie ein paar Tage vor mir fernzuhalten. Aber wenn du denkst, dass du die

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