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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Sofa.
    »Endlosschleife ist aktiviert, Süße. Du bist im Arsch und darum brauchst du ein bisschen schwarze Nostalgie. Um die Probleme kümmern wir uns später.«
    Death awaits you. Die Musik von 13 Candles füllte ihren Kopf und fuhr ihr in den Magen, zuckte durch jeden Muskel, und sie nickte stumm. Das brauchte sie. Genau das. Sie fühlte sich zum Heulen elend. Klaus langte neben sich.
    »Einen Keks für den roten Engel? Hat Carla gebacken.«
    »Einen Keks?«, fragte sie zurück. »Immer noch die gleichen?«
    »Nostalgiekekse, Harmoniekekse – na klar, was denn sonst!« Er schnippte mit dem Daumen den Deckel von der Dose und hielt sie ihr direkt unter die Nase.
    Traumkekse. Warum eigentlich nicht? Die Probleme würden immer noch da sein, wenn der Traum vorbei war. Was spielte es also für eine Rolle, wenn sie sie ein wenig warten ließ? Klaus brei tete die Arme aus, sie kuschelte sich an seine Brust, schloss die Augen und knabberte sich aus der Realität.

Tag 13 – Samstag
    Mitten in der Nacht rüttelte Henry ihn wach. Klaus grunzte unwillig, aber sie ließ nicht locker.
    Nach dem zweiten Keks hatte sie ihm in groben Zügen erzählt, was sie von ihm brauchte. Sie sei echt krank drauf, meinte er, und murmelte etwas von Nekrophilie, aber natürlich mache er mit, wenn das für sie so wichtig sei. Widerstrebend ließ sie ihn in dem Glauben. Sollte er sie doch für abartig halten. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass es besser war, wenn er die Wahrheit nicht kannte.
    Nach dem dritten Keks versuchten sie es aus alter Gewohnheit mit Sex, gaben das Vorhaben aber schnell wieder auf. Sie waren zu breit, um noch irgendetwas zustande zu bringen. Immerhin hatte sie bei der Gelegenheit alle seine neuen Piercings bewundern können.
    »Wir müssen los, Klaus. Jetzt.«
    Sie schüttelte ihn weiter, bis er sich endlich aufrichtete, reichte ihm seinen Pullover, fand im Regal zwischen der Keksdose und den Heavy-Metal-CDs seine Schuhe und steckte ihm eine Zigarette an. Dreimal sog er den Rauch tief ein und stieß ihn durch die Nasenlöcher wieder aus, dann erst öffnete er die Augen und grins te sie an.
    »Danke, Engel.« Er wischte sich die strähnigen Haare aus dem Gesicht, das im Licht einer Neonröhre grau und aufgedunsen aussah wie ein angetrockneter Klumpen Hefeteig.
    Keine Kekse mehr, beschloss Henry müde und verkatert. Auch wenn die es schafften, selbst aus Klaus einen Prinzen zu machen. Das Erwachen wurde mit jedem Traum schmerzhafter.
    Klaus gähnte laut und stopfte noch ein paar zusätzliche Kabel in die Hosentasche. Henry half ihm den vollgepackten Rucksack aufzusetzen, schlüpfte in ihre Jacke und griff sich den Werkzeugkasten.
    »Sag mal Engel, wieso muss die ganze Aktion eigentlich um drei Uhr früh stattfinden?«
    »Klausi-Mausi, wann hast du zuletzt in den Spiegel geguckt? Wenn du bei Tageslicht vorm Bestattungsinstitut auftauchst, glauben alle, das Jüngste Gericht sei gekommen, inklusive der Auferstehung der Toten.«
    Stolz bleckte er die Zähne und folgte ihr.

* * *

    Westermann hatte Henry nach nur zwei Stunden im eigenen Bett herausgeklingelt. Klingeln lassen. Bolek vor ihrer Wohnungstür ließ keinen Diskussionsspielraum, ob und wann sie Westermann zur Verfügung zu stehen hatte. Ungekämmt und verschlafen folgte sie ihm.
    Mit Unbehagen registrierte Henry, dass sie die Stadt verließen. Südliche Richtung, Autobahn, Kreisel, weiter über die B44. Vor dem Fenster rauschten unbekannte Straßen vorbei. Grau in grau. Regen klatschte gegen die Fensterscheiben und ihr wurde nicht warm, obwohl Bolek die Heizung aufgedreht hatte. Nervös knibbelte sie an ihren kurz geschnittenen Fingernägeln herum.
    Während der Fahrt sprachen sie kein Wort. Die schwarze Li mou sine verursachte kaum Geräusche auf der Fahrbahn, nur das weiße Leder unter ihr knarrte, wenn sie sich bewegte.
    Sie dachte an Klaus und war froh, dass er nach getaner Arbeit nicht bei ihr geschlafen hatte. Es war besser, wenn Westermann nichts von ihm wusste und er nichts von Westermann. Die ganze Geschichte war auch so schon kompliziert genug. Wenigstens Klaus wollte sie aus der Gefahrenzone halten.
    Nach etwa zwanzig Minuten erreichten sie eine Kleinstadt und bogen kurz darauf in eine enge Hofeinfahrt ein. An der Henninger-Leuchtreklame über dem Eingang der Kneipe fehlte eine Ecke.
    »Taverna Knossos«, las Henry.
    Bolek parkte den Wagen rückwärts zwischen leeren Getränkekisten und überquellenden Mülltonnen ein, direkt vor der offenen Tür eines

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