Die Würfel Gottes
Scupper in der Nähe, wo die kleine Schar angehender Physiker Margaritas bestellte und die relativen Verdienste der chiralen und nicht chiralen Stringtheorie diskutierte. Nach ein paar Drinks gestand David Monique, dass er manche Partien ihrer Präsentation nicht verstanden hatte, und sie freute sich, seine Verständnislücken füllen zu können und erklärte geduldig jedes mathematische Verfahren. Nach ein paar weiteren Drinks fragte er sie, woher ihr Interesse an Physik stammte, und sie erzählte ihm, es läge alles an ihrem Vater, einem Mann, der nie über die neunte Klasse hinausgekommen sei, aber immer wieder interessante Theorien über die Welt aufstellte. Um Mitternacht waren David und Monique die letzten Gäste im Restaurant, und um ein Uhr befummelten sie sich gegenseitig auf der Couch in Moniques winziger Wohnung.
Für David war diese Reihenfolge von Ereignissen ziemlich typisch. Er befand sich mitten in der sechsmonatigen Sauftour, die das zweite Jahr seines Doktorandenstudiums überschattete, und wenn er mit einer Frau trank, versuchte er normalerweise, mit ihr ins Bett zu gehen. Und obwohl Monique intelligenter und schöner als die meisten Frauen
war, mit denen er geschlafen hatte, war sie auf andere Weise typisch – sie war impulsiv, einsam und schien aus irgendeinem Grund traurig zu sein. Daher bewegte sich alles in den üblichen Bahnen, aber als Monique von der Couch aufstand und den Reißverschluss ihres Kente-Kleids aufzog und es zu einem farbenfrohen Haufen um ihre Knöchel fallen ließ, lief irgendetwas schief. Sobald David ihren nackten Körper sah, begann er zu weinen. Das kam so plötzlich und war so unerklärlich, dass David zuerst dachte, es geschähe Monique, nicht ihm. Er dachte: Warum weint sie bloß? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Aber nein, sie weinte nicht. Die Schluchzer kamen aus seiner Kehle, und die Tränen liefen seine Wangen hinunter. Er stand schnell auf und wandte sich beschämt von ihr ab. Herrgott noch mal, dachte er, was zum Teufel ist mit mir los?
Nach ein paar Sekunden spürte er Moniques Hand auf seiner Schulter. »David?«, flüsterte sie. »Alles in Ordnung?«
Er schüttelte den Kopf und versuchte verzweifelt, sein Gesicht zu verbergen. »Tut mir leid«, murmelte er und trat von ihr zurück. »Ich gehe jetzt besser.«
Aber Monique ließ ihn nicht los. Sie schlang die Arme um seine Taille und zog ihn näher zu sich. »Was ist los, Baby? Du kannst es mir sagen.«
Ihre Haut war weich und kühl. Er spürte, wie etwas in ihm nachgab, und auf einmal wusste er, warum er weinte. Mit Monique Reynolds verglichen war er wertlos. In der Woche zuvor war er durch seine Prüfungen gerasselt, was bedeutete, dass das Physikalische Institut an der Columbia ihn bald auffordern würde, sein Doktorandenstudium abzubrechen. Die Trinkerei hatte mit Sicherheit zu seinem Versagen beigetragen – es ist einigermaßen unmöglich, die Quantentheorie zu verstehen, wenn man einen chronischen Kater hat -, aber er bezweifelte, dass das Ergebnis anders gelautet hätte, wenn er das ganze Semester stocknüchtern gewesen wäre.
Schlimmer noch war, dass sein Vater ihm diese Entwicklung vorhergesagt hatte. Als er den alten Mann zwei Jahre zuvor in dem schmuddeligen Hotelzimmer besucht hatte, in dem John Swift seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis wohnte, hatte der gelacht, als David ihm von seinen Plänen erzählte, Physiker zu werden. »Du wirst nie Wissenschaftler werden«, hatte sein Vater ihn gewarnt. »Du wirst einfach Scheiße bauen.«
Aber davon konnte er Monique nichts erzählen. Stattdessen löste er ihre Hände von seiner Taille. »Tut mir leid«, sagte er wieder. »Aber ich muss gehen.«
Er hörte nicht auf zu weinen, während er Moniques Wohnung verließ und über das dunkle Universitätsgelände Princetons ging. Du Idiot, murmelte er, du blöder Idiot. Es liegt an dem Alk, dem ganzen verdammten Alk. Du kannst nicht mehr richtig denken. Er blieb vor einem der Studentenwohnheime der Uni stehen und lehnte sich eine Minute gegen das neugotische Gebäude, um einen klaren Kopf zu bekommen. Du musst mit dem Trinken aufhören, sagte er sich. Du hast deinen letzten Alkohol getrunken.
Aber als er am nächsten Tag nach New York zurückkam, ging er als Erstes zur West End Tavern am Broadway und bestellte einen Jack Daniel’s. Er war noch nicht ganz unten angekommen. Erst zwei Monate später, nachdem man ihn offiziell vom Physikstudium an der Columbia ausgeschlossen hatte, hatte er ein
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