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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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allen, die im Hause sind.«
    »Du kennst dich mit der Bibel aus …«
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich Seminarist gewesen bin.«
    »Du hast viel gesagt. Unter anderem hast du dich selbst Lügner genannt.«
    »Das war gelogen. Da fällt mir ein, Pater Daniels … Wissen Sie vielleicht, was ein ›Scheffel‹ ist?«
    »Ein Behälter für das Messen von Getreide. Es ist auch eine Maßeinheit.«
    »Ah.«
    Bune setzt sich auf den Boden.
    Ich folge seinem Beispiel.
    »Ich wollte mit dir über das reden, was du uns erzählt hast«, beginne ich.
    »Warum? Haben Sie die anderen nicht gehört? Es sind nur die Fantastereien eines Alten.«
    »Nur einer hat dich verspottet.«
    »Aber auch die anderen waren nicht sonderlich an dem interessiert, was ich ihnen zu sagen hatte.«
    »Ich schon. Ich würde gern hören, was du nicht gesagt hast. Der Text geht noch weiter, oder? Es stand noch mehr an der Wand geschrieben.«
    Bune schweigt eine Zeit lang.
    Dann hebt er den Blick.
    Und lächelt.
    »Dann wird Gott Frieden bringen seinen Kindern, zwischen dem einen Volk und dem anderen, bis sie nicht mehr getrennt sind. Und sein Geist wird über den Wassern schweben und ihnen Leben zurückgeben, und seine rechte Hand wird die Wolken teilen, und das Licht des Herrn wird auf die Erde zurückkehren. Die Wunden werden heilen, und was steril war, wird wieder fruchtbar, und der Baum, der keine Früchte mehr gab, wird sprießen. Und der Friede des Herrn wird bis in alle Ewigkeit über die Erde regieren.«
    »Das stand an der Wand geschrieben?«
    »Ja.«
    »Und sonst nichts?«
    Bune wirkt verärgert und auch ein bisschen nervös.
    »Doch. Ihr Name stand dort geschrieben: Pater John Daniels. Und Ihre Sozialversicherungsnummer.«
    »Du scherzt.«
    »Natürlich.«
    »Und sonst nichts?«
    »Einige Sätze.«
    »Wie lauten sie?«
    Bune schüttelt den Kopf.
    Ich bitte ihn, mir auch die letzten Sätze zu nennen.
    Schließlich gibt er nach und nickt.
    »In der Stadt des Evangelisten Markus, in der Stadt, die ein toter Wald ist, wird alles zu Ende gehen und neu beginnen. Neue Himmel und neue Erde. Dort wird der Bogen des Friedens zwischen Gott und dem Menschen errichtet, Kreuz für die Niederträchtigen und Rettung für die Reinen. Die Zeichen werden nicht dieser Generation gegeben, doch die nächste wird sehen, wie Gottes Hand Wunder vollbringt. Die Herrschaft von Tod und Krankheit wird ein Ende haben. An jenem Tag der Herrlichkeit werden Lebende und Tote gemeinsam gehen, der gewesene Mensch mit dem zukünftigen. Und der neue Pakt wird aufs Meer getragen, bis zu den Grenzen der Welt und der Zeit.«
    Bune schweigt.
    »Das ist alles?«, frage ich.
    »Ja. Genügt es nicht?«
    »Was soll das heißen? Ich verstehe nicht ganz …«
    »Wenn Sie die Bibel wie ich studiert haben, müssten Sie eigentlich wissen …«
    »Müsste ich eigentlich was wissen?«
    »Dass dieser Text unmöglich ist. Er muss eine Fälschung sein.«
    »Warum?«
    »Weil kein Mensch des ersten Jahrhunderts solche Worte geschrieben hätte. Unter anderen Umständen wäre ich davon ausgegangen, dass sich einige Schüler und Studenten einen Scherz erlaubt haben, vor allem was die Erwähnung des Evangelisten Markus betrifft. Es ist ein reiner Anachronismus. Im ersten Jahrhundert hätte niemand die Bezeichnung ›Evangelist‹ verwendet. Ich habe mich damals sehr über den Scherz geärgert, doch als ich dann aus der Grabungsstätte kletterte und sah, wie sich die pilzförmige Wolke der ersten nuklearen Explosion über Rom ausbreitete, und als die anderen Bomben fielen … Da bin ich nach unten zurückgekehrt und habe das hier getan.«
    Bune knöpft sich langsam das Hemd auf, und ich sehe die griechischen Buchstaben, die er sich damals in die Haut geritzt hat, jene vielen kleinen Narben, die fast wie Tätowierungen aussehen. Sein ganzer Körper ist von diesen Zeichen bedeckt.
    Ich starre sprachlos.
    »Das reicht«, bringe ich hervor.
    Bune knöpft sich das Hemd wieder zu, langsam und würdevoll.
    »Welche Erklärung hast du dafür?«, frage ich ihn.
    »Ich habe keine Erklärungen. An Spekulationen mangelt es mir nicht, aber sie hadern mit der Logik. Die am wenigsten verrückte lautet: Die Worte stammen von einem Zeitreisenden, von Nostradamus, der 1500 Jahre in die Vergangenheit reiste. Es ist sein Stil.«
    »Und die verrückteste Spekulation? Wie lautet sie?«
    »Sie geht davon aus, dass im ersten Jahrhundert nach Christus tatsächlich jemand in die Zukunft gesehen hat.«
    »Die Stadt des

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