Die Zaehmung
den ganzen Tag über im Bett. Liana brachte Rogan dazu, ihr aus seinem Leben zu erzählen, als er noch ein Knabe war — über die Dinge, von denen er geträumt hatte und an die er als Kind gedacht hatte. Sie konnte sich dessen nicht sicher sein; aber sie hatte den Eindruck, daß er noch nie zuvor in seinem Leben wirklich mit einem anderen Menschen geredet hatte.
Bei Sonnenuntergang erwähnte Liana, daß sie etwas von ihrer reichen Mitgift dafür verwenden wollte, einen Anbau in Moray Castle zu errichten. Rogan war sprachlos, so entsetzt war er von diesem Vorhaben. »Das ist kein Land der Peregrines«, sagte er. »Die Howards haben es uns . . .«
». . .ja, ja, ich weiß. Aber ihr habt jetzt zwei Generationen lang in dieser Burg gelebt. Unsere Kinder werden die dritte Generation sein, die hier wohnt. Was ist, wenn es noch weitere fünf Generationen dauert, ehe die Peregrines ihr Land zurückbekommen? Sollen die alle in einem Gebäude leben, wo es durch das Dach tropft? Oder auf so winzigem Raum? Wir könnten einen Flügel im Sü-
den anhängen — einen richtigen Flügel mit getäfelten Wänden. Wir könnten eine Kapelle bauen und . . .«
»Nein, nein, nein«, sagte Rogan, stand auf und blickte mit funkelnden Augen hinunter auf das Bett. »Ich werde kein Geld in diese winzige Burg stecken. Ich werde warten, bis ich das Land wiederhabe, das die Howards uns stahlen.«
»Und bis dahin wirst du jeden Pfennig, den ich dir in die Ehe brachte, in die Kriegsführung stecken?« Lianas Augen blitzten vor Zorn. »Hast du mich geheiratet, damit du Krieg führen kannst?«
Rogan wollte schon losbrüllen, ja, dies genau sei der Grund gewesen, warum er sie geheiratet hatte; aber da änderte sich der Ausdruck seiner Augen. »Ich habe dich geheiratet, weil deine Schönheit die aller anderen Frauen übertraf«, sagte er sanft. »Die meiner ersten Frau inbegriffen.«
Liana blickte mit vor Staunen geöffnetem Mund zu ihm hoch, und dann sprang sie aus dem Bett, warf sich auf ihn und schlang ihm die Beine um die Hüften und die Arme um den Hals.
»Mein schöner Gemahl — ich liebe dich so sehr!« rief sie vor Freude.
Rogan drückte sie fest an sich. »Ich werde das Geld so ausgeben, wie ich es für richtig halte.«
»Ja, natürlich, und als gehorsame Ehefrau würde ich dir niemals widersprechen; aber laß mich dir nur noch sagen, wie ich mir die Vergrößerung der Burg vorstelle.«
Rogan stöhnte. »Zuerst trennst du mich von meinen Weibern, dann lädst du mir eine Horde rothaariger Fratzen auf und nun willst du mir vorschreiben, wie ich mein hartverdientes Geld ausgeben soll.«
»Hartverdientes Geld!« rief Liana. »Du hast ja nicht einmal das Hochzeitsfest besucht, das ich so sorgfältig vorbereitet hatte. Und du hast meine Stiefmutter beleidigt.«
»Das hatte sie auch nötig. Sie hätte sogar eine Tracht Prügel verdient.«
»Und du würdest dich freuen, sie ihr verabreichen zu können?« fragte Liana mit hochgezogenen Brauen.
»Ich würde sie nicht anfassen wollen«, sagte er leise, während er Liana im erlöschenden Tageslicht betrachtete. »Und nun komm zu Tisch, denn mein demnächst zur Hölle fahrender Bruder hat uns das Abendessen heruntergelassen.«
Einer in den Armen des anderen liegend, verbrachten sie die nächste Nacht, und kurz vor dem Einschlafen murmelte Rogan, daß er über die Erweiterung von Moray Castle »nachdenken wolle«. Und Liana hatte dabei ein Gefühl, als habe sie eine große Schlacht gewonnen.
Als sie am Morgen erwachte, sah sie Rogan mit steinernem Gesicht geradeaus starren. Sie stützte sich auf einen Ellenbogen auf, blickte in die gleiche Richtung wie er und sah die Tür ihres Gefängnisses offenstehen. Liana hatte sich noch nie in ihrem Leben so deprimiert gefühlt wie in diesem Moment.
»Wir könnten sie ja wieder abschließen«, flüsterte Liana.
»Nein«, sagte Rogan. »Ich muß mich dem Spott meiner Leute stellen.«
Liana hatte nicht bedacht, wie seine Ritter ihren Meister betrachten würden, der wegen einer Ehezwistigkeit mit seiner Frau in ein Turmzimmer eingesperrt gewesen war.
Es wurde ihnen keine Zeit gelassen, entsprechende Spekulationen anzustellen, weil Gaby in das Zimmer stürmte und so schnell redete, wie Zunge und Zähne es ihr erlaubten. Es schien, daß Severn das Gerücht verbreitet hatte, daß Rogan befohlen habe, ihn und sein Weib in einem Zimmer einzusperren, damit er sie züchtigen könne. Rogans Ruf war also heil geblieben.
»Und wie steht es mit meinem?«
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