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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Bewegung erstarrtes Insekt und baumelten jeweils an einer ähnlich gezwirbelten, dunkelbraunen, von den Jahren spröde gewordenen Lederschnur.
    »Es überrascht mich zu hören, dass Eric Grohnert nach dem Brand von Magdeburg ausgerechnet im Tross der Kaiserlichen Unterschlupf gefunden hat. Und dann auch noch für so lange Zeit.« Gedankenverloren betrachtete der Hauptmann die beiden Bernsteine, als sehe er sie just in diesem Augenblick zum ersten Mal. Wie aus weiter Ferne klang seine Stimme, als er weitererzählte: »Den Stein hat mir meine Mutter geschenkt, als ich ein kleiner Junge war. Genau wie Eric Grohnert seinen Stein von seiner Mutter bekam. Er ist mein Vetter, der Sohn der Schwester meiner Mutter. Die beiden waren Zwillinge, selbst nach ihrer Heirat unzertrennlich. Die Steine hatten sie wiederum von ihrer Mutter. Auf ihrem Weg in die Welt sollten die Steine die Schwestern immer beschützen. Mein Vetter und ich sind am selben Tag zur selben Stunde in derselben Stadt geboren, also ebenfalls fast wie Zwillinge. Auch wir waren unzertrennlich, wie echte Brüder, bis Eric eines Tages mit seinen Eltern unsere Heimatstadt Königsberg verlassen musste. Warum, das hat keiner der Erwachsenen uns je so recht erklärt, irgendeine unangenehme Geschichte mit einem anderen Kaufmann.«
    Magdalena zuckte zusammen, was jedoch niemand zu bemerken schien. Mit ruhiger Stimme fuhr der Hauptmann fort: »In Magdeburg hat mein Onkel ein neues Geschäft aufgebaut. Oft haben wir sie dort besucht. Dann aber wurde die Stadt zerstört. In der Asche der niedergebrannten Stadt verlor sich die Spur meines Vetters und seiner Eltern. Zu jener Zeit zwar noch ein halbes Kind, beschloss ich schon damals, aufseiten der Schweden gegen die Kaiserlichen in den Krieg zu ziehen und diesen Tod zu rächen. Und, wie man sieht, bin ich nicht nur tatsächlich Soldat geworden, sondern habe vor zwei Jahren sogar die Spur meines totgeglaubten Vetters wiedergefunden. Bis er im Juni dieses Jahres abermals verschwunden ist.« Kurz hielt er inne, bevor er Magdalena anblaffte: »Und jetzt trägst du diesen Bernstein! Eindeutig ist es Erics Stein. Aus tausend anderen würde ich den herausfinden. Was glaubst du, ist mir da durch den Kopf gegangen?«
    13
    Schon war Elsbeth an diesem Morgen das Ruckeln des Karrens leid, obwohl seit dem Aufbruch aus dem Wirtshaus noch nicht viel Zeit vergangen war. Sie fuhren am Saum eines dichten Laubwalds entlang. Gut zwei Meilen erstreckte der sich bereits rechter Hand von ihnen. Links von ihnen fiel der Hang nach kaum einer Armlänge sacht zu einem kleinen Bachlauf ab. Gerade hellte sich der von schweren, dunkelgrauen Wolken verschleierte Himmel auf. Hie und da blitzten die ersten Sonnenstrahlen hindurch. Weiter im Süden zeigten sich Ahnungen eines dem August angemessenen sommerlichen Blaus am Horizont. Der tagelange Dauerregen schickte sich an, in ein leichteres Nieseln überzugehen.
    Zum ersten Mal seit ihrer Abreise aus Würzburg vor zwei Tagen hoben Erics Reisegefährten die Köpfe und strafften die Schultern unter den wollenen Umhängen. Die kleine Gruppe bestand aus Eric und einem zweiten Kaufmann, die zu Fuß gingen, sowie einem Fuhrmann auf dem Wagen und zwei Kaufleuten hoch zu Ross. Die Männer trugen Pistolen und Messer deutlich sichtbar am Gürtel, die Reiter sogar jeweils noch eine Muskete mit einem Gurt quer über den Rücken. Zuversichtlich, dass sie so gegen feindliche Angriffe gewappnet waren, richteten alle fünf die Blicke auf den vor ihnen liegenden Weg. Selbst der Ochse, der geduldig in dem schweren Geschirr trabte, schien an diesem Morgen den massigen Schädel eine Idee höher zu tragen als gestern noch. Alles sprach dafür, dass sich die Lage besserte. Sogar der durchdringende Geruch nach feuchter Wolle und Filz schien sich dank des sanften, warmen Windes allmählich zu verflüchtigen. Die Decke, in die Elsbeth sich und Carlotta gehüllt hatte, war nur mehr klamm und nicht bereits schwer vor Nässe wie die Tage zuvor.
    Bitter stieg Elsbeth die Galle in die Kehle. Plötzlich verspürte sie einen heftigen Ruck. Die Räder des Karrens waren in einer tiefen Furche stecken geblieben, und der Ochse mühte sich vergeblich, ihn herauszuziehen. Es hatte nur abermaliges Rucken und eine gefährliche Schieflage des Wagens zur Folge. Resolut drückte Elsbeth dem verdutzten Fuhrmann die kleine Carlotta auf den Schoß. Noch ehe er aufmucken konnte, glitt sie über die Deichsel zu Boden und schleppte sich zum Wegesrand, bevor

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