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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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geschworen, nicht zu urteilen, sondern zuerst zu versuchen, alles zu verstehen. Und vor dem Versuch zu verstehen wolltest du deinen Geist öffnen.«
    Ich trete einen Schritt vor, der mich an Alessias Seite bringt. Eine Zeit lang blicken wir beide hinaus, hinab ins Tal des trockenen Kanals. Ich versuche mir vorzustellen, wie der Canal Grande mit Wasser gefüllt aussah, und als seine Ufer voller Menschen waren. Jetzt ist dort alles leer.
    »Es muss wunderschön gewesen sein«, flüstere ich.
    »Quomodo sedet sola civitas …«
    »Du kennst dich mit Latein aus.«
    »Ein bisschen. Ich weiß, was die Worte bedeuten, die ich gerade gesprochen habe. ›Wie verlassen ist die Stadt, die einst voller Menschen war.‹«
    »Aber du weißt nicht, wie viele ihr seid.«
    »Ich habe nie gesagt, dass ich es nicht weiß. Ich will es dir nur nicht sagen. Du musst warten. Heute Abend erfährst du alles. Und jetzt … Leg dich hin, ruh dich aus.«
    »Und du? Wohin gehst du?«
    »Fort.«
    »Warum bleibst du nicht?«
    Mir wird plötzlich die Bedeutung meiner Worte klar, und ich fühle, wie ich einmal mehr erröte.
    »Du bist ein großer Mann«, erwidert Alessia, ohne zu zögern.
    »Und ich bin Priester«, füge ich schnell hinzu.
    Alessia schweigt.
    Sie sieht mich an, und ihre Augen scheinen immer größer zu werden, immer dunkler.
    Bis ich fühle, wie die Beine unter mir nachgeben, wie ich zu Boden sinke und liege. Es wird dunkler im Zimmer. Die Schatten lösen sich von den Wänden und kriechen auf mich zu. Schlaf umhüllt meine Gedanken. Starke Hände – sie sind so stark, dass sie eigentlich nicht Alessia gehören können – legen mich in den Schlafsack und ziehen den Reißverschluss zu. Der Schlafsack riecht muffig, und das ist meine letzte bewusste Wahrnehmung.

34
    DIE KATZE
    Etwas Seltsames weckt mich aus dem traumlosen Schlaf. Es fühlt sich nach einem Atem an, der mir über die Wange streicht, nach einem frischen, rhythmischen, fast hypnotisch wirkenden Atem.
    Ich öffne ein Auge und sehe zwei vertikale Pupillen.
    Als ich den Kopf hebe, weicht die Katze drei Schritte zurück. Es sind Schritte, kein Sprung. Das Tier ist sehr selbstsicher.
    Seit dem Tag des Leids habe ich keine Katze mehr gesehen.
    Ich habe sie für ausgestorben gehalten. Mit einer Ausnahme sind alle Tiere, die ich in den vergangenen zwanzig Jahren gesehen habe, Ratten gewesen. Die Kinder jagen sie in den abgelegenen Tunneln der Katakomben und verkaufen ihr Fleisch und ihre Felle.
    Aber eine Katze …
    Es soll Überlebende geben, verwilderte Katzen, die in Rudeln die Ruinen durchstreifen und einzelne Menschen angreifen. Man erzählt sich auch von mutierten Hunden, so groß wie einstige Bären.
    Aber niemand, den ich kenne, hat jemals solche Geschöpfe gesehen.
    Abgesehen von den Ratten bin ich nach dem Tag des Leids nur einem Hund begegnet, dem Bluthund der Mori. Es war ein alter Hund, schwach und krank; Alessandro ließ sich bei seinen wenigen öffentlichen Auftritten von ihm begleiten. Als der Alte starb, begleitete ihn der Hund ins Jenseits, wenn auch nicht in sein Grab. In den Tunnellegenden heißt es, dass er den jungen Moris zum Abendessen serviert wurde.
    So alt, schwach und krank er auch gewesen sein mag: Vermutlich war er eine leckere Mahlzeit …
    Die Katze starrt mich an. An der Intelligenz in ihren Augen besteht kein Zweifel. Jung ist sie, wachsam und vorsichtig, das Fell grau und gestreift, die Augen grün. Sie scheint wohlgenährt und gesund zu sein.
    Ich setze mich auf.
    Das schwache Licht, das durchs Fenster hereindringt, kündet von der Nacht.
    Die Katze sieht mich weiter an.
    Dann dreht sie sich würdevoll um, geht zum Fenster …
    Und verschwindet.
    Sie verschwindet .
    Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Sie scheint sich einfach in Luft aufzulösen.
    Ich blicke verblüfft dorthin, wo die Katze verschwunden ist.
    »Du bist wach«, ertönt die Stimme eines Mannes.
    Ich drehe mich um.
    Eine schwarze Maske bedeckt das halbe Gesicht des großen, hageren jungen Mannes, von der Stirn bis zur Nase. Er trägt eine Art Kostüm, das vielleicht aus dem achtzehnten Jahrhundert stammt und echt zu sein scheint, ebenso wie der Degen an der Hüfte. Goldfäden durchziehen den Stoff von Kniehose und Jacke und bilden ein komplexes Blumenmuster. Ein schwarzer Umhang vervollständigt die Tracht.
    »Wer bist du?«, frage ich.
    »Ich heiße Alberto und bin beauftragt, dich zum Fest zu bringen.«
    »Ich dachte, Alessia würde mich begleiten.«
    »Sie macht sich gerade

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