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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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leben. Lieber heute als morgen.»
    Sie nickte, hielt noch immer unschlüssig die Haube. Nein, jetzt konnte sie diese noch viel weniger als zuvor aufsetzen. «Ich muss gehen, Aron. Heute Abend komme ich wieder», versprach sie, dann verließ sie das Zimmer.
    Als sie aus der Tür der Herberge trat, blinzelte sie in die Sonne, weil die Helligkeit des Morgens sie blendete. Dann nahm sie die Haube, nestelte an den Bändern und wollte sie gerade auf ihr Haar setzen, als eine Hand danach griff.
    Priska sah auf. Regina stand vor ihr.
    Sie sah aus wie eine streunende Katze. Abgemagert, mit verfilzten Haaren und riesigen hungrigen Augen. Ihr Gesicht wirkte grau und verhärmt. Als sie den Mund öffnete,sah Priska, dass ihr zahlreiche Zähne fehlten. Wie eine alte Frau sah die Zwillingsschwester aus. Selbst der einst so üppige Busen war verschwunden.
    Priska empfand weder Freude noch Mitleid. Es war, als wäre die Schwester eine Fremde. In ihrer Brust regte sich nichts, noch nicht einmal Hass oder Groll.
    «Was willst du?», fragte sie und trat einen Schritt zurück, als sie den Geruch, der aus Reginas schäbigen Kleidern drang, wahrnahm.
    Regina schwenkte die Haube vor ihr. «Ich wollte sehen, wie es meiner Schwester und meinem Schwager geht. Wollte hören, was ihr macht.»
    «Bei uns ist alles in bester Ordnung, danke schön», erwiderte Priska knapp, riss Regina die Haube aus der Hand und setzte sie auf. Dann wollte sie an Regina vorbei, doch der Zwilling hielt sie fest. «Du musst mir helfen, Schwester.»
    Priska zog erstaunt die Augenbrauen hoch. «Wobei soll ich dir helfen? Und wie kommst du auf den Gedanken, dass ich helfen
muss
? Hast du wieder etwas in Erfahrung gebracht, das uns Misshelligkeiten bringt?»
    Priska legte absichtlich so viel Hohn, wie sie nur konnte, in ihre Stimme.
    «Ich brauche Hilfe, Priska. Ich bin krank. Die Franzosenkrankheit hat mich erwischt. Ich werde sterben, wenn du mir nicht hilfst.»
    «Du wirst sterben, weil du noch immer nicht gelernt hast, die Beine zusammenzukneifen. Ich habe mit deiner Krankheit und deinem Tod nichts zu schaffen.»
    «Wir sind doch Schwestern, Priska. Zwillinge sogar, und wir teilen uns   …»
    «…   eine Seele. Ich weiß, Regina, habe es oft genug gehört.Aber du wolltest in den letzten Jahren nur eines: meine Familie und mich vernichten. Deine Schuld ist es, dass der Barfüßermönch Baptist auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Du hast ihn getötet; und meinen Mann hättest du zu gern auch brennen sehen. Warum, um alles in der Welt, soll ich dir jetzt helfen? Meine schwesterlichen Gefühle hast du dein Leben lang missbraucht. Nein, Regina, wir beide haben nichts mehr miteinander zu schaffen. Was immer du tust, was immer du lässt, was immer dir geschieht: Ich wünsche dir Gottes Segen und alles Gute im weiteren Leben.»
    Priska warf den Kopf in den Nacken und wollte davonlaufen, doch irgendetwas lähmte ihre Füße. Sie ist meine Schwester, dachte sie. Trotz allem ist sie nach Nora und Margarete der einzige Mensch, dessen Blut auch durch meine Adern fließt.
    Sie biss sich auf die Lippe. Regina erkannte dieses Zeichen der Schwäche sofort. «Hilf mir! Lass mich nicht sterben! Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.»
    Priska fuhr herum. «Wovon redest du? Ich habe keine Geheimnisse.»
    In Reginas Augen war wieder dieser verschlagene Ausdruck getreten. Priska sah es und erschrak. Sie schüttelte den Kopf und wollte sich an Regina vorbeidrängen, doch Regina zischte leise: «Du bist eine Judenhure. Du hast bei ihm übernachtet.»
    Dann lachte sie laut und böse, zischte weiter: «Du denkst, du bist etwas Besseres als ich, aber das bist du nicht. Ja, vielleicht habe ich Ehebruch begangen, aber ich habe es mit einem Christen getan. Du aber hast für einen Hostienschänder die Beine breit gemacht. Und ich weiß auch ganzgenau, wer der Vater deiner Tochter ist. Nora heißt sie, nicht wahr? Und Aron heißt dein Liebster.»
    «Du redest wirres Zeug», erwiderte Priska mit fester Stimme. «Geh doch zum Rat, wenn du meinst, etwas zu sagen zu haben. Geh hin, bring vor, was immer du willst. Ich habe keine Angst mehr vor dir. Sieh dich an. Wer soll dir Glauben schenken?»
    Regina senkte den Kopf. «Du hast mir alles weggenommen», sagte sie. «Du hast mein Leben zerstört. Genau so, wie die Silberschmiedin Eva das Leben ihrer Schwester Susanne zerstört hat. Ich hätte es wissen müssen.»
    Dann sah sie hoch. «Ich werde sterben, Priska. Du kannst auf meinem Grab

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