Die Wundärztin
entlanggeschlittert bist. Von dem Moment an, in dem uns die Schweden nach der Schlacht gefunden haben, hat Englund mit dem Gedanken gespielt, dich aufzuhängen. Rote Haare, grüne Katzenaugen, wie vom Teufel eingeritzt in dein spitzes Gesicht. Schon bei eurer ersten Begegnung ahnte er wohl, dass du ihm gefährlich werden kannst. Er spürte, dass du ihm bei seinem geliebten Vetter Eric im Weg stehst, ohne dass er es damals schon hätte benennen können. Vom ersten Augenblick an hat er dich gehasst.«
Er schöpfte Luft und wandte den Blick durch die lichter werdenden Äste der Linde zum Himmel. Eine Amsel landete im Baum und hüpfte Ast für Ast herunter. Unter ihrem geringen Gewicht stöhnten die dürren Zweige bereits. Dicke Regentropfen fielen herab. Aus tiefster Kehle entließ die Amsel einen rollenden Ruf. Die Pause hätte Magdalena nutzen können, Rupprecht zu widersprechen. Doch sie fühlte sich wie gelähmt, starrte auf die Amsel und mochte nicht begreifen, was er da gerade gesagt hatte.
»Längst wollte Englund dich im Kloster seinen Männern überlassen«, setzte er seine Tirade fort. »Ich aber habe gesehen, wie sie dich angeschaut, mit den Augen verschlungen und dabei ihre Säcke gekratzt haben. Denen war es gleich, in welchem Zustand du warst. Hauptsache, eine Frau, der man sein Glied bis zum Anschlag reinrammen kann. Glaub mir, das hättest du keinen Tag allein überlebt. Davon aber hast du nichts mitbekommen. Hast tagelang nur den Branntwein in dich hineingeschüttet und nichts von der schwelenden Gefahr bemerkt. Irgendwie hat Englund es mir doch abgenommen, dass ich dich als Helferin brauche. Eine Weile wenigstens hast du dich auch zusammengerissen. Doch dann hast du zu allem Überfluss Jossip den Arm abgesäbelt. Ausgerechnet Englunds kroatischem Augenstern. Jeder im Kloster wusste, dass der mehr für ihn war als nur der Bursche. Obendrein hatte ich ihn zuvor richtig behandelt, ihm die kantige Kugel im Schweiße meines Angesichts aus dem verdammten kroatischen Arm gezogen. Weiß der Teufel, was du angestellt hast, dass sich doch noch Wundbrand gebildet hat.«
Er rang nach Luft.
»Das ist nicht dein Ernst!«, entfuhr es ihr. Als sie aber sah, wie die Empörung, die ihn bei seinen Worten erfasst hatte, zum überstürzten Atmen zwang, schwieg sie wieder. Seine Brust hob und senkte sich wie im Fieber. Es blieb ihr nichts anderes zu tun, als ihn anzustarren und weiter zuzuhören. Es musste aus ihm heraus. Vielleicht war er danach bereit, die Wahrheit zu ertragen.
»Stell dir vor, was passiert wäre, hätte ich Englund im Kloster nicht davon überzeugt, dass du den Bernstein von Eric als Geschenk bekommen hast. Gleich war mir klar, was ihm das bedeutet. Eric scheint sein Ein und Alles zu sein, wahrscheinlich der letzte Überlebende seiner Familie. Den Bernstein trägt er als Zeichen Gottes, dass er ihn doch noch finden wird. Ohne mein Eingreifen aber hätte Englund dich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Vergiss das nie! Ohne mich ließe er dich fallen wie einen abgebrannten Kienspan. Selbst auf dem Weg von Würzburg hierher musste ich zwischen euch vermitteln. Wie sehr ihr beide euch hasst, hat man doch schon daran gesehen, wie ihr miteinander auf dem Pferd gehockt seid. Dabei ist er nicht viel besser als du.«
Abermals senkte er die Stimme, redete im drohenden Flüsterton weiter. »Auch er hat mich nur benutzt, um dich zu ertragen. Ohne mich könnt ihr beide nämlich nichts miteinander anfangen. Zu tief drin steckt ihr beide in eurer dämlichen Liebe zu diesem Schurken Eric, wenn auch jeder auf seine Art!«
Den letzten Satz hatte er ihr regelrecht entgegengeschrien, um dann in gewohnter Lautstärke fortzufahren: »Und ich soll es euch beiden richten, damit ihr so schnell wie möglich zu ihm kommt. Das habt ihr euch fein ausgedacht! Sobald er euch gegenübersteht, habt ihr mich dann vergessen. Ihr braucht mich nicht mehr und könnt mich wegscheuchen wie einen Hund, der einem lästig geworden ist. Zu eurem Pech aber habe ich endlich begriffen, was hier gespielt wird, und steige aus dem Spiel aus. Schaut doch selbst, wie ihr miteinander klarkommt!«
Noch einmal zerrte er an Magdalenas Handgelenken, dass ihr die Tränen kamen. Einen Aufschrei hielt sie angestrengt zurück, um ihm nicht zusätzlich Zunder zu geben. Derb versetzte er ihr einen Schubs nach hinten. Sie taumelte und fing sich im letzten Moment, bevor sie in den Dreck gefallen wäre. »Vielleicht schafft ihr beide es ja sogar allein bis
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