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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Legalitätsprinzip verpflichtet, Adrian. Daran muss ich dich nicht erinnern, oder? Wenn du nichts unternimmst, läufst du Gefahr, dich der Strafvereitelung im Amt schuldig zu machen. Das ist keine Kleinigkeit! Du solltest noch mal mit ihr reden.«
    Was Viktor sagte, behagte Adrian nicht, auch wenn er Recht hatte. Es ging möglicherweise um Mord. Da durfte er sich nicht von Emotionen leiten lassen. Sie waren eine unzuverlässige und gefährliche Sache. Er sollte objektiv an das Problem herangehen.
    »Wenn die Bilder eine Straftat dokumentieren oder deren Auswirkung, wäre es fatal, die Hinweise zu ignorieren. Eure freundschaftliche Beziehung darf bei deiner Entscheidung keine Rolle spielen.«
    Adrian spürte Viktors Blick. Er wusste, dass sein Vater auf seine Zustimmung wartete. Aber sie fiel ihm schwer. Dass Viktor Recht hatte, war offensichtlich und auch, dass er selbst die Frage nie hätte stellen müssen. Denn er wollte die Antwort nicht hören.
    »Du solltest dir gut überlegen, was du tust oder nicht tust, und vor allem: Warum.«
    Gequält stöhnte Adrian auf. »Und wenn ich das einfach nicht weiß?«
    Viktor legte die Hand fest und ermutigend auf seinen Arm. »Dann folge deinem Instinkt.«

* * *

    Henry und Klaus saßen nebeneinander auf einem zerschlissenen Sofa mitten in seiner Werkstatt, die ihm offenbar auch als Wohnzimmer diente.
    »Du hast neue Piercings«, stellte Henry fest.
    Klaus fasste sich an sein linkes Ohr. »Drei hier, ein neues in der Lippe und dann noch zwei.« Er grinste vielsagend und griff sich in den Schritt. »Das Tattoo auf dem Rücken ist jetzt auch fertig. Hat alles in allem fast zwei Jahre gedauert.« Seine Augen blickten melancholisch. »Warst verdammt lange nicht da.«
    Henry nickte. »Ja, ich weiß. Hat sich vieles verändert seitdem, nicht wahr?«
    Klaus strich sich die dünnen Haare aus dem Gesicht, die fransig weit über den Rücken hinabreichten. Dann deutete er auf die mit Elektronik und Computerbauteilen vollgestopften Regale ringsum an den Wänden. »Alte Ideale verraten und verkauft, die Seiten gewechselt, profitgierig geworden«, verkündete er und rollte die Augen.
    »Sagt wer?«
    »Carla und Pit. Wer sonst?«
    Henry musste lachen. »Manches ändert sich eben doch nicht.«
    Klaus schüttelte den Kopf. »Liegt wohl eher daran, dass sie ge scheitert sind mit ihrem Laden. Ihren Esoterikkram wollten nicht genug Leute kaufen, und sie mussten wieder dichtmachen. Jetz t tingeln sie über Mittelaltermärkte mit dem Zeug und wohnen im Campingbus. Na ja, tut wohl weniger weh, wenn man dann behauptet, das ist eine Frage des Prinzips.« Er kratzte sich den Bauch. »Aber sag mal, roter Engel, du bist doch nicht hier, um über alte Freunde zu reden. Also, was führt dich zu mir, nach so langer Zeit?«
    Schlagartig war es vorbei mit der Entspannung. »Hilfst du mir?«, fragte sie leise.
    »Logo. Sag einfach, was du brauchst.« Er erwartete keine Erklärung. »Du steckst in der Kacke, und mit Verlaub, du siehst auch so aus.«
    Sie zog eine Schnute. »Schönen Dank für die Blumen.«
    »Ist halt so.«
    »Was ist das für ein Zeug, was du hier bastelst? Nur noch Computerkram?« Henry versuchte, unaufgeregt zu klingen. Noch war sie nicht sicher, ob ihr Plan sich umsetzen ließ und wie viel sie erzählen wollte, konnte, durfte, um Klaus nicht auch noch in Gefahr zu bringen.
    »Nein, alles mögliche: Computer, Fernseher, Röhrenradios, Kameras; Tontechnik vom Diktiergerät bis zum Mischpult. Und das Geilste von allem: Ich habe ein Vorführgerät aus einem alten Kino gerettet, das plattgemacht worden ist. Das ist allererste Sahne! Funktioniert dank meiner liebevollen Pflege wieder einwandfrei. Wenn du mal ’ne Privatvorstellung willst – no problem. Musst dich nur ums Popcorn kümmern. Habe die Filmrollen zu ’nem Spottpreis dazu gekriegt!«
    Klaus stand auf und machte sich an seiner Stereoanlage zu schaffen. »Uraltschinken, aber auch ein bisschen was Aktuelleres –okay, 80er und 90er, dann hört’s auf. Hab überlegt, ob ich mir damit ein zweites Standbein aufbaue – Open-Air oder so.«
    Vier mächtige Boxen in den Zimmerecken dröhnten zeitgleich los. The Cure. »Oh, warte, ist das falsche Lied. Deinen Lieblingssong habe ich auch. Deine Hymne, dein Lebensmotto!«
    Er kramte in einem Stapel CDs herum und zog schließlich triumphierend das gewünschte Objekt hervor. Dann wechselte er den Tonträger, drehte die Lautstärke noch etwas höher und warf sich wieder neben sie auf das

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