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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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in der Lagune gefunden. Dieses Glas ist mehr als 1800 Jahre alt. Wundervoll, nicht wahr?«
    Ich nicke und halte es für grandios, dass ein so zerbrechliches Objekt Jahrtausende überdauern kann, ohne etwas von seiner Schönheit einzubüßen.
    Alessia scheint auch diesmal meine Gedanken zu erfassen.
    »Eine Welt ist tot, und mit ihr Milliarden von Menschen. Ganze Städte sind ausradiert, der Planet hat sich in eine radioaktive Wüste verwandelt …«
    Sie öffnet die Vitrine. Es ist eine seltsam surreale Geste, denn die Vitrine hat gar keine Scheiben; es wäre also nicht nötig, die Tür zu öffnen. Aber Alessia öffnet sie trotzdem.
    Mit vorsichtigen Fingern nimmt sie die Ampulle und reicht sie mir.
    »Möchtest du sie zerbrechen?«
    Ich strecke die Hand nach dem fragilen Gegenstand aus. Für einen Moment bin ich tatsächlich versucht, die Ampulle zu nehmen und zu zerdrücken, ihre Schönheit für immer zu zerstören.
    Ich ziehe die Hand zurück.
    »Nein«, sage ich. »Das wäre nicht richtig.«
    Alessia wirkt enttäuscht.
    »Ich weiß, dass ihr Menschen getötet habt, um hierher zu gelangen. Auch du hast getötet.«
    Ich würde es gern leugnen.
    Aber sie sagt die Wahrheit.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich habe getan, was ich tun musste, um hierher zu gelangen. Meine Mission …«
    »O ja, deine Mission. Sie ist wichtig. Nur sie ist wichtig. Zu was bist du sonst noch bereit, für deine heilige Mission?«
    »Zu allem, was notwendig ist«, antworte ich mit einer Traurigkeit, die tief aus meinem Innern kommt.
    »Wärst du auch bereit, mich für deine Mission zu töten?«, fragt Alessia. Sie legt die Ampulle wieder in die Vitrine und schließt die Tür.
    »Nein«, erwidere ich. »Ich wäre auf keinen Fall imstande, dich zu töten.«
    »Und warum nicht?«
    Was soll ich sagen? Was könnte ich sagen?
    Aus meinem Mund kommen Worte, die ich nie von mir erwartet hätte.
    »Weil dies ein wunderschöner Ort ist. Und weil du hierhergehörst. Ich könnte euch nichts antun.«
    »Selbst dann nicht, wenn der Erfolg deiner Mission davon abhinge?«
    »Selbst dann nicht. Ich werde nie dein Feind sein.«
    Alessia wirkt enttäuscht.
    » Nie ist ein wichtiges Wort. Nie betrifft eine ziemlich lange Zeit.«
    Ich denke darüber nach. Sie hat recht. Nie bedeutet wirklich viel, viel Zeit.
    Doch ich zögere nicht, meinen Schwur zu wiederholen.
    »Ich werde dir nie etwas zuleide tun.«
    Alessia lächelt.
    Alles Düstere fällt plötzlich von ihr ab.
    Sie wird wieder zu der unbeschwerten jungen Frau, die mich in meinen Träumen verzauberte.
    »Sieh dir diese Objekte an, John. Gefallen sie dir? Man nennt sie Goti de fornasa , ›Gläser des Ofens‹. Die Künstler, die das Glas bliesen, schufen sie für sich selbst, als nicht für den Handel bestimmte Einzelstücke. Später änderte sich die Situation, aber bei diesen Gläsern hier in der Vitrine handelt es sich um Originale. Sie sind fünfzig Jahre alt und damit älter als du.«
    Die letzten Worte haben einen scherzhaften Ton.
    Etwas Persönliches, fast Intimes kommt darin zum Ausdruck.
    Eine solche Bemerkung wäre zwischen einem Mann und einer Frau normal, die eine Beziehung unterhalten, nicht aber zwischen einer Frau und einem Priester.
    Ich sollte Alessia darauf hinweisen.
    Warum tue ich es nicht?
    Warum erwidere ich stattdessen ihr Lächeln und sage: »In dieser neuen Welt sind nur wenige Dinge älter als ich«?
    Alessia führt mich in andere Zimmer mit weiteren Schätzen.
    »Die Kunstgegenstände haben wir in Palazzi untergebracht, die mehr Sicherheit bieten. Einige Gebäude sind eingestürzt, als sich das Meer zurückgezogen hat. Andere sind einsturzgefährdet.«
    Sie zeigt mir Bilder, erlesene Stoffe und andere Dinge, die in meinen Augen nur Gerümpel sind: eine Barbiepuppe ohne Arm, ein altes Kartenspiel. Sie bewegt sich mit zauberhafter Beschwingtheit, und es fällt mir schwer, den Blick von ihr zu lösen.
    Ich bin nie ein leidenschaftlicher Mann gewesen. Schon als Jugendlicher habe ich die intellektuellen Freuden denen des Fleisches vorgezogen, weil es meinem Wesen entsprach. Das Keuschheitsgelübde war eigentlich nichts weiter als die logische Konsequenz daraus.
    Was mich an dieser jungen Frau reizt, ist ihre Schönheit an sich, eine Schönheit, die sich in meinen Augen kaum von der jener alten Ampulle unterscheidet, die sie mir gezeigt hat. Es ist eine Schönheit, von der ich nicht einmal zu träumen wage, dass sie mir gehören könnte. In meinen Händen würde sie ihre Kostbarkeit

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