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Die Würfel Gottes

Titel: Die Würfel Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Alpert
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zu verfolgen. Als Simon sein Fenster herunterließ, konnte er die Schreie des Jungen ziemlich klar hören.
     
    David konnte Michael nicht dazu bringen, mit dem Schreien aufzuhören. Er hatte damit angefangen, als die FBI-Agenten
das Feuer eröffneten, und er hatte in gewissen Abständen auch weiterhin lange, gequälte Schreie ausgestoßen, während sie beide durch den Wald rannten. Nach jedem schrillen Schrei holte der Junge hektisch Luft und brach auf einer Bahn durch das Unterholz, die so gerade war wie die einer Gewehrkugel. David hatte große Mühe, Boden wiedergutzumachen, und jeder Atemzug tat ihm weh. Nach ein paar Minuten verstummte der Lärm der Schusswaffen, und Michael wurde etwas langsamer, aber die Schreie kamen weiterhin aus der Kehle des Teenagers, jeder genauso lang und laut wie der davor.
    Nach der Position der Sonne zu urteilen, vermutete David, dass sie sich in nordwestlicher Richtung bewegten. Er hatte Monique aus den Augen verloren, aber er hielt weiter nach ihr Ausschau. Er machte sich Sorgen, dass die FBI-Leute keine Schwierigkeiten hätten, sie anhand von Michaels Schreien zu finden, denn obwohl die Agenten offenbar am Waldrand stehen geblieben waren, würden sie früher oder später die Verfolgung fortsetzen. In einem verzweifelten Zwischenspurt schloss David zu dem Jungen auf und ergriff seinen Ellbogen.
    »Michael«, keuchte er. »Du musst … mit dem … Schreien … aufhören. Jeder … kann dich … hören.«
    Der Teenager schüttelte Michaels Hand ab und stieß einen weiteren Schrei aus. David legte ihm die Hand auf den Mund, aber der Junge drückte ihn weg und rannte über einen Höhenkamm. Er lief in eine enge Schlucht mit steilen Felshängen auf beiden Seiten und einem klaren Bächlein in der Mitte. An den Felshängen hallten Michaels Schreie wider, wodurch sie noch lauter wurden. Obwohl David an der Grenze seines Durchhaltevermögens angelangt war, warf er sich den Abhang hinunter und packte Michael von hinten. Er bedeckte den Mund des Jungen, versuchte ihn am Schreien zu hindern, aber Michael rammte ihm einen Ellbogen in
die Rippen. David stolperte nach hinten und landete in dem Schlamm am Rand des Bachs. Herr im Himmel, dachte er, was zum Teufel soll ich nur machen? Und während er noch verzweifelt den Kopf schüttelte, schaute er bachabwärts und erblickte einen Mann im grauen Anzug.
    David erstarrte. Das war keiner der Agenten aus dem Einsatzteam. Obwohl der Mann rund hundert Meter weiter südlich stand, erkannte David ihn sofort, weil sein Gesicht immer noch große, dunkle Blutergüsse aufwies. Es war der abtrünnige Agent, der Mann, der sie vor zwei Tagen in West Virginia zu entführen versucht hatte. Nur trug er jetzt eine Uzi anstelle einer Glock.
    David schnappte sich Michaels Hand und begann in die entgegengesetzte Richtung zu rennen. Zunächst leistete Michael Widerstand, aber als sie einen Feuerstoß aus der Maschinenpistole hörten, übernahm der Teenager die Führung. Sie kämpften sich durch ein Dickicht, das ihnen ein bisschen Deckung gab, aber nach einer Weile merkte David, dass er einen Fehler gemacht hatte. Während sie nach Norden liefen, wurden die Felshänge auf beiden Seiten höher, und bald schon entpuppte sich die Schlucht als Sackgasse. Sie standen in einer Senke, in einem geschlossenen Canyon, der auf drei Seiten von Felswänden umstellt war; unmittelbar vor ihnen war eine dritte Klippe aufgetaucht, zu steil, um an ihr hochzuklettern.
    In heller Aufregung untersuchte David die Felswand. Direkt über sich entdeckte er eine waagerechte Spalte, die wie ein riesiger Mund aussah. Die Öffnung hatte etwa die Größe der Windschutzscheibe eines Autos, aber der Riss war dunkel und schien tief in die Klippe hineinzugehen. Eine Kalksteinhöhle, dachte er. Graddick hatte gesagt, davon gäbe es viele in der Umgebung. David kletterte so schnell er konnte zu dem Spalt und zog Michael hoch. Während der Junge nach hinten in den tiefsten Teil des Felsspalte kroch, blieb David
vorn auf dem Bauch liegen und schaute aus der Öffnung. Er griff in die Gesäßtasche seiner Hose und nahm seine Pistole heraus, die er dem Agenten abgenommen hatte, der jetzt Jagd auf sie machte.
    Michael schrie immer noch, und obwohl die Höhle das Geräusch dämpfte, drang einiges davon nach draußen. Nach ungefähr einer Minute sah David den Agenten näher kommen. Offenbar versuchte er herauszufinden, woher die Schreie kamen. Er war etwa zwanzig Fuß tiefer, sodass er noch nicht in den Felsspalt

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