Die Wundärztin
Dritte stieß die beiden anderen zur Seite und rannte geradewegs auf sie zu. Ungeduldig zerrte er an seinem Gürtel, begann bereits im Laufen, die Hose aufzuknöpfen.
»Dir pressiert’s aber!«, lästerte der Erste, der es allerdings nicht weniger eilig hatte, sich untenherum frei zu machen. Ein Pistolenschuss zerriss die Luft. Während die beiden halbnackten Soldaten mit heruntergelassener Hose und deutlich angeschwollenem Glied stehenblieben, lachte ihr Kamerad schallend über den gelungenen Streich.
»Ich bin zuerst dran, merkt euch das!« Triumphierend kam er auf Magdalena zu. Die Hände streckten sich ihr bereits entgegen. Gierig leckte seine Zunge über die Lippen, da ertönte abermals ein Schuss, und der Mann kippte vornüber. Entsetzt sah sie auf.
»Wenn du nicht warten kannst, trifft es dich genauso«, raunte der Schütze seinem schreckensbleich gewordenen Kameraden zu. Gehorsam stolperte der mit seiner heruntergerutschten Hose zur Seite und nahm die Hände hoch. Die Pistole weiter auf ihn gerichtet, schritt der zweite Soldat auf sie zu. Als sie ihn bereits hätte berühren können, hielt er plötzlich an.
»Da herüber«, befahl er seinem vor Angst schlotternden Kameraden und deutete mit der Pistole an, wohin er gehen sollte. »Knie dich hin und leg die Hände an den Kopf.«
»Nicht!«, flehte der. »Du kannst sie haben, ganz allein. Lass mich nur leben! Bitte!«
Braune Brühe wurde an den Innenseiten seiner nackten Oberschenkel sichtbar. Zäh rann sie herab. Der Gestank war unerträglich. Magdalena würgte es erneut. Sie wollte den Blick abwenden, doch es gelang ihr nicht. Wie gebannt starrte sie weiter auf den armen Tölpel. So viel hatte sie schon ertragen müssen, doch das hier übertraf alles bislang Dagewesene. Den anderen dauerte das Flehen des Kameraden nicht im Geringsten. Kurz drehte er sich zu Magdalena um: »Bin gleich bei dir, mein Täubchen. Mach dir schon mal schöne Gedanken!«
Flüchtig warf er ihr eine Kusshand zu, bevor er gemächlich zu seinem Kameraden ging und ihm die Pistole an den Kopf setzte. »Nein!«, brüllte der noch, doch der Mann kannte kein Erbarmen und erschoss auch ihn.
Magdalena schloss die Augen und dachte an Eric. Die Finger um den Bernstein geklammert, flehte sie: »Bitte lass mich nicht im Stich!« Wenn der Mann so erbarmungslos seine Kameraden tötete, nur um sie für sich zu haben, wollte sie sich gar nicht ausmalen, wie er gleich über sie herfallen würde. Ihre einzige Hoffnung war, dass es schnell vorüberging. Sich an der Todesangst der anderen zu weiden, schien seine größte Lust. Die wenigstens konnte sie ihm bieten, ohne sich verstellen zu müssen.
Plötzlich erklang ein fürchterlicher Schrei. Sie fuhr herum. Ein Ast sauste zischend durch die Luft. Auch der Soldat schaute verblüfft. Im nächsten Moment traf ihn das tückische Geschoss am Kopf, und er fiel um. Magdalenas Herz überschlug sich. Noch lag der Soldat am Boden. Ob er tot war oder nicht, spielte keine Rolle. Losrennen musste sie. Die Gelegenheit nutzen und einfach laufen, egal, wohin.
Ihre Beine aber gehorchten nicht. Tief krallten sich ihre Finger in die Baumrinde. Ein Splitter bohrte sich unter ihren Nagel. Sie empfand keinen Schmerz, nur Verwunderung. Noch immer konnte sie sich nicht von der Stelle bewegen. Es war, als klebte sie fest.
»Magdalena!« Eine vertraute Stimme erreichte ihr Ohr. Nein, sie musste sich täuschen. Abermals erklang die Stimme. Eric! Auf dem weichen Waldboden spürte sie Schritte. Ganz dicht mussten sie hinter ihr sein. Mit dem Rücken am Stamm wandte sie sich um und sah in Erics Gesicht. Erleichtert sank sie in seine Arme.
Hand in Hand kämpften sie sich wenig später durch das Gestrüpp am Waldsaum. Das muntere Plätschern eines kleinen Bachlaufs begleitete sie bereits eine ganze Weile und wies ihnen die Richtung, um endlich ins sichere Freiburg zu gelangen. Zu ihrer Rechten schälten sich Sonnenstrahlen durch die lichter werdende Wolkendecke. Der Himmel klarte auf, der Regen zog weiter. Noch war der Boden feucht genug, dass ihre Schritte lautlos waren. Das Laub der Büsche und Sträucher bot ihnen ausreichend Schutz, um nicht entdeckt zu werden. Linker Hand zogen sich Laubbäume und dichtes Gestrüpp den Berg hinauf. Irgendwo oben auf der Kuppe musste der Bauernhof liegen, in dem Magdalena ihren Vater in die Grube hatte werfen müssen. Ob sie jemals zurückkehren und ihm ein richtiges Grab schaufeln konnte? Bei dem Gedanken schluchzte sie laut.
»Bist du
Weitere Kostenlose Bücher