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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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    Im Hinterzimmer des Ladens brannte noch Licht, sonst lag das ganze Haus in Dunkelheit. Henry konnte den schwachen Schimmer von der Straße aus sehen. Zögernd schwebte ihr Finger über dem rostigen Klingelknopf. Erinnerungen schwappten in ihr Gedächtnis, von Lachen und Träumen, durchtanzten Nächten und endlosen Debatten. Lange her, lange vorbei und dennoch war sie sicher, hier zu finden, was sie jetzt brauchte.
    Der Klingelton schepperte im Innern des Hauses, aber nichts rührte sich. Sie versuchte es noch zwei weitere Male. Ohne Erfolg. Sie rüttelte am Tor. Verschlossen, aber durchaus zum Überklettern geeignet. Verschlossene Tore hatten sie früher nie an einem Vorhaben gehindert. Weder daran, illegale Friedhofspartys zu feiern, noch an der anschließenden Flucht vor der Polizei. Auch das eine Erinnerung, die sie schmunzeln ließ, obwohl sich ihre Einstellung dazu inzwischen deutlich gewandelt hatte.
    Der Aufprall im Hof verursachte einen dumpfen Schmerz in den Gelenken, es fehlte ihr an Übung. Sie umrundete die Mülltonnen, griff mit einer Hand die Regenrinne, suchte mit dem rechten Fuß Halt auf dem Sockelvorsprung und zog sich so weit nach oben, dass sie gegen das erleuchtete Fenster klopfen konnte. Das alte Klopfzeichen. Innerhalb von Sekunden wurde das Fenster aufgerissen, ein Kopf mit wirren schwarzen Haaren erschien in der Öffnung, und sein Besitzer packte Henrys Handgelenk. »Ich fasse es nicht – der rote Todesengel!«, keuchte eine kratzige Stimme.
    »Hallo Klaus. Kann ich reinkommen?«

* * *

    Das Zusammensein mit Götz brachte Adrian wieder ein wenig zur Ruhe. Der Hund hatte sich zu seinen Füßen zusammengerollt und genoss die gelegentlichen Streicheleinheiten.
    Zwei Tassen Kaffee später erschien Viktor. Er freute sich offensichtlich über seinen Besuch, und Sonja ließ die beiden allein, was Adrian erleichterte. An ihre Existenz musste er sich erst noch gewöhnen.
    »Deine Freundin, Katja, war ziemlich gestresst bei der Beerdigung. Oder ist sie immer so – spröde?«
    »Katja ist nicht so der Familientyp.« Adrian überließ Viktor die Gesprächsführung, weil er nicht wusste, wie er sein Anliegen erklären sollte. Verdächtigungen gegen Henry auszusprechen erschien ihm plötzlich peinlich.
    »Auf mich wirkt sie, als ob sie genau weiß, was sie will. Zielstrebig. Das müsste Elisabeth doch gefallen haben.«
    »Schon. Aber die Sympathie war einseitig.«
    Es war kompliziert und nichts, woran er sich gerne erinnerte. Er vergrub die Hand in Götz’ Fell. Aber Viktor wollte mehr hören, und so berichtete er widerwillig.
    »Elisabeths Welt ist in den letzten Jahren klein geworden. Eine ganz gewöhnliche Demenz hat sie immer stärker eingeschränkt. Aber wenn es drauf ankam, war sie völlig klar. Sie konnte bei jeder Untersuchung glaubhaft machen, dass sie keinen Vormund brauchte. Bis zum Schluss wollte sie die Welt mit Feuer und Schwert unterwerfen – fordernd, verlangend, strafend. Verstehst du, was ich meine? Katja hat sich ihr entgegengestellt, obwohl das völlig sinnlos war. Elisabeth ist geistig immer öfter abgedriftet, in einen imaginären Kreis aus Adligen. Ich habe es nie über den Status eines Lakaien hinaus geschafft.« Er lachte kurz und bitter. »Auch wenn sie mich erkannt hat. Das machte Katja wahnsinnig wütend. Vor allem auf mich. Weil ich mich nicht gewehrt habe. Aber was hätte ich machen sollen, wenn sie mitten in der Nacht anrief. Auflegen? Ich kam mir oft genug wie ein Idiot vor, wenn sie mich wegen irgendwelcher Geräusche aus dem Bett klingelte und mir dann nicht aufmachte, wenn ich vor der Tür stand.«
    »Aber du bist immer wieder hingefahren?«
    »Bin ich. Bescheuert, oder?« Er rückte die Kaffeetasse auf dem Tisch ein Stück nach hinten und schaute Viktor fragend an. Der legte abwägend den Kopf zur Seite, stimmte ihm aber nicht zu.
    »Und weil du das gemacht hast, gab es Krach mit Katja?«
    Adrian zog die Tasse wieder in Richtung Tischkante, drehte sie zwischen den Händen und stöhnte ergeben. »Regelmäßig. Ich konnte mich nie durchsetzen gegen Elisabeth. War schwer genug, sie zu überreden ins Krankenhaus zu gehen. An ein Altersheim war nicht zu denken.«
    »Wollte Katja das?«
    »Ja, und dass ich …«, nach München ziehe, fügte er in Gedanken hinzu. Ihr Ultimatum saß ihm bedrohlich im Nacken.
    »Es läuft nicht wirklich optimal bei euch?«
    Das wollte er nun wirklich nicht mit Viktor besprechen. Auch wenn die Frage mehr als berechtigt war. Konnte es

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