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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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mich wie mit einer dichten, giftigen Flüssigkeit. Das Bild vor meinen Augen verschwindet und formt sich neu; vielleicht liegt es daran, dass ich mehrmals das Bewusstsein verliere und wieder zu mir komme. Wieder sehe ich die Gestalt, deutlicher als zuvor, und gleichzeitig nimmt meine Verwirrung zu.
    Und dann erreicht mich eine Stimme, so laut wie bei einem Radio, das auf volle Lautstärke eingestellt ist, als man es einschaltet.
    » WER SUCHT DEN PATRIARCHEN? «
    Die Stimme kommt von der Gestalt am Ende des Tunnels. Dürr ist sie, hat lange Arme und einen glatten, glänzenden Körper.
    Etwas an ihr erinnert mich an das geflügelte Wesen, das Jegor Bitka auf dem Dachboden in Torrita Tiberina angegriffen hat, und auch an den armen Gregor Samsa. Doch gleichzeitig wirkt das Wesen vor mir ganz anders, obwohl mich das von ihm ausgehende Leuchten daran hindert, Einzelheiten zu erkennen.
    Die Übelkeit wird stärker, und außerdem habe ich ein schmerzhaftes Pochen in den Schläfen.
    Ich würde mich erbrechen, wenn ich etwas im Magen hätte.
    Das Wesen am Ende des Tunnels scheint meine Gedanken zu lesen.
    Seine Stimme klingt ironisch.
    Seit wann isst du nichts? Seit wann trinkst du nichts?
    Ich schüttele den Kopf oder versuche es zumindest. Aber ich scheine mich in Spinnweben verheddert zu haben oder von dichter Flüssigkeit umgeben zu sein. Mein Kopf bewegt sich langsam von einer Seite zur anderen, viel zu langsam.
    Gefällt dir mein Fest?
    Ich schaffe es nicht, zu antworten.
    Gefällt dir Alessia?
    Ich möchte antworten, dass er – er? – sie nicht erwähnen und in Ruhe lassen soll, aber nicht eine einzige Silbe kommt aus meinem Mund. Trauer streicht durch mein Bewusstsein, eine Trauer, die nicht von mir selbst stammt, sondern von dem Wesen vor mir kommt. In dem wabernden, wogenden Licht kann ich es noch immer nicht deutlich erkennen.
    Eure Welt war schön. Sie hätte noch heute schön sein können.
    Vor meinen Augen erscheint ein Ozean. Das Bild wirkt so echt, dass ich den Atem anhalte, aus Sorge, ich könnte ins Wasser fallen.
    Ich falle tatsächlich, mein Körper stürzt in den Ozean und schwimmt dort wie ein Delfin dicht unter der Wasseroberfläche, vorbei an einem Korallenriff mit prächtigen Farben. Ich halte die Luft so lange wie möglich an, öffne dann den Mund und atme das Wasser, das mich umgibt.
    Ein maritimer Geysir stößt eine große Gasblase aus, und diese Blase trägt mich zum Himmel hoch, zu einem blauen Himmel, wie ihn dieser Planet seit zwanzig Jahren nicht gesehen hat.
    Die Erde war ein Paradies. Wenn ihr das nur verstanden hättet.
    Venedig erstreckt sich Hunderte von Metern unter mir, ein Teppich aus roten Dächern und trockenen Kanälen. Jenseits der Stadt deckt Schnee die Landschaft zu. Venedig erscheint mir wie eine Narbe oder eine Insel im Weiß, das mich ebenso blendet wie das strahlende Blau des Himmels.
    Euer alter Gott hat versprochen, ein Zeichen zu schicken, um auf seinen Frieden mit den Menschen hinzuweisen …
    Ein gewaltiger Regenbogen ragt im Westen auf und erstreckt sich über Dutzende von Meilen hinweg nach Osten.
    Doch das Zeichen, das ich euch schicke, ist viel größer …
    Ich verharre mitten in der Luft, und mein Blick richtet sich – oder wird gerichtet – auf eine fast perfekt rechteckige Insel, die sich wie eine alte Festung aus dem Schnee erhebt.
    Licht geht von der Insel aus, helles, fast gleißendes Licht, wie ein Fanal.
    Komm zu mir, Mensch. Tritt mir gegenüber. Ich erwarte dich auf der Insel der Toten …
    Auf einmal falle ich, aus großer Höhe. Ich bewege Arme und Beine, kann den Sturz aber nicht verlangsamen.
    Der Aufprall …

37
    WAS ÜBRIG IST
    Der Aufprall findet nicht statt.
    Er findet nicht statt.
    Ich habe mit dem Tod gerechnet.
    Ich habe erwartet, mir alle Knochen im Leib zu brechen und zu Brei zu werden.
    Stattdessen öffne ich die Augen und sehe einen Holzboden.
    Zuerst bleibt das Bild verschwommen, aber nach und nach erkenne ich Einzelheiten: lange, gewölbte Dielen, der zerfranste Rand einer schmutzigen Gardine, die vielleicht einmal weiß war, jetzt aber verschiedene Grautöne zeigt.
    Schwaches Licht fällt auf Staubflusen dicht vor meiner Nase.
    Ein Windhauch erfasst den kleinen Bausch und lässt ihn zur Wand rollen.
    Der Boden ist kalt.
    Ich nehme dieselbe Position ein wie bei der Vision vom Tunnel.
    Doch um mich herum findet kein Fest mehr statt, und es ist Tag, nicht Nacht.
    Unter großen Schmerzen drehe ich mich auf den Rücken.
    Oben sehe ich

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