Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
Vom Netzwerk:
strich zärtlich mit dem Finger über seine Wange. Und dann ging auf einmal das Licht aus. Vermutlich war es ein banaler Stromausfall, der uns plötzlich in rabenschwarze Finsternis hüllte – und das wortwörtlich, denn wir waren weit draußen auf dem Land, mitten im Nirgendwo. Weit und breit war nicht ein Lichtschimmer zu sehen, und auch der Mond hatte sich hinter eine dichte Wolkenwand verzogen. Mir erschien diese undurchdringliche Dunkelheit jedoch wie ein Wink des Schicksals.
    Ich hatte die Hand noch immer nach David ausgestreckt, doch plötzlich spürte ich sein Gesicht nicht mehr. Nun, da ich nichts mehr sehen konnte, wurden meine anderen Sinne auf einmal viel aufmerksamer. Ganz schwach nahm ich den Geruch seiner Haut wahr … Ich hörte, wie er sich kaum merklich bewegte, und dann … absolute Stille in absoluter Finsternis. Einen Moment lang war ich mir nicht sicher, ob er überhaupt noch im Zimmer war. Ich beugte mich vor und versuchte angestrengt, wenigstens die Andeutung von Umrissen im Dunkel zu erkennen. Und da spürte ich auf einmal einen warmen Atemzug direkt vor meinem Gesicht.
    Erschrocken fuhr ich zurück und lachte nervös. »Ich weiß , dass du da bist! Hör auf, so dumme Spielchen zu spielen, das ist nicht fair.«
    Und dann berührte sein Gesicht das meine: seine Stirn an meiner Stirn, seine Nase an meiner Nase, sein Atem warm auf meinen Lippen. Seine Hände umfingen mein Gesicht, seine tiefe Stimme war kaum mehr als ein Flüstern: »Ich spiele nicht, Rosie. Es ist mir ernst. Ich liebe dich. Ich möchte mein Leben mit dir teilen. Nichts wünsche ich mir mehr.«
    Sein Kuss war innig und leidenschaftlich. Nie zuvor hatte ich so etwas erlebt. Mein ganzer Körper war wie elektrisiert,
und da wusste ich es. Ich wusste, dass die Tage einer meiner beiden bedeutsamen Lebensentscheidungen gezählt waren: Ich hatte mich verliebt.
     
    Ein paar Stockwerke, bevor wir aussteigen mussten, hielt der Fahrstuhl, und ein schon etwas angegrauter Journalist und seine junge, bildhübsche Begleiterin stiegen ein. Celia lächelte den beiden höflich zu, und die Tür schloss sich wieder. Ich schaute zu Boden, während lange verbannte Erinnerungen höchst lebendig in mir aufstiegen. Ich hatte David so sehr geliebt. Allein der Gedanke an diesen ersten Kuss erfüllte mich mit einer Wehmut, die mein Herz mit eisernem Griff umfangen hielt. Dass ich ihn damals geliebt hatte, stand außer Frage, doch nun begann ich zu fürchten, dass diese Liebe vielleicht noch immer da wäre, verschüttet zwar unter Kummer und Schmerz, aber eben keineswegs erloschen. Ich schloss die Augen.
     
    Es schien niemanden zu überraschen, dass wir plötzlich zusammen waren. Manche meinten, sie hätten es vom ersten Augenblick an gewusst, andere freuten sich, weil sie darauf getippt hatten, dass wir noch vor Abschluss des Projektes zusammenkommen würden, und nun fünfzig Pfund reicher waren. Ich hatte nicht gewusst, dass in der Agentur schon Wetten auf uns abgeschlossen worden waren.
    David genoss die allgemeine Aufmerksamkeit und Anteilnahme und strengte sich auch mächtig an, seine Liebe für mich so oft wie möglich zu bekunden. Riesige Blumensträuße standen plötzlich auf meinem Schreibtisch, auf meinem Mac tauchten regelmäßig Bildschirmschoner mit Liebesgedichten auf, und eines Tages bekam ich sogar ein Musiktelegramm (sehr zur Freude meiner Kollegen – mir war das total peinlich). Bald bekam ich mit, dass schon wieder neue
Wetten abgeschlossen wurden: diesmal darauf, wann David Lithgow mir die Frage aller Fragen stellen würde.
    Lange dauerte es nicht. Aber es kam ganz anders als erwartet, denn zunächst erhielt ich ein Jobangebot.
    »Darling, ich habe eben mit Dad gesprochen. In der Bostoner Agentur wird die Stelle einer Projektleiterin frei. Gesucht wird jemand, der junges Potenzial findet und entwickelt, jemand mit Leidenschaft und Visionen. Du bist die einzige Kandidatin, die Dad ernsthaft in Erwägung zieht. Ihm ist es wichtig, dass das Unternehmen in der Hand der Familie bleibt. Komm mit mir nach Boston, Rosie.«
    Ich lachte, denn an seinen Absichten konnte nun kein Zweifel mehr bestehen. »Sollte das eben ein Heiratsantrag gewesen sein, würde ich es gerne nochmal in der romantischen Version hören, David. Ich gehe nämlich fest davon aus, dass mir diese Frage nur ein einziges Mal in meinem Leben gestellt wird – also lass dir was einfallen!«
    Und als wir an einem sommerlichen Samstagnachmittag im Battersea Park spazieren

Weitere Kostenlose Bücher