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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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oder einfach zu sehen bekam. Sie hatte einige Auseinandersetzungen mit ihm, bei denen fast das Dach über ihren Köpfen eingestürzt wäre. Rogan hatte sich geweigert, einzusehen, daß Liana noch für etwas anderes gut sei als für das Vergnügen im Bett und das Kochen guter Mahlzeiten. Und egal, wie oft sie ihm das Gegenteil bewies — er schien sich nie daran erinnern zu können oder gar etwas aus ihren Taten zu lernen.
    Selbst als sie die Prüfung bestanden hatte, und er sogar mit ihr darüber scherzte, hatte sie mit ihm am Ende doch um die Erlaubnis zu kämpfen, daß sie mit ihm über die Streitigkeiten der Bauern zu Gericht sitzen durfte. Sie wies ihn darauf hin, daß es ihr gelungen war, die Diebe herbeizuschaffen; aber das konnte ihn nicht erschüttern. Er hatte beschlossen, daß sie nicht die Fähigkeiten besäße, ein Gerichtsurteil zu fällen, und weder Vernunft noch Logik vermochten ihn von seinem Stundpunkt abzubringen.
    Schließlich brach sie in Tränen aus. Rogan war nicht ein Mann, der sich vom Anblick weiblicher Tränen rühren ließ; aber was ihn störte, war ihr trauriges Gesicht. Er schien zu denken, daß es ihre Pflicht sei, immer zu lächeln und fröhlich zu sein. Aber nachdem Liana anderthalb läge lang mit unglücklichem Gesicht umhergeschlichen war, gab er nach und sagte, daß sie bei Gericht neben ihm sitzen dürfe. Sie hatte ihm die Arme um den Hals geworfen und ihn geküßt — und dann hatte sie ihn zwischen den Rippen gekitzelt.
    Severn war in die Lord’s Chamber gekommen und hatte die beiden über den Fußboden hinrollen sehen. Liana hatte dabei ihren Kopfputz verloren, und ihre Haare fie-len wie ein Vorhang über sie und Rogan, während sie seinen großen Bruder kitzelte und er sich vor Lachen nicht mehr zu helfen wußte. Severns Wut hatte sie beide sofort ernüchtert.
    Severn, dachte Liana. Sie war immer noch erstaunt darüber, daß ihr Schwager ihr so viel Unglück zufügen konnte.
    In den ersten Tagen nach ihrem Einzug in der Burg schien er doch auf ihrer Seite gestanden zu haben; aber in dem gleichen Maß, wie sich Rogan verändert hatte, hatte auch Severn sich verändert. Nun verhielt er sich fast so, als würde er sie hassen, und er tat alles, um Rogan gegen sie einzunehmen. Nicht daß Rogan ein einzigesmal ihr gegenüber erwähnte, was zwischen ihm und Severn vorging. Nein, sie mußte sich da ganz auf Gaby als Informationsquelle verlassen. Auf dem Übungsfeld verhöhnte Severn seinen Bruder und versuchte ihn damit lächerlich zu machen, daß er behauptete, eine Frau führte ihn an der Leine.
    Und je mehr Liana von Severns Treiben erfuhr, um so mehr strengte sie sich an, Rogan Behaglichkeit und Wärme zu vermitteln. Am Abend bemerkte sie zuweilen, wie zerrissen er innerlich war, als kämpfte er mit sich, ob er die Annehmlichkeiten ihres Söllers genießen oder allein bleiben sollte in seinem Brütezimmer.
    Sein Brütezimmer löste ihren zweiten großen Streit aus. Nachdem er zwei Nächte hintereinander dort allein verbracht hatte, ging Liana zu ihm hinein. Sie klopfte nicht an oder bat um die Erlaubnis, eintreten zu dürfen — sie marschierte einfach durch die Tür, während ihr das Herz in den Ohren klopfte. Er hatte sie angebrüllt. Er hatte sich gebärdet wie ein Tobsüchtiger; aber etwas in seinen Augen hatte ihr verraten, daß er im Grunde über ihr Eindringen gar nicht so unglücklich war.
    »Was ist denn das?« hatte sie gefragt und auf einen Stoß von Papieren auf dem Tisch gedeutet.
    Er hatte noch ein wenig gepoltert und geschimpft, ihr aber dann am Ende seine Skizzen gezeigt. Liana wußte nicht viel über Kriegsmaschinen; aber von Landmaschinen verstand sie etwas, und so sehr verschieden voneinander waren die Geräte gar nicht. Sie hatte ein paar Vorschläge gemacht, und diese hatten sich als gut erwiesen.
    Aus ihrem Streit war ein herrlicher Abend geworden, den sie zusammen, über die Skizzen gebeugt, in dem Brütezimmer verbrachten. Mehrmals hatte Rogan gefragt: »So etwa?« oder »Ist das jetzt besser?« oder »Ja, ich glaube, so könnte es funktionieren.«
    Wie schon so oft, hatte auch diesmal Severn den Abend verdorben. Er hatte die halb offene Tür ganz aufgestoßen und dann dagestanden und sie mit offenem Mund angestarrt. »Ich hörte, daß sie hier wäre«, hatte er leise gesagt, »aber ich wollte es nicht glauben. Dieser Raum war unserem Bruder Rowland und unserem Vater heilig. Aber jetzt läßt du eine Frau hier herein. Und weshalb?« Er deutete mit dem Kopf

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