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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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tun? Ein so wertvolles Geschenk an eine wie dich, das glaube ich einfach nicht. Entweder, du nennst mir den Namen, oder du gibst zu, dass du ihn gestohlen hast! Also los: Wer hat ihn dir geschenkt?«
    »Eric«, murmelte sie und fügte nach einem fragenden Blick auf Ambrosius hinzu: »Eric Grohnert.« Kaum hatte sie den Namen ausgesprochen, wurde ihr flau im Bauch. Trotz der eisigen Temperatur begannen Wangen und Ohren zu glühen, das Schlucken fiel ihr schwer. Nie hatte sie Eric in Gegenwart des Schweden erwähnen wollen. Auch wenn Ambrosius ihr verraten hatte, dass Eric und der Hauptmann Beziehungen zueinander unterhielten, fürchtete sie, sich dadurch mehr zu schaden als zu nutzen. Aufmerksam verharrte ihr Blick auf dem Gesicht des Hauptmanns, verfolgte jede Regung. Auch Ambrosius schien angespannt zu warten, was als Nächstes geschah.
    Der Schwede schwieg. Warum nur hatte sie den Namen erwähnt? Von Eric hatte sie nichts Gutes mehr zu erwarten. Allein Carlotta wollte sie mit seiner Hilfe zurückhaben, mit allem anderen hatte sie abgeschlossen. Wie gern hätte sie jetzt an den Bernstein gefasst, sich seines Schutzes versichert. Unerreichbar lag er in der Hosentasche des Hauptmanns.
    Die Stille in der Halle wurde unerträglich. Draußen prasselte der Regen inzwischen hart auf das Pflaster. Durch den halboffenen Kreuzgang pfiff der Wind. Schüchtern lichtete sich die Nacht.
    »Holt Rupprecht«, befahl der Hauptmann seinen Wachen. »Bringt ihn her, damit er das bestätigen kann.«
    Magdalena atmete auf. Auch Ambrosius wirkte erleichtert. Wenige Augenblicke später stand Rupprecht vor ihnen, die Arme auf dem Rücken gefesselt, zwischen den beiden Soldaten wirkte er klein und hilflos. Auf ein Zeichen des Hauptmanns nahm ihm einer der Wachen die Fesseln ab.
    »Was ist?«, fragte Rupprecht. Magdalena musterte ihn. Seine dunklen Augen funkelten unter dem schwarzen, dichten Haarschopf. Angst schien er keine zu haben. Aber würde er ihr helfen? Immerhin hatte er ihr vorhin die schlimmsten Vorwürfe gemacht, weil er ihretwegen die Gunst des Schweden verloren zu haben meinte. Nun musste es für ihn so aussehen, als habe sie den Hauptmann gegen ihn aufgehetzt. Warum sonst ließ der Rupprecht so rüde aus dem Verlies holen, nachdem er Magdalena stundenlang in die Mangel genommen hatte? Dabei hatte Rupprecht nach eigener Ansicht alles darangesetzt, sie in den Augen des Hauptmanns gut dastehen zu lassen, sie, die hoffnungslos versoffene, zu nichts zu gebrauchende Wundärztin!
    In der Tat würdigte Rupprecht sie keines Blickes. Wider Erwarten schien er dem Hauptmann gegenüber allerdings sogleich seine alte Sicherheit zurückzugewinnen. Als wäre nichts geschehen, sah er ihn offen und furchtlos an. Vielleicht hat er auch schon mit allem abgeschlossen, dachte Magdalena. Vielleicht hat er die Hoffnung auf Rettung begraben und will dem Unvermeidlichen wenigstens aufrecht ins Auge sehen.
    »Kennst du diesen Stein?« Leicht zitternd hielt der Hauptmann ihm den Bernstein vor Augen. Die Miene des Schweden blieb finster. So vertraut, wie Rupprecht sie hatte glauben machen wollen, schienen sie nicht miteinander. Ungewöhnlich war jedoch, dass der Offizier zitterte, während der Gefangene unerschrocken vor ihm stand.
    Direkt mit dem Bernstein konfrontiert, wich Rupprecht zunächst zurück, sah von einem zum anderen und ließ den Blick schließlich doch auf ihr ruhen. Einen Augenblick setzte ihr Herzschlag aus. Kaum merklich zwinkerte er ihr zu. Erleichtert atmete sie aus. Seine Miene hellte sich auf. »Aber natürlich!« Fröhlich lächelte er den Schweden an. »Den hat Magdalena von Eric. Das ist ihr Talisman. Seit Jahren trägt sie ihn bei sich.«
    Sein Tonfall bewies, dass er genau wusste, warum er den Namen ins Spiel brachte. Er streckte die Hand aus, um das Schmuckstück an sich zu nehmen. Gerade noch konnte der Hauptmann das verhindern. Wieder schnappte er sich den Stein, betrachtete ihn nachdenklich und ließ ihn schließlich an der Schnur hin und her schwingen wie das Pendel einer Uhr. »Mit Eric meinst du doch nicht etwa Eric Grohnert?« Eine Spur zu schnell sprach er den Namen aus. Ehrfurchtsvoll klang er in seinem Mund.
    Rupprecht schien sein Ziel erreicht zu haben. Der Ärger des Hauptmanns verflog, milder gestimmt rollte er den Bernstein in der Hand. Magdalena atmete auf. Ambrosius gab ihr ein unauffälliges Zeichen, dass sich alles zum Guten wenden würde. Auch er hatte begriffen, was sich zwischen dem Hauptmann und Rupprecht

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