Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
richtige Länge anzuspitzen?
»Morgen, Rosie!«, rief Zac, bevor er ins Heck des Lieferwagens sprang.
»Hi, Zac«, rief ich zurück und lief zum Wagen. Zac ging seine Liste durch und begann Kisten zu stapeln.
»Okay … heute hätten wir Rosen, Grasnelken, Muschelblumen, Lisianthus … sag mal, du kannst nicht zufällig noch eine Extraportion Grün gebrauchen? Jackson’s hat nämlich zu viel geordert …«
»Mmmh …« Ich schaute auf meine Liste.
»Hey, Rosie, du würdest mir einen Riesen gefallen tun. Kostet dich auch nichts.« Er lächelte mich an.
»Oh ja, doch. Toll, danke«, sagte ich, denn wer hätte Zacs Lächeln widerstehen können?
Er sprang aus dem Wagen, schnappte sich ein paar Kisten, und ich half ihm, alles in die Werkstatt zu tragen. Während ich den Lieferschein unterschrieb, sah Zac sich suchend im Laden um. »Ist Marnie heute Morgen nicht da?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Oh.« Kurz verflüchtigte sich sein Dauerlächeln. Aber wirklich nur kurz. »Na, dann sag ihr schöne Grüße von Zac, dem Luxuskörper.« Das kleine Glöckchen bimmelte aufgeregt, als er zur Tür hinausstürmte und gleich darauf noch einmal zurückkam. »Sie glaubt, ich wüsste nicht, dass sie mich so nennt – aber ich weiß es.« Durchs Fenster winkte er mir noch einmal grinsend zu, sprang in seinen Lieferwagen und brauste davon.
Kaum war er weg, schlenderte Ed am Fenster vorbei und winkte müde, bevor er in den Laden kam. Als das Glöckchen
ihn freudig begrüßte, verzog er gequält das Gesicht. »Kann man dieses Ding nicht leiser stellen?«
»Zac und ich sind bestens ohne dich zurechtgekommen, Ed«, sagte ich. »Aber vielen Dank, dass du wie versprochen da warst.«
Ed schlug die Hände vors übernächtigte Gesicht. »Oh nein … Tut mir leid, Rosie. Ich hab’s total vergessen … War eine lange Nacht.« So wie er aussah, dürfte das wohl die Untertreibung des Jahres sein.
Ich reichte ihm seinen Kaffee. »Hier. Extrastark, schwarz, zwei Zucker.«
»Du bist wunderbar, Rosie«, murmelte Ed und klammerte sich an den Becher, als hinge sein Leben daran.
»Ja, ich weiß. Trink schon, wird dir guttun.«
Aber eigentlich war ich ziemlich sauer. Und irritiert. Es sah Ed überhaupt nicht ähnlich, derart verkatert zur Arbeit zu kommen – und noch dazu die wöchentliche Lieferung vom Großhändler zu vergessen. Das war in all den Jahren noch nie passiert. Und wo zum Teufel steckte Marnie? Das hatte mir gerade noch gefehlt, dass sie heute nicht kam. Die Ankündigung meines Bruders, dass es ein Problem gäbe, hatte mich schon genügend aus der Fassung gebracht – musste ich mir jetzt auch noch um verhaltensauffällige Mitarbeiter Sorgen machen?
Nachdem wir genügend Koffein intus hatten, packten Ed und ich die Lieferung aus. Ein Teil der Blumen kam gleich in den Laden, der Rest blieb in der Werkstatt oder kam in den Kühlraum. Nachdem das erledigt war, machte Ed sich am Werktisch an die Arbeit, und ich ging in den Laden, um den Papierkram zu erledigen. Ehe ich es mich versah, war es auch schon neun Uhr.
Ziemlich kleinlaut kam Ed aus der Werkstatt geschlichen, aber wenigstens sah er mittlerweile nicht mehr wie ein
Statist aus Revenge of the Living Dead aus. Er räusperte sich und scharrte verlegen mit den Füßen. »Wegen heute Morgen, Rosie … Vielleicht sollte ich das erklären …«
»Nicht nötig.« Ich lächelte abgeklärt und gab die verständnisvolle Chefin, bevor meine Neugier mit mir durchging. »Obwohl mich schon interessieren würde, wie es gestern mit dem Gesicht von Jean St. Pierre gelaufen ist …«
Ed seufzte. »Ach ja, die schöne Yelena. So schön …« Stöhnend hielt er sich den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Boah … Mein Schädel fliegt gleich auseinander …«
Ich holte eine Packung Schmerztabletten unter dem Ladentisch hervor und warf sie Ed zu.
»Und?« , drängte ich.
Ed holte tief Luft und blinzelte mich an. »Also gut, Miss Marple, sie war genauso schön und charmant wie erwartet …«
»Aber?«
»Aber sie ist scheinbar doch noch mit meinem Freund zusammen und absolut unerbittlich, was das anbelangt.«
»Oh je«, meinte ich mitfühlend.
Ed rieb sich das stoppelige Kinn. »Kann man so sagen. Wir waren erst im Theater, danach im Orso essen – hat mich ein Vermögen gekostet, aber hey, das muss es einem schließlich wert sein. Ich meine, sie ist nicht mal verheiratet … sie und Steve sind erst seit Juli zusammen. Das muss man sich mal vorstellen – seit Juli! Wer macht denn nach
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