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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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wohl nötig gehabt, allein durchs ganze Land zu ziehen, wenn ihr Vater noch am Leben wäre? Wäre es denkbar, daß zwei kleine Kinder selbst für sich hätten sorgen müssen, wenn sie einen Vater hätten? Hätte das Mädchen den schweren Gang zum Inspektor selbst machen müssen, wenn ihr Vater noch lebte? Meinst du, sie wäre dann jetzt auch nur einen einzigen Augenblick allein und verlassen, jetzt, wo das ganze Sameland davon spricht, was für ein gutes, mutiges Mädchen sie sei? Das Mädchen selbst meint freilich, ihr Vater sei noch am Leben, ich aber sage, er muß tot sein, es ist nicht anders möglich.“
    Der Mann mit den müden Augen wendete sich dem Lappen zu. „Wie heißt sie, Ola?“ fragte er.
    Der Lappe überlegte ein wenig, dann sagte er: „Ich weiß es nicht mehr, aber ich will sie fragen.“
    „Sie fragen? Ja, ist sie denn schon hier?“
    „Ja, sie ist drüben im Zelte.“
    „Wie, Ola? Hast du sie zu dir genommen, ehe du weißt, was ihr Vater dazu sagen wird?“
    „Was brauche ich mich um ihren Vater zu kümmern? Wenn er wirklich nicht tot ist, dann will er offenbar nichts von dem Kinde wissen, und er kann nur froh sein, wenn ein anderer sich ihrer annehmen will.“
    Doch jetzt warf der Fischer seine Gerte weg und richtete sich auf; es war eine Lebhaftigkeit über ihn gekommen, als wenn neues Leben in ihm erwacht wäre.
    „Dieser Vater ist wahrscheinlich nicht wie andere Menschen,“ fuhr der Lappe fort. „Vielleicht ist er einer von denen, die von schwermütigen Gedanken verfolgt werden, so daß er es bei keiner Arbeit lange aushalten kann. Aber sage selbst, wäre ein solcher Vater ein großer Gewinn für das Mädchen?“
    Während Ola dies sagte, stand der Fischer auf und ging mit raschen Schritten dem Ufer entlang.
    „Wohin willst du?“ fragte der Lappe.
    „Ich will mir deine Pflegetochter ansehen, Ola.“
    „Das ist recht,“ sagte Ola. „Komm nur und sieh sie dir an. Du wirst gewiß finden, daß ich eine gute Pflegetochter bekomme.“
    Der Schwede ging mit immer rascheren Schritten vorwärts, und der alte Ola konnte ihm kaum nachkommen. Nachdem sie eine kleine Strecke zurückgelegt hatten, sagte Ola zu seinem Gefährten: „Jetzt eben fällt mir ein, wie das Mädchen heißt. Åsa Jontochter heißt sie.“
    Der andre beschleunigte seine Schritte nur noch mehr, und der alte Olawar so beglückt, daß er am liebsten in lauten Jubel ausgebrochen wäre. Als nach einer Weile die Zelte vor ihren Augen auftauchten, ergriff Ola noch einmal das Wort.
    „Sie ist hier heraufgekommen, um ihren Vater zu suchen, nicht, um meine Pflegetochter zu werden; aber wenn sie den Vater nicht findet, möchte ich sie gerne in meinem Zelt behalten.“
    Doch der andre erwiderte nichts, er eilte nur mit immer größerer Hast vorwärts.
    „Ich habe es mir doch gedacht, daß er bei der Nachricht, ich wolle seine Tochter unter die Lappen aufnehmen, erschrecken werde,“ sagte Ola vor sich hin.
    Als der Mann von Kiruna, der Åsa nach dem Lappenlager hinübergerudert hatte, später am Tage wieder zurückruderte, hatte er zwei Personen in seinem Boot, die dicht nebeneinander saßen und sich so fest an der Hand hielten, als ob sie sich nie wieder trennen wollten. Es waren Jon Assarsson und seine Tochter Åsa. Alle beide hatten jetzt ein ganz anderes Aussehen als noch vor ein paar Stunden. Jon Assarsson sah lange nicht mehr so müde und gebeugt aus, und seine Augen hatten einen hellen, freundlichen Ausdruck, als wenn er jetzt Antwort auf das bekommen hätte, was ihn so lange geängstigt hatte; und das Gänsemädchen Åsa schaute jetzt nicht mehr mit dem ihm eigenen altklugen Blick umher. Jetzt hatte sie ja jemand, auf den sie sich stützen und verlassen konnte, und es sah aus, als sei sie auf dem Wege, wieder ein harmloses Kind zu werden.

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46
Gen Süden! Gen Süden!
Der erste Reisetag
    Samstag, 1. Oktober
    Nils Holgersson saß auf dem Rücken des weißen Gänserichs und ritt hoch droben durch die Lüfte. Einunddreißig Wildgänse flogen in wohlgeordnetem Zuge rasch südwärts. Ihre Federn rauschten, und die vielen Flügel schlugen mit so lautem Sausen durch die Luft, daß man fast sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Akka von Kebnekajse flog an der Spitze, hinter ihr kamen Yksi und Kaksi, Kolme und Neljä, Viisi und Kuusi, der Gänserich Martin und Daunenfein. Die sechs jungen Gänse, die sich im letzten Herbst der Schar angeschlossen hatten, waren nun fortgeflogen, um sich auf eigene Faust durchzubringen.

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