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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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wahnsinnig?« Verärgert fuhr Eric herum. »Hinter jedem Busch können Weimarische oder Franzosen lauern. Vielleicht haben sie die drei anderen schon gefunden. Gnade uns Gott! Für deren Tod werden wir beide büßen müssen.«
    Sie passierten die rauchende Ruine einer Mühle, die wohl erst in der letzten Nacht abgebrannt war. Eine einzelne Mauer ragte brusthoch daraus hervor. Weit und breit war niemand zu sehen.
    »Lass uns kurz rasten«, bat Magdalena und ließ sich erschöpft nieder. »Ich kann nicht mehr.«
    Es schwindelte sie, gleichzeitig spürte sie wieder heftige Übelkeit in sich aufsteigen. Eric musterte sie besorgt, bedeutete ihr, leise zu sein, und verschwand im Dickicht. Bald kam er mit einer Handvoll Beeren zurück. Während sie sich gierig darauf stürzte, kroch er zum Bach und brachte in den zur Kuhle geformten Händen einige Spritzer Wasser. Trotz der Stärkung fühlte sie sich weiterhin zittrig und schwach. Das rührte nicht allein vom Schock des Erlebten und der Trauer um den toten Vater. So schmerzhaft sie waren, aber solche Erlebnisse war sie von klein auf gewohnt. Zu viele Menschen, die ihr lieb waren, hatte sie sterben sehen. Auch dass sie dem Vater das erhoffte Versprechen schuldig geblieben war, reute sie nicht. Mit einem Mal begriff sie, woher die Kraftlosigkeit rührte. Dass das allerdings nicht der geeignete Zeitpunkt dafür war, wurde ihr im nächsten Moment bewusst. Zu lange schon war sie Wundärztin, um nicht zu fühlen, dass sie ihre ganze Stärke jetzt selbst brauchte und nicht noch ein zweites Leben in sich heranwachsen lassen konnte. Und doch würde sie freudig die zusätzliche Last tragen. Immerhin war es ein Kind der Liebe, das unter ihrem Herzen wuchs.
    »Wir müssen weiter«, mahnte Eric. »Die Ruhe täuscht. Wir sind noch lang nicht in Sicherheit. Die Unsrigen haben die Franzmänner zwar gestern Nacht vom Slierberg zurückgedrängt, doch du hast selbst erlebt, dass immer noch einzelne durch den Wald ziehen. Ein zweites Mal mag uns das Schicksal nicht gewogen sein.«
    »Warte, nur einen kleinen Moment noch, dann geht es wieder.« Sie legte ihm den Kopf auf die Schulter, schloss die Augen und atmete tief durch. »Dich hat der Himmel geschickt, Eric, weißt du das? Wieso bist du eigentlich hier? Woher hast du gewusst, in welcher Bedrängnis ich war?«
    Ihre Fingerkuppen streichelten sein rotblondes Haar, ihre Augen glitten über das markante Profil seines geliebten Gesichts, als müssten sie sich vergewissern, dass er leibhaftig neben ihr saß.
    »Ich habe nicht einmal geahnt, dass du es bist. Wie sollte ich auch?« Versonnen sah er zum Himmel, verengte die Augen, als suchte er dort oben nach einem Zeichen, dann wandte er sich ihr wieder zu. »Der gestrige Tag war furchtbar. Nie hätte ich geglaubt, dieser Hölle noch einmal zu entrinnen. Wieder und wieder sind Enghien und seine Truppen gegen unsere Stellungen angestürmt und haben sie teilweise erheblich zerstört. Fast kam es mir vor wie damals in Magdeburg. Nur dass es nicht an allen Ecken und Enden gleichzeitig zu brennen begann.«
    Er senkte den Kopf und hielt sich die Hände vors Gesicht. Mehrere Atemzüge lang kämpfte er mit den schrecklichen Bildern der Vergangenheit. Auch ihr war, als sähe sie das Lodern der Flammen wieder vor sich, hörte das verzweifelte Schreien der Menschen, die dem Inferno nicht mehr entrinnen konnten. Ihre Finger suchten den Bernstein.
    »Plötzlich aber wurde es ruhig«, sprach Eric weiter. »Wir bekamen den Befehl, die Gelegenheit zu nutzen und die Schanze eine halbe Meile bergaufwärts stärker zu befestigen. Das rettete mir das Leben. Die Nacht habe ich dort oben verbracht, mich erst im Morgengrauen hinausgewagt. Dann sind die Schüsse gefallen. Warum ich ihnen gefolgt bin, kann ich dir nicht sagen. Als ich gesehen habe, dass einer bereits zwei halbnackte Kameraden totgeschossen hatte und eine dritte Gestalt an einem Baum bedrohte, wusste ich, was zu tun war.«
    »Ich weiß jetzt, warum deine Mutter dir den Bernstein gegeben hat. Er ist wirklich ein Schutz. Inständig habe ich gefleht, du mögest bei mir sein, und wie aus dem Nichts bist du aufgetaucht. Dank seiner Hilfe hast du mir jetzt schon zum zweiten Mal das Leben gerettet. Wer aber behütet dich, wenn ich den Stein bei mir trage?«
    Sie löste den Knoten an dem Band, um es ihm um den Hals zu legen. Er hielt sie zurück. »Um mich musst du dir keine Sorgen machen. Solange ich weiß, dass der Bernstein dich beschützt, wird es auch mir

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