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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Chance kriegen. Enttäusche mich aber nicht, sonst wird es diesmal Konsequenzen für dich haben. Und dann können dir auch deine Freunde, der dicke Morell und die kleine Medizinerin, nicht mehr helfen.
     
    Und all ihr anderen! Ihr blinden Ratten! Warum nur? Warum tut ihr mir das an? Ich kann euch nicht mehr ertragen!

»... und man konnte deutlich die drohenden Schlünde
von zwölf Kanonen unterscheiden,
die bereit waren, Feuer zu geben.«
    Honoré de Balzac, Die Frau von dreißig Jahren
    Morell hatte so schlechte Laune wie schon lange nicht mehr. Vor zwei Jahren hatte er einmal versucht, ein wenig abzunehmen. Eine Bekannte hatte ihm die F. X. Mayer-Kur zur Entschlackung empfohlen – und nachdem er sich drei Tage lang nur von Milch und Semmeln ernährt hatte, hatte er die Kur abgebrochen, da er zu einer tickenden Zeitbombe geworden war. Zu einer Gefahr für sich und seine Umgebung. Und genauso wie damals fühlte er sich auch heute. Dr.Levi hatte nach der Trauerfeier zwar nichts gesagt, aber seine erneuten abschätzigen Blicke auf Morells Bauch hatten als Anspielung völlig ausgereicht. Es war eine bodenlose Unverschämtheit!
    Zurück auf dem Revier beschloss er daher, seine Stimmung ein wenig aufzuhellen, und machte sich ein zweites Frühstück: Birchermüsli und Belgische Waffeln. Bender hatte seinem Vorgesetzten letztes Jahr zu Weihnachten ein Waffeleisen geschenkt, und da Morell schon eines besaß, wurde das Weihnachtsgeschenk einfach zum Reviereisen umfunktioniert. Der Chefinspektor hatte auf dem Weg ins Büro Milch, Mehl, Eier, Zucker und Ahornsirup gekauft und stand nun in der kleinen Küche des Reviers.
    »Hast du schon etwas über Kaisers Cousin herausfinden können?«, fragte er Bender und ertränkte sein Frühstück in Ahornsirup.
    Bender starrte kurz auf den Teller seines Vorgesetzten. »Jep«, sagte er schließlich und holte ein Fax aus dem Vorzimmer. »Die Kollegen aus Landeck waren sehr freundlich und kooperativ. Hier steht, dass Bert Kröpfl, voller Name Hubert Josef Kröpfl Junior, als ältestes von fünf Kindern am 21 .Februar 1975 zur Welt kam. Seine Eltern betreiben eine Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt Schweinezucht. Er zeigte bereits als Kleinkind Anzeichen deutlich unterdurchschnittlicher kognitiver Fähigkeiten. Er hat eine Sonderschule besucht und anschließend begonnen, auf dem Hof der Eltern mitzuarbeiten ...«
    »Ja, ja, ich weiß«, Morell fuchtelte ungeduldig mit seiner Gabel herum. »Dass Bert Kröpfl ein wenig zurückgeblieben ist, ist nichts Neues ... Kruzifix!« Jetzt war ihm auch noch Sirup von der Gabel auf die Hose getropft.
    Bender reichte dem sichtlich gereizten Chefinspektor vorsichtig ein Taschentuch. Er fand es nach wie vor befremdend, den sonst so ruhigen und freundlichen Morell fluchen zu hören.
    »So ein elender Mist«, schimpfte der weiter und versuchte den Fleck wegzureiben – ohne Erfolg. Das war die letzte Hose, die ihm noch halbwegs passte. Alle anderen waren in den letzten Tagen auf wundersame Weise ein klein wenig zu eng geworden. Er musste den Tatsachen ins Auge schauen – er hatte zugenommen. Dieser verfluchte Fall kostete ihn nicht nur seinen letzten Nerv, sondern auch noch seine Würde.
    »Also«, Bender überflog das Fax. »Hier ist sein Strafregisterauszug. Das erste Mal Ärger mit der Polizei hatte er, als er 13  Jahre alt war. Er ist mit dem Traktor seines Vaters im Ort herumgefahren und hat ein paar parkende Autos beschädigt. Es folgten einige Verwarnungen wegen Schlägereien, Sachbeschädigung und Trunkenheit in der Öffentlichkeit.«
    »Nichts Schlimmeres?« Morell rubbelte weiter an dem Fleck, der immer größer zu werden schien. »Kaiser hat erzählt, dass sein Cousin nach Landau gezogen ist, weil er sich in Landeck einigen Ärger eingefangen hat.«
    »Damit muss er den letzten Eintrag hier meinen. Kröpfl wurde wegen schwerer Körperverletzung angezeigt.«
    »Und warum sitzt er dann nicht im Gefängnis?«
    »Anscheinend hat der Kerl, den er verprügelt hat, angefangen, und aufgrund seines geistigen Zustands und einem extrem hohen Alkoholwert im Blut kam auch noch verminderte Straffähigkeit dazu.«
    »Verstehe«, sagte Morell, ließ von der Hose ab und goss nochmals Teig ins Waffeleisen – er würde sich ein paar frische Waffeln als Wegzehrung für einen erneuten Besuch bei Kaiser mitnehmen. »Ein zurückgebliebener Muskelprotz, bei dem man jederzeit auf verminderte Straffähigkeit plädieren kann – wie praktisch.«
    Noch bevor Bender etwas

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