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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Weihnachtsdekoration geschmückt waren. Nichts, das auch nur annähernd auf Spaß und Unterhaltung schließen ließ.
    »Ich könnte jetzt in Bella Italia sein, aber stattdessen hänge ich in Ihrem Kaff fest«, sagte sie und rümpfte die Nase. Um ehrlich zu sein, war es nicht Italien gewesen, worauf sie sich so sehr gefreut hatte, sondern Paolo, ein Freund ihres Cousins, den sie bei ihrem letzten Besuch im Frühjahr kennengelernt hatte.
    Morell starrte geradeaus und tat so, als würde er sich auf die Straße konzentrieren. »Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie jetzt lieber auf dem Weg in Richtung Süden wären«, sagte er, »aber so schlimm ist es hier in Landau nun auch wieder nicht.«
    »Ach so? Nicht so schlimm?« Capelli starrte Morell mit dem gleichen Blick an, mit dem sie vorher seine Pflanzen bearbeitet hatte. »Das Einzige, das ich bisher von diesem tollen Ort mitgekriegt habe, sind tonnenweise Schnee und eine übel zugerichtete Leiche.«
    »Sie werden schon sehen«, versuchte der Chefinspektor sie zu beruhigen, »sobald der Schneefall ein wenig nachlässt, hat der kleine Ort auch seine Reize.«
    Sie starrte ihn ungläubig an.
    »Doch, doch, Sie müssen mir glauben«, redete Morell weiter. »Es
gibt Hotels und Pensionen in Landau. Und wie wir gestern Abend festgestellt haben, sind die alle ausgebucht. Das heißt, es gibt einige Menschen, die sogar dafür bezahlen, dass sie hier sein dürfen.«
    Capelli seufzte und schenkte Morell für seine Bemühungen den Versuch eines Lächelns. Wahrscheinlich hätte Paolo sich sowieso nicht mehr an sie erinnern können. Sie schwärmte nämlich prinzipiell für Männer, die sich einen feuchten Dreck um sie scherten. So ersparte sie sich wenigstens diesen Tiefschlag.
    Morell, der sich durch die Aufwärtsbewegung von Capellis Mundwinkeln ermutigt fühlte, setzte seine Rede fort. »Landau ist natürlich nicht vergleichbar mit Rom, Mailand oder Florenz. Hier gibt es kein Opernhaus und keine Spielcasinos, aber dafür haben wir gut präparierte Skipisten, eine Skischule und eine Langlaufloipe.« Er überlegte kurz. »Ich kann Ihnen auch eine Skiausrüstung besorgen, wenn Sie wollen.«
    Capelli verzog wieder das Gesicht. »Skifahren ist nicht unbedingt eine meiner Lieblingsbeschäftigungen«, sagte sie und wandte ihren Blick wieder der weißen Ödnis zu, die an ihr vorbeizog.
    Morell ließ sich nicht unterkriegen. »Es gibt eine Rodelbahn, einen Naturbadesee, auf dem man im Winter eislaufen kann, und viele schöne Wanderwege. Sie werden sehen, die saubere Bergluft tut Ihnen gut, und Sie werden sich herrlich erholen und entspannen können. Es gibt auch ...«
    »Schon gut«, unterbrach Capelli ihn, »Sie haben mich davon überzeugt, dass ich nicht vor Langeweile umkommen werde.«
    »Das können Sie sogar schriftlich haben, wenn Sie wollen.« Morell war froh, dass seine Beifahrerin endlich aufgehört hatte herumzunörgeln. »Da sind wir auch schon«, stellte er fest und lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor seinem Haus.
    »Es tut mir leid, dass ich Sie angestänkert habe«, entschuldigte sich Capelli und griff nach ihrer Tasche, die auf dem Rücksitz lag. »Ich weiß ja, dass es nicht Ihre Schuld ist, dass ich hier festsitze.«
    »Schon in Ordnung. Ich würde mich an Ihrer Stelle wahrscheinlich auch ärgern.« Morell versuchte seinen massigen Körper aus dem Auto zu wuchten und legte dabei die Anmut und Grazie eines gestrandeten Wals an den Tag. »Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie nicht lange hier feststecken werden«, sagte er, als er es endlich geschafft hatte. »Landau wird jeden Winter zwei- oder dreimal eingeschneit. Das dauert meistens nicht länger als vier, maximal fünf Tage. Am Wochenende sind Sie wieder frei, und wenn nicht, dann bezahle ich Ihnen höchstpersönlich einen Helikopter, der Sie ausfliegt.«
    »Vorsicht!«, sagte Capelli. »Ich werde Sie beim Wort nehmen.«
    »Wer weiß?« Morell lächelte verschmitzt. »Vielleicht wollen Sie bis dahin gar nicht mehr weg von hier. Seit dem Tag, an dem ich aus Wien weggezogen bin, habe ich den Gestank und den Lärm der Stadt noch keine einzige Sekunde lang vermisst.«
    »Ich wage zu bezweifeln, dass es mir genauso ergehen wird«, sagte Capelli und stieg aus, wobei sie eine weitaus bessere Figur machte als ihr Gastgeber. »Aber ich habe beschlossen, Ihrem Kaff eine Chance zu geben.«
    »Mehr habe ich auch gar nicht verlangt«, sagte Morell zufrieden und öffnete die Haustür.
    Die Gerichtsmedizinerin zog ihre Jacke aus,

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