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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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inzwischen ist mir klar, dass dieser Häuserblock auf vier Seiten von Kanälen umgeben ist, und ich habe nicht die Kraft und nicht genug Zeit, einen von ihnen zu durchqueren.
    Und so laufe ich weiter, die linke Hand auf die Wunde im rechten Arm gedrückt.
    Alessia ist nicht mehr bei mir. Ich bin allein.
    Jemand pfeift, etwa fünfzig Meter hinter mir. Wenn diese Calle gerade verliefe, hätte mich der Betreffende schon gesehen.
    Ich erreiche einen weiteren Platz, noch kleiner als der vorherige.
    Erneut versuche ich, mich an die Karte zu erinnern, und dort ist sie, so klar und deutlich, als hielte sie mir jemand vor die Augen.
    Ich blicke nach oben und halte nach dem Namen des Platzes Ausschau.
    Dann senke ich den Blick.
    Dort!
    Ein Stein mit sieben Löchern.
    Er ist schwer. Selbst mit zwei Händen wäre es nicht leicht, ihn zu heben, geschweige denn mit einer …
    Aus und vorbei.
    Die Rettung so nahe … Aber es ist vorbei.
    Keuchend stütze ich mich auf den Rand des Brunnens in der Mitte des Platzes.
    Ich starre nach unten.
    Jetzt gibt es nur noch eines zu tun.
    Die Schritte der Jäger klingen wie der Trommelschlag vor einer Hinrichtung.
    Es sind drei.
    Ihre Rufe übertönen das Zischen des Winds, der über die alten Mauern streicht.
    Sie versuchen nicht, sich zu verbergen.
    Sie sind schnell, entschlossen und selbstsicher.
    Ich bin unten im Brunnen versteckt und höre sie kommen.
    Lautlos drücke ich mich an die kalte, feuchte Wand und versuche, unsichtbar zu werden. Ich sehe nicht nach oben, wo sich im Zwielicht die runde Öffnung des Brunnens abzeichnet. Der Wind treibt Schneeregen vor sich her, formt daraus einen grauen Vorhang – das weiß ich, ohne ihn zu sehen. Ich weiß auch, dass die Wolken über der toten Stadt ein anderes Grau zeigen.
    Es gab eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass der Brunnen isoliert ist, nicht mit dem Netz aus Brunnen und Zisternen verbunden, das sich unter der Stadt erstreckt.
    Eine geringe Wahrscheinlichkeit.
    Aber auch Unwahrscheinliches kann zutreffen, so wie in diesem Fall.
    Es gibt keinen Weg aus diesem Loch.
    Ich dränge mich an die Wand, so wie ich als Kind unter die Bettdecke gekrochen bin, aus Furcht vor Ungeheuern und Monstern.
    Jetzt gibt es sie wirklich, die Ungeheuer und Monster, und sie sind hinter mir her.
    Ich kann nicht mehr hoffen, dass mein Vater sie verjagt, indem er das Licht einschaltet. Es gibt ihn nicht mehr, ebenso wenig meine Mutter, in deren Umarmung ich damals flüchten konnte.
    Pulsierender Schmerz kommt von der Wunde dicht unter der Schulter, aber der Schmerz scheint jetzt fern zu sein. Es fühlt sich an, als sei mein Arm fünf Meter lang. Die Kugel hat ihn durchschlagen und ein Loch darin hinterlassen. Ich habe einen Lappen hineingestopft, um die starke Blutung zu stoppen.
    Die Kraft hat mich verlassen.
    So oft ich mir diesen Moment auch vorgestellt habe, ich bin nicht auf ihn vorbereitet. In einem Brunnen zu sterben, in einer Stadt voller lebendig gewordener Albträume …
    Tausend zusammenhanglose Erinnerungen gehen mir durch den Kopf, wie die Splitter eines zerbrochenen Spiegels.
    Die Schritte sind nur noch wenige Meter vom Brunnen entfernt. Gleich beugen sich die Verfolger über den Rand und blicken zu mir herab.
    Ich schließe die Augen.
    Und rechne nicht damit, sie wieder zu öffnen.
    Ein weißer Blitz sticht durch die Dunkelheit.
    Dann noch einer.
    Zwei Taschenlampen leuchten in die Finsternis.
    »Er ist hier, Hauptmann!«, ertönt eine Stimme, von einer Gasmaske verzerrt.
    Ruhige Schritte nähern sich zielstrebig dem Brunnen.
    Trotz des Atemfilters erkenne ich Durands Stimme.
    »Dr. Livingstone, nehme ich an. Wie kommt es, dass du dort unten hockst?«
    »Es gibt eine Leiter …«
    »Dann klettere sie bitte hoch. Bist du unbewaffnet?«
    Ich nicke.
    »Bist du unbewaffnet, John?«, fragt Durand erneut und nicht mehr so geduldig wie vorher.
    »Ja!«, rufe ich.
    »Dann komm hoch. Na los, ich will dich sehen.«

39
    FAMILIENTREFFEN
    »Du hast uns richtig leidgetan, Pater. Es war eine große Überraschung für uns, festzustellen, dass du es warst. Wir hatten schon ziemlich oft geschossen und konnten deshalb nicht einfach rufen: ›He, John, komm her, wir sind es, deine Freunde vom Vatikan!‹ Als wir zu der Scheißkirche auf Rädern zurückkehrten, waren wir ziemlich baff, dass du weg warst. Wie hast du es geschafft, dich zu befreien? Pauli war stinksauer. ›Niemand befreit sich aus meinen Knoten, niemand! ‹, hat er immer wieder gesagt.«
    Während

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