Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
Vom Netzwerk:
ein Walkie-Talkie hervor.
    »Die Zivilisten sollen sich versammeln. Ich will sie alle im Speisesaal sehen, um acht Uhr. Wer dort nicht erscheint, wird gesucht, klar? Alle versammeln sich im Speisesaal!
    Das gilt auch für Sie, Priester«, fügt der Hauptmann hinzu und steckt das Funkgerät wieder ein. Dann geht er wütend fort.
    Die halb verhungerte Krähe starrt auf die Maschine. Der Gestank von verbranntem Plastik ist widerlich.
    »Was ist das?«, frage ich den Mann. »Welchem Zweck dient das Aggregat?«
    »Dieser Regler kontrolliert die Menge des Treibstoffs, der vom Methanbeutel zum Heizwerk geleitet wird. Ohne ihn haben wir in einigen Stunden kein Licht mehr, und was die Heizung betrifft … Es ist eine Frage von ein oder spätestens anderthalb Tagen. Dann dürfte es hier unten so kalt sein wie in einem Grab.«
    »Haben Sie keine Öfen?«
    »Doch, natürlich. Aber was verbrennen wir in ihnen? Es sind Gasöfen!«
    Der Mann wirkt wie ein Besessener. Michelangelo hätte ihn vermutlich als Modell für einen der Propheten in der Sixtinischen Kapelle ausgewählt. Einen, der Katastrophen ankündigt.
    »Wer könnte es gewesen sein?«, frage ich wie zuvor Durand.
    Der Mann schüttelt den Kopf.
    »Ein Irrer.«
    »Also?«
    »Also kommt jeder von uns infrage. Alle Bewohner der Stazione Aurelia sind verrückt. Wussten Sie das nicht? Alle! Wir haben vom Baum des Wissens gegessen und dadurch den Verstand verloren. Wer weiß, vielleicht bin ich es gewesen. Ich kenne diesen Teil der Station am besten und …«
    Der Kopf des Mannes platzt auseinander, bildet eine Wolke aus Blut, zerfetzter Gehirnmasse und Knochensplittern. Die eine Seite des Gesichts löst sich wie eine Maske und klatscht gegen die Wand. Der Rest des Körpers – der Rumpf, die erschlafften Arme – sinkt langsam zu Boden.
    Bune steht neben der Tür und pustet wie ein Westernheld auf die Mündung seines Gewehrs.
    »Einer weniger«, sagt er und grinst.
    »Du Vollidiot!«, donnert Durand und kommt hereingelaufen. »Warum hast du auf ihn geschossen?«
    »Er hat die Sabotage praktisch gestanden.«
    Ich schüttele den Kopf. »Er meinte, es könnte jeder gewesen sein.«
    Durand richtet einen angewiderten Blick auf den Soldaten.
    »Ich sollte dich vors Kriegsgericht stellen. Du weißt ja, wie das bei uns funktioniert, nicht wahr? Du, ich und eine Kugel.«
    »Jawohl, mein Führer!«
    »Verschwinde, du Armleuchter!«
    »Sie bestrafen ihn nicht?«, wende ich mich ungläubig an Durand.
    »Warum sollte ich?«
    » Warum Sie ihn bestrafen sollten? Er hat gerade kaltblütig einen Menschen erschossen!«
    Der Hauptmann zuckt mit den Schultern. »In weniger als zwei Tagen wird dieser Ort ein großes Grab sein. Der Saboteur wollte Selbstmord begehen und alle anderen in den Tod mitnehmen. Wenn dieser Mann hier schuldig war, umso besser. Wenn nicht … Es macht letztendlich keinen Unterschied.«
    Für einen Moment bin ich versucht, von der Beichte der Frau des Diakons zu erzählen. Aber ich halte mich zurück.
    »Warum sprechen Sie vom Tod dieser Leute? Sie können doch im Neuen Vatikan unterkommen.«
    »Ach, glauben Sie? Wir haben mit den Motorschlitten Stunden gebraucht, um hierher zu gelangen. Die Bewohner der Stazione Aurelia müssten zu Fuß gehen und würden für die Strecke nicht weniger als drei Tage brauchen. Niemand von ihnen bliebe am Leben. Nein, es ist besser für sie, wenn sie hierbleiben. Schade um die Treibhäuser. Es war nicht schlecht, gelegentlich frisches Essen zu genießen. Na ja, da kann man nichts machen.«
    »Da kann man nichts machen? Wieso sind Sie plötzlich so zynisch? Wir reden hier von Dutzenden Menschen!«
    »Es ist alles eine Frage des Blickwinkels. Man kann die Dinge auch anders sehen.«
    »Was wird Kardinal Albani sagen, wenn Sie diese Leute einfach sterben lassen?«
    Durand lacht.
    Es ist kein sehr heiter klingendes Lachen.
    »Albani weiß gar nichts von diesem Ort. Wir haben ihn entdeckt. Er gehört uns.«
    »Er gehört Ihnen?«
    »Ein militärischer Vorposten. Unter unserem Kommando. Und zu unserer Verfügung. Stellen Sie sich die Station als ein … Protektorat vor. Wir garantieren die Sicherheit dieser Leute. Und unser Stillschweigen …«
    »Stillschweigen?«
    »Dies geht Sie nichts an, Priester.«
    »Bis gestern haben Sie mich Pater genannt.«
    »Gestern war gestern.«
    Ich deute auf die Maschine, die der Erschossene »Regler« genannt hat. Noch immer steigt Rauch auf, und in dem dunklen Wogen zeigen sich kleine Flammen, wie die Köpfe von

Weitere Kostenlose Bücher