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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Nachricht inzwischen bekommen hatte, würde er …
    Was?
    Sie starrte den Laptop an.
    Was würde er ihr antworten? Warum sollte er ihr überhaupt antworten? Nein, sie wollte das nicht lesen. Sie würde das nicht lesen, was immer er auch geschrieben hatte. Sofern überhaupt er es war, der die Mail geschickt hatte – vielleicht waren es auch bloß die neuen Amazon-Angebote.
    Sie würde den Laptop ausschalten, noch ein Glas Wein trinken und schlafen. Ja, genau das würde sie tun. Sie würde sich nicht auf dieses Spiel einlassen, weil sie es nicht nötig hatte.
    Sekundenbruchteile nach diesem Gedanken öffnete sie die Mail.
    Alex Hobdon
    Habe deine Mail erhalten. Was ist los? Ich meine … galt die Mail wirklich mir? Arschloch? Tausend Fragezeichen. Abertausende! Bin, zugegebenermaßen, verwirrt. Schreib mir, was los ist.
    Sie starrte die Zeilen an. Ihr Herz schlug schneller. 126 bpm und mehr. Es war ganz still in der Wohnung. Sie hatte es vorhin, bevor sie sich den Laptop geschnappt hatte, versäumt, die B-Seite der Schallplatte aufzulegen.
    Holly_Go!
    Von wegen Chicago, GraphiCon. Stell dich nicht dumm!
    Alex Hobdon
    Ich habe keine Ahnung, was du meinst.
    Mit einem Mal hasste Faye die Mail-Schreiberei. Chatten wollte sie aber auch nicht. Wäre nicht alles einfacher gewesen, hätten sie miteinander geredet?
    Holly_Go!
    Wann bist du wieder hier? Lass uns dann reden. Und uns treffen!
    Mist, Mist, Mist! Hatte sie das wirklich geschrieben? Warum sich mit ihm treffen? Wozu? Sie hatte es nicht nur geschrieben, sondern auch abgeschickt. Dabei hätte sie sich rar machen, ihm die kalte Schulter zeigen sollen nach der Nummer von vorhin. Und was hatte sie getan?
    Bevor sie sich weitere Gedanken machen konnte, kam schon die Antwort.
    Alex Hobdon
    Morgen Abend. 9 pm? Kennst du das Sugar & Cinnamon? In der Lawrence Street. Also nicht weit vom Buchladen entfernt.
    Die Lawrence Street, ganz in der Nähe des Tech Colleges. Sie wusste, wo das war. Dann kam ihr dieser Song von Nancy Sinatra in den Sinn. »Bang. Bang. He shot me down. Bang. Bang. I hit the ground«. Hatte er sie nicht vorhin noch nahezu tödlich verletzt?
    Denk nach, denk nach, denk nach! Jetzt schlägt er ein Café vor.
    Sollte sie sich darauf einlassen? Was würde Dana sagen? Nein, auf keinen Fall. Es sei nun an ihr, den Ton anzugeben. Sie solle den Treffpunkt bestimmen. Nicht, weil der wichtig wäre, sondern weil es ums Prinzip ging. Sie solle konsequent sein. So einfach dürfe sie es ihm nicht machen.
    Ja, so oder so ähnlich würde ihre Freundin argumentieren. Aber brauchte sie das jetzt wirklich?
    Wider besseres Wissen fiel Fayes Antwort kurz aus:
    Holly_Go!
    Okay. Bin dort.
    Hektischer Doppelklick und weg damit.
    Irgendwo bekam Alex Hobdon jetzt diese Mail und würde siegessicher grinsen, oder zumindest tat er das in Faye Archers Vorstellung, die, das musste sie sich eingestehen, ein wenig aus der Bahn geraten war an diesem Abend.
    »Genug für heute«, sagte sie entschlossen, stellte den Laptop auf den Boden, ließ sich auf die Couch sinken und ballte die Fäuste. »Genug, genug, genug! Schließ die Augen und schlaf!« Mit sich selbst zu schimpfen war nur begrenzt hilfreich. Sie lag da, mal auf dem Rücken, mal auf der Seite, zog sich die Decke bis zum Hals, verkroch sich unter ihr, und irgendwann, ja, irgendwann an diesem Abend, schlief sie dann endlich ein.

7
    Leiser Regen weckte sie, noch bevor der Wecker unangenehm laut werden konnte. Das hohe Fenster im Wohnzimmer war noch immer gekippt, das Geräusch des Prasselns deswegen umso vernehmlicher.
    Zuerst wusste Faye nicht, wo sie war, denn sie hatte nicht geträumt, dass es regnet. Sie wusste nicht mehr, was sie geträumt hatte, aber es war ein schöner Herbsttag gewesen in ihrem Traum, so viel war sicher, einer, der ganz ohne eisigen Regen und Sturm auskam. Sie öffnete träge die Augen und registrierte, wie grau die Welt an diesem Morgen war. Die Farben schienen von all dem Wasser fortgeschwemmt worden zu sein. Autos fuhren durch Pfützen, Bremsen quietschten, alles inmitten des Vorhangs aus Regen. Faye seufzte schlaftrunken. Ihr Blick fiel auf die leere Rotweinflasche, die neben der Couch auf dem Boden stand. In dem Glas hatten sich Ränder gebildet, der Geruch des Weins stieg ihr unangenehm in die Nase. Sie fasste sich an den Kopf, strich sich die Haare aus dem Gesicht, rieb sich die Augen. Dann setzte sie sich auf und hatte das Gefühl, ihr Kopf würde explodieren.
    »Blöder Rotwein«, murmelte sie. Faye

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