Die Wundärztin
seinen winzigen Schweineaugen an. Sie war so überrumpelt, dass sie ihm nichts entgegensetzte, als er sie hinterrücks flach auf den Boden warf und sich auf sie stürzte.
Der Aufprall auf dem harten Boden schmerzte. Einen Moment lang wurde ihr schwarz vor Augen, und sie rang nach Atem. Als er sein Knie zwischen ihre Beine schob und sie etwas Hartes, Zuckendes, Warmes zwischen den Schenkeln spürte, erwachte sie aus der Starre. Mit nicht gekannter Kraft bäumte sie sich auf und stieß seinen massigen Leib nach hinten weg. Zunächst wusste er offenbar nicht, wie ihm geschah. Wie ein Käfer ruderte er hilflos mit Armen und Beinen. Die Sonne blendete ihn, so dass er nicht sah, was sie tat. Suchend tastete sie mit der linken Hand über den Boden, bis sie etwas Festes, Kaltes zu greifen bekam, holte aus und schlug es schwungvoll gegen seinen Kopf. Der Aufprall war hart genug, ihn nach hinten taumeln zu lassen. Die scharfe Kante des Steins riss ihm die Schläfe auf. Verwundert über das Blut, das ihm über die Wangen rann, hob er die Hand und tastete am Schädel entlang. Sie nutzte den Moment, sich ganz von ihm zu befreien, und baute sich, den Stein weiterhin in der Hand haltend, drohend vor ihm auf.
»Wo stecken Elsbeth und Eric? Wohin haben die zwei mein Kind verschleppt? Redet endlich, oder ich schlage noch einmal zu!«
Schwerfällig setzte er sich auf und stierte sie an, als begreife er nicht, was sie von ihm wollte. Seine Kiefer mahlten gegeneinander. Gebannt starrte sie ihn an. Zum Reden kam er allerdings nicht mehr. Jäh sauste von hinten ein Knüppel auf seinen Kopf, und er kippte zur Seite. Dabei fiel er unglücklich nah an die Kante des Felsvorsprungs. Die sanfte Neigung des Bodens reichte aus, den schweren Körper nach unten rollen zu lassen, und er kippte besinnungslos zur Seite.
Ein Rascheln im nahen Weißdornzweig ließ Magdalena zusammenzucken. Um den feisten Strecker tat es ihr nicht leid. Viel eher fürchtete sie den, der sie gerettet hatte und dafür seinerseits eine Belohnung von ihr einfordern würde.
»Den hat es erwischt.«
Erleichtert erkannte sie Rupprechts Stimme, und schon trat er aus dem Dickicht und zupfte sich Dornen und Blätter aus Hemd und Haaren. Die anfängliche Freude über sein Auftauchen wich erneut aufflammendem Zorn. »Warum traust du dich jetzt erst da raus? Hast du etwa die ganze Zeit zugeschaut, was er mit mir anstellen wollte? Und wenn du schon so gerne zuguckst, dann hättest du wenigstens noch warten können, bis er mir verrät, wohin Elsbeth mit Carlotta und Eric verschwunden ist.«
Schon wollte sie sich auf ihn stürzen und auf ihn einschlagen, da hielt er sie mit ausgestreckten Armen auf. Sie trat zwei Schritte zurück, verfing sich in der dornigen Hecke und befreite sich fluchend. Er sah ihr offen ins Gesicht, als wäre nichts geschehen.
Ein Stöhnen von jenseits des Felsvorsprungs durchbrach die Stille. Mühsam schob sich Streckers Hand über den Stein, versuchte verzweifelt, die Kante besser zu umklammern. Die rutschige Erde ließ sie mehrfach abgleiten, bis sie endlich Halt fand. Strecker hatte sich wohl an einem Vorsprung festklammern können und wollte sich nun nach oben retten. Noch bevor sie das begriffen hatte, stand Rupprecht bereits mit dem Knüppel in der Hand über ihm und hieb abermals auf ihn ein. »Hör auf!«, schrie sie und warf sich ihm in die Arme. »Bist du wahnsinnig? Es reicht!«
Es war zu spät. Er schubste sie beiseite und trat ungerührt auf Streckers Finger. Mehrmals ließ er den Stock nach unten sausen. Zwei-, dreimal stöhnte Strecker auf, dann lösten sich die Finger von der Kante, und er rutschte ab. Abermals trat Rupprecht mit den Füßen nach. »Den sind wir los«, stellte er zufrieden fest und wandte sich ihr lächelnd zu.
»Du Wahnsinniger!« Abermals wollte sie auf ihn einschlagen. Ein weiteres Mal jedoch erwies er sich als schneller und hielt sie an den Handgelenken fest, bis sie wieder zu sich kam und ruhiger atmete. »Eine Heldentat war das nicht«, sagte sie und befreite sich aus seinem Griff. »Deinetwegen werde ich nie erfahren, wohin mein Kind verschwunden ist.«
»Das hätte er dir sowieso nicht verraten, darauf kannst du Gift nehmen. An der Nase wollte er dich herumführen, dich nur dazu bringen, dass du die Beine für ihn breit machst und er seinen Spaß hat. Komm, wir müssen rasch hinunter zu Meister Johann. Wäre schlecht für uns alle, wenn wir nicht rechtzeitig beim Abmarsch bereitstünden.«
Er schickte sich an,
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