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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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viel Unrat umher, waren die Dunghau-fen in den Ställen kleiner geworden und vor den flachen Gebäuden, die sich an der Burgmauern entlangzogen. Als sie in den Burghof ritt, blickten die Arbeiter zu ihr auf, und so mancher Mann griff sich an die Stirnlocke, um ihr seinen Respekt zu zeigen. Liana lächelte in sich hinein. Sie begannen sie nun zu beachten.
    Sie stieg die Treppe zur großen Halle hinauf. Auf sie hatten die Frauen besondere Mühe verwendet. Sie war noch nicht sauber, nicht nach den Maßstäben, die Liana anlegte — die Wände mußten unbedingt neu gekalkt werden —, aber sie konnte über den gefliesten Boden gehen, ohne über einen Knochen zu stolpern.
    In der Halle, auf den nun sauberen Stühlen am sauberen Tisch, saßen Severn und Zared, die Köpfe auf die Tischplatte gelegt. Und vor ihnen war eine Strecke von so fetten Ratten, wie sie Liana bisher noch nie gesehen hatte
    — drei Reihen tief und die ganze Länge des Tisches einnehmend. Man hätte glauben können, es handelte sich um Kriegstrophäen.
    »Was ist denn das?« fragte Liana scharf und schreckte Severn und Zared aus dem Schlaf.
    Zared lächelte sie an, und wieder dachte Liana, was für ein hübscher bartloser Jüngling er doch war.
    »Wir haben sie alle getötet«, verkündete Zared stolz. »Wäre es vielleicht möglich, daß du sie auch zählen kannst? Rogan kann zählen; aber nicht so weit wie diese Menge.«
    Liana wollte sich nicht in die Nähe dieser Ratten begeben; doch Zared war so stolz, daß sie sich dazu verpflichtet fühlte. Sie deutete auf jede Ratte, die sie zählte, und Zared warf sie anschließend zum Fenster hinaus in den Burggraben. Liana wollte erst dagegen protestieren; aber noch schlimmer konnte der Zustand der ekelhaften Brühe dort unten durch ein paar Ratten auch nicht mehr werden. Eines von den Biestern lebte noch, und Liana sprang vom Tisch weg, während Zared mit der Faust dem Tier den Kopf zerschmetterte. Severn grinste stolz.
    Liana zählte achtundfünfzig Ratten, und als sie alle vom Tisch waren, setzte sie sich erschöpft neben Severn auf einen leeren Stuhl und blickte sich im Raum um.
    »Achtundfünfzig!« rief Zared. »Was wird Rogan dazu sagen, wenn ich ihm das erzähle!«
    »Jemand hat vergessen, die Knochen dort drüben wegzuschaffen«, sagte Liana mit müder Stimme, während sie auf die Wand über dem doppelten Kamin blickte. Dort hingen sechs Pferdeschädel. Sie hatte sie bisher nicht bemerkt, weil sie vermutlich hinter Spinnweben versteckt gewesen waren, dachte sie bei sich.
    Plötzlich starrten Severn und Zared sie an, als wären ihr plötzlich Hörner über den Ohren gewachsen. Sie sah an ihrem Gewand hinunter. Es war nach diesem langen Tag nicht mehr ganz sauber; aber so schmutzig war es nun auch wieder nicht. »Stimmt etwas nicht?« fragte sie.
    »Das dort sind die Peregrine-Pferde«, flüsterte Zared rauh.
    Liana hatte keine Ahnung, was der Junge damit meinte, und blickte deshalb Severn fragend an. Dessen hübsches Gesicht hatte inzwischen einen Ausdruck kalter Wut angenommen — einer Wut, die sie bisher nur Rogan zugetraut hätte, dachte Liana.
    Doch seine Stimme blieb ruhig, als er ihr nun die Geschichte dieser Schädel erzählte: »Die Howards belagerten die Burg Bevan und hungerten unsere Familie aus. Mein Vater, Zareds Mutter und mein Bruder William kamen bei dieser Belagerung um. Mein Vater stieg auf die Mauer und bat die Howards, seine Frau abziehen zu lassen; aber die Howards waren damit nicht einverstanden.« Severns Stimme wurde sehr leise. »Ehe sie starben, aßen sie noch die Pferde.« Er drehte sich zu den Schädeln an der Wand um. »Diese Pferde dort.« Dann sah er mit flammenden Augen auf Liana zurück. »Wir vergessen das nicht, und die Schädel bleiben dort hängen.«
    Liana blickte schaudernd zu den Schädeln hinüber. Wie schlimm mußte der Hunger gewesen sein, daß sie sich am Ende von den Pferden ernähren mußten. Beinahe hätte sie gesagt, daß die Bauern der Peregrines zu einer lebenslangen Belagerung verurteilt waren und froh wären, wenn sie Pferdefleisch essen könnten; aber sie unterdrückte lieber so eine Bemerkung.
    »Wo ist mein Mann?« fragte sie schließlich.
    »In seinem Brütezimmer«, erwiderte Zared munter, während Severn dem Jungen einen warnenden Blick zuwarf.
    Liana drang nicht weiter in den Jungen, weil sie nun Rogan besser zu verstehen glaubte als früher. Vielleicht gab es gute Gründe für den Zorn ihres Mannes, für seine Gier nach Geld.
    Sie stand vom

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