Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
konnte man sie problemlos auf der Straße und in öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren. Bevor die beiden Männer ins Hotel gingen, kauften sie auf einem nahe gelegenen Markt noch Futter für die Tiere. Lauri vermutete ganz richtig, dass die Mungos gern Schnecken und Kleinnager fraßen. Beides war auf dem Markt reichlich im Angebot. Mäuse, lebende und tote, gab es zu Hunderten billig zu kaufen. Die Männer erwarben außerdem zwei Kilo Schnecken und Krebse. Im Hotelzimmer angekommen, offerierten sie den Mungos eine Auswahl ihrer Einkäufe. Alles war den Tieren recht, sie schleckten auch gern das frische Wasser, das Lauri und Kalle ihnen in ihre Trinkschalen füllten.
Die Vorbereitungen für die Tibet-Reise waren also auf einem guten Weg. Nun wollten die beiden Freunde nochmals einen Versuch wagen, das im Exil lebende geistliche Oberhaupt Tibets, den Dalai Lama, zu treffen. Diesmal, so glaubten sie, würde er einem Treffen zustimmen, hatten sie doch, außer der Gebetsmühle, die Zusage für Visa und die detaillierten Entwürfe für drei Reisebücher vorzuweisen. Sie glaubten, dass der Dalai Lama sie auch deshalb gern empfangen würde, da sie beabsichtigten, in die Hauptstadt seiner ehemaligen Heimat zu reisen. Sie riefen seinen Sekretär in der Residenz der Exilregierung nahe der chinesischen Grenze an und bekamen tatsächlich die Einladung für einen Besuch bereits für den nächsten Tag.
Lauri und Kalle hielten das Treffen mit dem Dalai Lama für äußerst wichtig. Der Mann war zwar gestürzt worden und hatte vor den Chinesen und dem blanken Terror der Besatzungsmacht aus Tibet fliehen müssen, trotzdem war seine Autorität auch nach jenen historischen Wirren unangetastet geblieben und in vielerlei Hinsicht sogar noch gestärkt worden. Der Dalai Lama war damals unter Lebensgefahr und nur begleitet von ein paar Führern mit ihren Yaks auf Gebirgspfaden in den Nordosten Indiens geflüchtet, wo er eine Exilregierung gegründet und sich an ihre Spitze gestellt hatte. Wenn dieser in der ganzen Welt geachtete religiöse Führer sich Kalles Gebetsmühle auch nur vorführen ließe, würde das riesige Märkte eröffnen, selbst wenn sich der Dalai Lama nicht persönlich an der kommerziellen Verbreitung des Apparates beteiligen würde. Aber ihnen beiden, Kalle und Lauri, würden schon sein bloßes Interesse und seine prinzipielle Befürwortung ausreichen. Die Gebetsmühle war in mehrfacher Hinsicht ein modernes Gerät, das den vielen Millionen Bewohnern Asiens nutzen würde und mit dem womöglich sogar die hoch bezahlten Priester und Mönche eingespart werden könnten. Gewissermaßen wäre die Gebetsmühle ein Instrument geistlicher Entwicklungshilfe und ganz sicher eine erfolgreiche Erfindung, sofern der Dalai Lama sie grundsätzlich akzeptieren würde.
Der Dalai Lama war körperlich noch fit, obwohl er inzwischen recht betagt war. Das ehemalige Oberhaupt Tibets, dessen ursprünglicher Name Tenzin Gyatso lautete, war ein unerschütterlicher Verfechter des Friedens. So war er denn auch 1989 mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden, was die Chinesen scharf verurteilt hatten. Außerdem war der Dalai Lama ein vielseitig gebildeter Mann. Er war nicht nur das religiöse Oberhaupt seines Volkes, und das obwohl er sich im Exil befand, sondern auch ein geachteter und kluger Schriftsteller. Von all den Werken, die er veröffentlicht hatte, galten Das Meer der Weisheit und Das Buch der Freiheit als die wichtigsten. Sein Ziel war es gewesen, die Autonomie für sein Heimatland zu erreichen, aber darauf hatten sich die Besatzer nicht eingelassen. Und die Realisierung des gewaltigen Eisenbahnprojekts zwischen Peking und Lhasa brachte eine noch engere Verschmelzung beider Länder mit sich. Die Chinesen betrachteten das als großen Fortschritt für Tibet. Die Tibeter hingegen hielten die Bahnverbindung bloß für ein weiteres Mittel zur Unterwerfung ihres Volkes. Lauri und Kalle standen also im Begriff, ebendiese Bahnstrecke zu befahren, und deshalb erschien es ihnen unerlässlich, vor ihrer Abreise mit dem Dalai Lama zu sprechen.
Der Dalai Lama wohnte in der nordöstlichen Provinz Indiens in nahezu ärmlichen Verhältnissen. Sein Haus war zwar einigermaßen geräumig, aber von außen wirkte es bescheiden, und es hatte nicht die einem Staatschef gebührende Würde. Ein paar Angestellte, zwei Sekretäre, ein Chauffeur, ein Koch, ein Putzmann und ein Hausmeister wohnten in einem Nebengebäude, von dort aus unternahmen sie auch die
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