Die Würfel Gottes
Wohnzimmersofa des Landarztes ausgestreckt lag, aber nach ein paar Sekunden drehte er sich auf die andere Seite und schlief weiter.
Simon hätte liebend gern auch ein bisschen geschlafen. In den letzten sechsunddreißig Stunden war er herzlich wenig
zur Ruhe gekommen, und die Bluttransfusion hatte ihn mehr geschwächt, als er erwartet hatte. Aber sein Klient, der mysteriöse Henry Cobb, war mit seinem täglichen Anruf um neun Uhr dreißig fällig, um sich über die Fortschritte seines Auftrags unterrichten zu lassen, und Simon fühlte sich verpflichtet, ihm einige günstige Neuigkeiten mitzuteilen. Daher trat er mit einem lustlosen Grunzen ins Esszimmer und näherte sich dem blutverkrusteten Tisch, auf dem Professor Gupta lag.
Die vom Kronleuchter hängende Infusion steckte noch in Guptas Arm, aber der Infusionsbeutel war leer. Der kleine Professor schlief unruhig auf dem Rücken, das verwundete Bein auf einem Sofakissen hochgelegt. Die Wirkung der Schmerzmittel, die Dr. Jenkins ihm gegeben hatte, war inzwischen mit Sicherheit weitgehend verflogen, sodass Gupta Qualen leiden würde, sobald er das Bewusstsein wiedererlangte. Und das war genau das, was Simon wollte.
Er leitete diesen Vorgang ein, indem er auf das genähte Loch in Guptas Oberschenkel schlug. Der Körper des Professors verfiel in konvulsivische Zuckungen: Mit seinem Hinterkopf knallte er gegen die Tischplatte aus Mahagoni, und mit seinem nicht verletzten Bein stieß er das Sofakissen auf den Boden. Er gab ein langes, abgehacktes Stöhnen von sich, und seine Augenlider flatterten.
Simon beugte sich über den Tisch. »Aufwachen, Professor. Gleich fängt das Seminar an.« Dann schlug er noch einmal auf die Oberschenkelwunde Guptas, und zwar so fest, dass die Wunde, die Dr. Jenkins so sorgfältig genäht hatte, wieder zu nässen begann.
Diesmal öffnete Gupta die Augen und stieß einen hohen Schrei aus. Er versuchte sich aufzurichten, aber Simon drückte seine Schultern auf den Tisch zurück. »Sie haben Glück gehabt, wissen Sie das? Fast hätten Sie es nicht geschafft.«
Gupta schaute zu ihm hoch und blinzelte. Der alte Mann
war offensichtlich ein bisschen verwirrt. Simon kniff ihn aufmunternd in die Schultern. »Es ist alles okay, Professor. Sie werden wieder gesund. Sie müssen mir nur eine Frage beantworten. Nur eine kleine Frage, dann sind wir fertig.«
Der Professor öffnete den Mund und schloss ihn wieder, aber es kamen keine Worte heraus. Er brauchte mehrere Sekunden, um seine Stimme zu finden. »Was ist los? Wer sind Sie?«
»Das ist im Moment nicht wichtig. Es ist wichtig, dass wir Ihre Freunde finden. David Swift und Monique Reynolds, erinnern Sie sich? Sie waren gestern Nacht mit ihnen in der Hütte. Und dann haben die beiden Sie blutend auf dem Boden liegen lassen. Das war nicht sehr rücksichtsvoll von ihnen, oder?«
Gupta legte die Stirn in Falten. Das war ein gutes Zeichen – sein Gedächtnis kehrte zurück. Simon verstärkte seinen Griff auf die Schultern des alten Mannes. »Ja, Sie erinnern sich. Und ich glaube, Sie erinnern sich auch daran, wo sie hinfahren wollten. Sie wären mit ihnen gefahren, wenn Sie nicht angeschossen worden wären, stimmt’s?«
Nach ein paar Sekunden wurden die Augen des alten Mannes schmal, und er zog die Augenbrauen zusammen. Das war kein so gutes Zeichen. Jetzt, wo seine Erinnerung zurückkehrte, wurde Gupta trotzig. »Wer sind Sie?«, wiederholte er.
»Ich sagte Ihnen doch, das ist nicht wichtig. Ich muss wissen, wo Swift und Reynolds hinwollten. Sagen Sie es mir jetzt, oder die Situation nimmt eine unangenehme Wendung für Sie, Professor.«
Guptas Augen flogen nach links, und zum ersten Mal nahm er seine Umgebung richtig wahr: den Mahagonitisch, den Kronleuchter, die rot-gelbe Tapete im Esszimmer der Jenkins. Er holte mühsam Luft. »Sie sind nicht vom FBI«, flüsterte er.
Simon ließ eine Hand auf Guptas Schulter liegen und bewegte die andere zu seinem verletzten Oberschenkel. »Nein, ich habe erfreulicherweise mehr Spielraum. Die Amerikaner haben natürlich auch ein paar Tricks – die Wasserkur, der Schlafentzug, die Deutschen Schäferhunde. Aber ich verschwende keine Zeit mit halbherzigen Maßnahmen.« Als seine Hand an der Schusswunde ankam, ergriff er den Mullverband und riss ihn ab.
Gupta bog den Rücken durch und stieß noch einen Schrei aus. Aber als Simon das Gesicht des Mannes musterte, sah er nicht den erstarrten Schreckensblick, der normalerweise die wilden Zuckungen begleitete.
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