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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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zwischen einem Mann und einer Frau überhaupt auf Dauer optimal laufen? Bei ihm hatte es nie lange funktioniert.
    »Entschuldige, Adrian. Vergessen wir das. Es ist deine Sache.«
    Götz füllte die eintretende Stille mit den leisen Seufzern eines schlafenden Hundes in völliger Entspannung. Adrian beneidete ihn um diese tiefe Zufriedenheit. Ohne Vorwarnung spürte er wieder dieses Kribbeln auf seiner Zunge. Süß-sauer prickelnd, wie …
    »Brausepulver«, entfuhr es ihm. »Du hast mir damals Brausepulver mitgebracht?«
    »Waldmeister«, bestätigte Viktor überrascht. »Dass du dich da ran erinnerst! Aus diesen kleinen Tütchen, mit dem Matrosen drauf. Das mochtest du am liebsten.« Mit beiden Händen rieb er sich über die rauen Wangen, für einen Moment unfähig weiterzusprechen. Dann erzählte er ihm von ihrem letzten Treffen für viele Jahre. Erzwungen auf einem Spielplatz, in einem Augen blick der Unaufmerksamkeit Elisabeths. Er war einfach zu Adrian in den Sandkasten geklettert. Eine Stunde gestohlene Zeit, gestohlenes Glück. Eine Stunde, in der Elisabeth mit versteinertem Gesicht auf der Bank gesessen und ihnen beim Spielen zugesehen hatte. »Du bist mit grünem Schaum vorm Mund durch den Park gerannt.«
    Viktor breitete ein wenig die Arme zur Seite aus, und Adrian hatte sofort das Bild eines brummenden Flugzeugs vor Augen, das im Tiefflug über einer Wiese kreiste. Und als der kleine Junge seine imaginären Loopings drehte, hatte Elisabeth die Gelegenheit genutzt, ihn einzufangen und davonzuzerren.
    »Weißt du, was ich sehr bedauere ist, dass ich nicht mehr herausfinden kann, ob ich überhaupt jemals ein echte Chance bei Elisabeth gehabt habe. Oder ob sie mich von Beginn an für meine heftigen Gefühle verachtet hat – und letztlich gehasst. Aber vielleicht liege ich auch falsch. Henry glaubt, Elisabeth hat mich geliebt. Nur sei ihre Angst zu groß gewesen, um sich wirklich darauf einzulassen.«
    Das war das Stichwort, auf das Adrian gewartet hatte und das das Flugzeug in seinem Innern zur Landung brachte. »Was hältst du von Henry?«
    »Henry ist ein kluges Mädchen.« Viktors Antwort kam ohne das geringste Zögern.
    Adrian legte die Brille beiseite und presste kurz die Augen fest zusammen, dann klopfte er sich mit beiden Händen auf die Wangen, wie um sich wachzuhalten.
    »Sie lügt«, sagte er dann. »Sie lügt mich an, und ich verstehe nicht, warum.« In wenigen Worten fasste er ihre widersprüchlichen Aussagen und die des Pathologen zusammen. »Du warst auch Polizist, Viktor«, schloss er. « Was soll ich glauben, die erste oder die zweite Geschichte, die Henry mir erzählt hat? Was steckt hinter diesen Fotos? Dein unvoreingenommener Blick auf die Dinge könnte mir helfen.«
    Mit zweifelndem Schnauben stieß Viktor die Luft aus und ging mit der leeren Kaffeetasse in die Küche, um für beide etwas anderes zu trinken zu holen. Götz hob ein Ohr, lauschte auf das Klappen der Kühlschranktür und legte enttäuscht den Kopf auf Adrians Fuß, als Viktor ohne etwas Essbares zurückkam.
    »Was ich brauche, sind Fakten, Fakten, Fakten«, sagte Adrian, während Viktor sich wieder setzte. »Bisher habe ich gar nichts. Nur ein ungutes Gefühl.«
    »Du hast viel mehr: Nämlich einen begründeten Anfangsverdacht. Da gibt es nichts zu diskutieren.«
    »Es gibt keine Leiche, keinen Namen, ich habe keine Ahnung, wo die Bilder wirklich herkommen. Trotzdem habe ich Henry ernst genommen, ich wollte ihr helfen …«
    »Du hast dich verhalten wie ein Freund. Aber dann hat sie gesagt, es war ein Scherz. Und nun bist du beleidigt.«
    »Ich fühle mich verarscht!«
    »Mit Recht. Sie hat dich belogen, so oder so. Entweder als sie dir die Fotos gegeben oder als sie die Geschichte zurückgezogen hat.« Viktor öffnete die beiden mitgebrachten Bierflaschen und reichte Adrian eine davon. »Eigentlich halte ich sie für zu intelligent, um sich einen solch blöden Scherz zu erlauben, obwohl es die angenehmere Lösung wäre. Dann müsstest du dir nur überlegen, ob du ihr diese menschliche Schwäche nachsehen kannst oder ob du sie abhakst und vergisst.«
    Adrian wiegte schweigend den Kopf hin und her. Er konnte nichts Einfaches und nichts Angenehmes an dieser Lösung finden. Viktor stieß mit der Flasche gegen seine, die Adrian kurz anhob, ohne anschließend zu trinken.
    »Abgesehen von deiner gekränkten Eitelkeit, kannst du das Thema nicht einfach zu den Akten legen und zur Tagesordnung übergehen. Als Polizist bist du dem

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