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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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hätte sie nutzen können, sich aus seinem Griff zu befreien. Dann aber hätte er vermutet, sie wollte vor ihm davonrennen. Dabei wollte sie sich ihm endlich stellen und offen mit ihm reden.
    »Magdalena!« Rupprecht hielt ihre Handgelenke so fest umklammert, dass sie spürte, wie ihr die Finger blutleer wurden. »Warum kommst du nicht von dem Schurken los? Was muss Eric dir noch antun, damit du begreifst, dass er dir nichts Gutes will?« Verzweifelt verhakte sich sein Blick in ihrem. Der Regen platschte weiter auf die Hutkrempe.
    Wenn sie ihn doch wenigstens dazu bewegen könnte, ins Trockene zu gehen! Die Linde auf dem langgestreckten Salzmarkt war ein denkbar schlechter Ort, um wichtige Gespräche zu führen, noch dazu bei diesem Wetter. Hinter Rupprechts Rücken ragten die Mauern des Anwesens von Bürgermeister Graser empor. Sie musste lachen, als ihr das klarwurde. Dass sie sich ausgerechnet vor dem Haus wiederfanden, von dem aus damals der Brand die ganze Stadt erfasst hatte, schien wie ein garstiger Fingerzeig des Schicksals. Im letzten Augenblick waren sie damals dem Tod entronnen, zum zweiten Mal nach Magdeburg. Auf wie viele bittere Erinnerungen blickten sie seither gemeinsam schon zurück? Was erwartete sie dieses Mal?
    »Du bist derjenige von uns beiden, der nichts begreift. Weil du es nicht willst.« Sie drehte sich zur Seite, ein ungeschickter Versuch, sich doch von ihm loszureißen. Darauf packte er sie noch fester. Tränen stiegen ihr in die Augen. Er würde nicht glauben, dass es des Schmerzes wegen war. Er würde denken, sie weinte Erics wegen. Den ganzen Weg von der Apotheke hier hinauf hatte er ihr das vorgehalten. Warum war sie nur mit ihm gegangen? Ins Haus am Steinweg hatten sie gehen wollen, doch ohne es erklären zu können, hatten sie den Weg zum Salzmarkt eingeschlagen, um Ludwigs Informationen zu besprechen.
    Gegen ihren Willen drehte sie Rupprecht den Kopf wieder zu und musterte ihn ausgiebig. Er dauerte sie. Dass er nicht merkte, wie es in Wahrheit um sie stand! Aber so war er immer schon gewesen. Wie gern würde sie ihm den Regen von den Wangen streichen, die Tropfen von den Lippen wischen! Sie näherte sich seinem Gesicht, mehr konnte sie seines Griffes wegen nicht tun. Brüsk stieß er sie weg.
    »Lass das! Darauf falle ich nicht mehr herein«, sagte er. »Ich hätte es gleich wissen müssen. Stattdessen habe ich immer noch gehofft. Schon letztens, auf dem Weg hierher, als du dich im Wald an mich herangeschlichen hast, ist es mir ähnlich gegangen. Wie habe ich da nur denken können, du hättest wirklich mit Eric gebrochen? Wie habe ich auch nur einen Moment lang glauben können, es ginge dir tatsächlich um mich? Benutzt hast du mich die ganze Zeit über, mehr nicht.«
    »Hör doch auf mit dem Unsinn. Wie kommst du nur darauf?« Sie versuchte, die Arme zu heben, ihn vielleicht doch zu umarmen, an sich zu ziehen. Er musste es endlich begreifen: Sie hatte sich für ihn entschieden! Ohne Eric ging es ihr viel besser. Allein Carlotta musste sie finden, dann war sie bereit für ihn, Rupprecht. Endlich, nach all den Jahren! Fast schien es, als wolle er das einfach nicht wahrhaben. Nicht mehr wahrhaben, ergänzte sie für sich.
    »Wie ich darauf komme? Weil ich jetzt verstehe, welches Spiel du spielst! Eben, drinnen bei Ludwig, als er davon erzählt hat, was er über Eric weiß, da ist es mir aufgegangen. Von wegen ›mit Eric habe ich abgeschlossen‹. Keinen halben Tag ist es her, dass du mir das gesagt hast, und trotzdem bist du vorhin bei Ludwig nahezu vergangen vor Sehnsucht. Du hättest dich sehen sollen, wie du an seinen Lippen gehangen hast, als er erwähnt hat, dass Eric nach dir und mir sucht. Ekelhaft! Kaum zu halten warst du.« Er beugte sich vor und senkte drohend seine Stimme. »Doch ohne mich, das weißt du nur zu gut, ohne mich wird es dir nicht gelingen, nach Rothenburg zu deinem Geliebten zu finden. Nur mit meiner Hilfe kommst du mit Englund klar. Mich brauchst du, damit er dir weiterhilft. Das war immer schon so.«
    Er lehnte sich wieder zurück. Seine dunklen Augen wirkten im Regenschatten der Linde noch düsterer. Mehrmals fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen, dann sprach er weiter: »Wenn ich nur darüber nachdenke, wird mir schwindlig: all die Stunden, die ich im Kloster auf Englund eingeredet habe, dass du keine versoffene Hure, sondern eine der besten Wundärztinnen der Kaiserlichen bist – und wozu? Du ahnst nicht einmal, wie nah du am Abgrund

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