Die Zahl
Einwohner sind ziemlich fremdenfeindlich«, redete er weiter. »Toleranz und Political Correctness sind für sie immer noch Fremdwörter.« Er schüttelte
den Kopf und holte eine Auflaufform aus dem Küchenschrank.
»Political Correctness ist tatsächlich ein Fremdwort! Eindeutig Englisch«, grinste Capelli.
Morell verdrehte die Augen. »Sie wissen genau, was ich damit sagen wollte.« Er sah die Gerichtsmedizinerin an und zog seine rechte Augenbraue hoch. »Einige der Wörter, die ich heute von ein paar alteingesessenen Landauern gehört habe, könnte ich nicht in den Mund nehmen, ohne anschließend als rassistisches Bullenschwein betitelt zu werden.«
»Verstehe. Hat der Tag denn irgendetwas gebracht? Irgendeine Spur oder einen Anhaltspunkt?«
Morell schüttelte den Kopf. »Soweit ich das beurteilen kann, nicht. Die meisten Anrufer haben sich nur aus Neugierde gemeldet und versucht, Details zu erfahren. Einige alte Damen riefen an, um sicherzugehen, dass sie sich nicht fürchten müssen. Ich habe heute eher Telefonseelsorge als anständige Ermittlungsarbeit geleistet.« Er seufzte und begann die Form einzufetten. »Wie war Ihr Tag? So weit alles klar?«
»Oh ja. Ich habe ein wenig ferngesehen, mit dem Kater gekuschelt und anschließend von meinem Laptop aus per E-Mail meine Tante und ein paar Freunde darüber informiert, dass ich mich kurzfristig dazu entschlossen habe, meinen hartverdienten Urlaub in Landau zu verbringen – der weltberühmten Tourismushochburg, der Alpenmetropole, dem Las Vegas von Österreich.« Capelli grinste. »Es war doch in Ordnung, dass ich Ihren Internetanschluss benutzt habe?«
Morell war froh, dass sie ihren Humor wiedergefunden hatte und beschloss, lieber Capellis blöde Witze zu ertragen, als noch einmal diesen tödlichen Blick abzubekommen, mit dem sie ihn am Vormittag bedacht hatte. »Natürlich, Sie können ruhig ...«, begann er.
»Jetzt haben Sie schon wieder Fleisch gekauft«, unterbrach sie ihn.
Morell lief rot an. »Na ja«, stotterte er und kratzte sich an der Nase. »Es war gerade im Sonderangebot.«
»Also, ich werde nicht schlau aus Ihnen«, starrte Capelli ihn an und hielt ihm das Stück Schweinelende, das sie in seiner Einkaufstüte entdeckt hatte, vors Gesicht. »Warum wollen Sie mir unbedingt einreden, Sie seien Vegetarier? Ich bin immerhin Gerichtsmedizinerin. Ich habe kein Problem mit Fleisch. Sie müssen hier also nicht einen auf netten Tofu-Öko-Typ machen. Dieses ganze vegane New-Age-Gefasel ist übrigens auch schon lange nicht mehr in.« Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich wohne jetzt ja für einige Tage hier – da werde ich Ihr Geheimnis schon noch lüften.«
»Ich habe alle nötigen Zutaten eingekauft, um Gemüselasagne zu machen«, lenkte Morell ab, dem das Thema sichtlich peinlich war. »Und zum Nachtisch gibt es Tiramisu, damit Ihnen Italien nicht allzu sehr abgeht.«
Capelli beschloss, nicht mehr weiter nachzubohren. Sie würde Mittel und Wege finden, um ihrem beleibten Gastgeber sein Essensgeheimnis zu entlocken. »Ich werde Ihnen helfen. Vielleicht kann ich ja etwas lernen. Kochen war nämlich noch nie meine Stärke.«
Morell lachte das erste Mal an diesem Tag.
»Was ist daran so lustig?«
»Bitte seien Sie mir nicht böse, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Sie erst an ein paar Leichen herumschnippeln und sich anschließend in die Küche stellen und Innereien zubereiten.«
»Ja, ja«, blaffte Capelli. »Wie langweilig wäre die Welt ohne ein paar schöne Vorurteile!«
Das Essen war, wie schon am Abend zuvor, hervorragend.
»Wenn Sie weiterhin so gut kochen«, sagte Capelli, »dann vergesse ich ganz, dass ich eigentlich nach Italien wollte.«
Morell bedankte sich für das Kompliment.
»Trete ich Ihnen zu nahe, wenn ich frage, warum Sie immer noch alleine leben?« Capelli lehnte sich zurück und fixierte ihren Gastgeber. »Bei den Kochkünsten sollten Ihnen die Frauen doch reihenweise zu Füßen liegen.«
»Schon okay«, entgegnete Morell. »Meine Freunde nerven mich auch ständig mit diesem Thema.« Er kratzte sich am Kopf und überlegte. »Was soll ich sagen? Die Richtige war bisher einfach noch nicht dabei, und in einem kleinen Ort wie Landau gibt es auch nicht unbedingt viel Auswahl.« Er erwiderte Capellis neugierigen Blick. »Und bei Ihnen? Gibt es in Innsbruck jemanden, der auf Sie wartet?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin eine von denen, die immer auf die falschen Männer
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