Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
Anzeichen dafür, dass er der geheimnisvolle Bote gewesen sein könnte, doch Nate verzog keine Miene.
»Aha?«, meinte er nur.
Also erzählte ich ihm von dem Blumenkorb und der beiliegenden Karte – doch noch immer entdeckte ich keinerlei Regung bei ihm, die mir Aufschluss gegeben hätte. Vielmehr wirkte er ein bisschen traurig. Oder bildete ich mir das nur ein? »Eine schöne Geste«, sagte er.
»Ja, fand ich auch.« Seine Reaktion verwirrte mich, also wechselte ich das Thema. »Und was machen die Hochzeitsvorbereitungen? Läuft alles nach Plan?«
Er schaute zum Fenster hinaus. »Ja, doch. Manchmal habe ich allerdings den Eindruck, dass Caitlin noch eine bessere Option in petto hat – den perfekten Mann, der am Tag der Hochzeit aus den Kulissen springt und meinen Platz einnimmt, denn irgendwie scheine ich bei der Planung völlig überflüssig zu sein. Manchmal kommt es mir vor, als würde ich bei den Vorbereitungen nur stören. Aber das ist eigentlich ganz okay so – ich lehne mich einfach zurück und schaue in aller Ruhe zu, was das Mimi-Caitlin-Kommando so alles ausheckt.«
»Aber willst du das? Ich meine … bist du damit glücklich? «
Er schaute mich so entgeistert an, als verstehe er überhaupt nicht, was ich meine. »Ja, natürlich.«
»Entschuldige die dumme Frage, aber dann verstehe ich nicht …«
»Was ich am großen Tag der Verkündigung zu dir gesagt habe? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht, Rosie. Manchmal bin ich mir total darüber im Klaren, was ich will, und
dann wieder … Keine Ahnung. Absolut glücklich werde ich vielleicht nie sein. Wahrscheinlich gehöre ich ja eines Tages zu jenen bemitleidenswerten Männern, die sich unablässig über ihre Frauen beklagen und dann doch ein Leben lang bei ihnen bleiben. Weißt du, ich glaube, dass es manchmal einfacher ist, sich mit etwas abzufinden als immer gegen alles aufzubegehren.«
»Also war alles, was du gesagt hast …«
Behutsam legte er mir die Hand auf die Schulter. »Wahr, Rosie. Ich habe alles so gemeint, wie ich es gesagt habe – in dem Augenblick, als ich es gesagt habe. Oder nein, eigentlich ist es noch immer wahr. Ich werde mir weder von Caitlin noch von sonst jemandem vorschreiben lassen, mit wem ich meine Zeit verbringe – daran hat sich nichts geändert.«
»Aber an deinen Gefühlen für Caitlin schon?« Oh, ich hätte mich treten können, dass ich das gefragt hatte! Nates Miene veränderte sich kaum merklich, und er sah mir in die Augen.
»Ich weiß selber nicht, was ich will, Rosie. Aber ich will dich in meinem Leben haben.«
Ich war perplex. »Nate, du planst gerade deine Hochzeit !«
»Ich weiß. Aber vielleicht gibt es ja doch eine Möglichkeit …«
»Was soll das heißen?«
Er beugte sich vor und flüsterte eindringlich: »Ich weiß es nicht , okay? Aber ich brauche dich.«
»Ehrlich gesagt verstehe ich dein Problem nicht, Nate. Wir sind doch Freunde …«
Beschwichtigend legte er mir die Hand aufs Knie. »Ich weiß. Ja, lass uns Freunde sein. Wenn du willst.«
So langsam kam ich wirklich nicht mehr mit. Irritiert stand ich auf und wollte gerade etwas erwidern, als das kleine
Glöckchen über der Tür laut bimmelte, und ein korpulenter Mann in einem grauen Mantel in den Laden gestürmt kam.
»Rosie Duncan?«, fragte er atemlos.
»Ja, die bin ich.«
Er schüttelte mir eilig die Hand. »John Meenaghan. Ich bin ein Nachbar von Eli Lukich – Sie erinnern sich, der alte Russe mit den Rosen?«
»Ja, ich kenne Eli. Worum geht es denn?«
»Es tut mir leid, Ms Duncan, aber ich wusste wirklich nicht, an wen ich mich wenden sollte. Und auf Sie bin ich auch nur gekommen, weil Ihre Karte an seinem Kühlschrank hing.«
»Ist ihm etwas zugestoßen?«
John holte tief Luft und legte mir seine Hand, die in dicken Fellhandschuhen steckte, auf die Schulter. »Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber wir haben Mr Lukich heute in seiner Wohnung gefunden – ihn und seine Frau.«
Panik stieg in mir auf. »Er … Sind sie …?«
Ihm kamen Tränen, und ich sah meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. »Wir nehmen an, dass Aljona schon eine ganze Weile tot war. Der Gestank in der Wohnung war kaum auszuhalten. Die Polizei geht davon aus, dass er ihren Tod einfach nicht wahrhaben wollte. Sie lag in ihrem Bett, als würde sie schlafen, in einem weißen Nachthemd und umgeben von Rosen – bergeweise vertrocknete gelbe Rosen. Der Beamte, der ihn gefunden hat, meinte, dass Eli wahrscheinlich allen Lebenswillen
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