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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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glaube, dass ich es sogar habe.« Morell stand auf und ging zum Bücherregal. Er streckte sich und griff nach einem Taschenbuch, das etwas weiter oben stand.
    »Ich glaube zwar nicht, dass das Buch irgendetwas mit deinem Fall zu tun hat«, meinte Capelli, »aber ich fand die Parallele ganz
interessant: In der Story wird ein Mann, genauso wie Josef Anders, durch zwölf Stiche getötet. Der Detektiv findet am Ende heraus, dass zwölf der Mitreisenden auf irgendeine Art und Weise unter dem Ermordeten gelitten haben. Sie brachten ihn gemeinsam um, indem jeder von ihnen einmal zustach.«
    »Interessant«, sagte Morell und setzte sich wieder.
    »Leider nicht für uns. Da zwölf verschieden starke Menschen auf das Opfer eingestochen hatten, waren alle Stichwunden unterschiedlich tief. Nicht so bei unserer Leiche. Soweit ich das nach der äußeren Leichenbeschau beurteilen kann, wurden Josef Anders alle Stichverletzungen von ein und derselben Person zugefügt. Alle Wunden schienen ungefähr gleich tief zu sein und hatten einen ähnlichen Winkel. Ich denke mal, dass die Obduktion meine Annahmen bestätigen wird. Wie schon gesagt, ich bin sicher, dass das Buch keine Bedeutung für deinen Fall hat.« Capelli seufzte.
    »Das Internet hat auch sonst nichts Wichtiges mehr ergeben. Es gab nur noch einen einzigen Artikel, den ich interessant fand. Erinnerst du dich an den Skandal mit den Mohammed-Karikaturen?«
    Morell überlegte kurz, dann nickte er. »In einer Zeitung wurden Karikaturen abgedruckt, die den Propheten Mohammed darstellten. Die islamische Welt war nicht sehr angetan davon.«
    »Genau. Gegen die Zeichner gab es mehrfach Morddrohungen. Und jetzt rate mal, wie viele Karikaturisten die Zeitung mit den Zeichnungen beauftragt hatte.«
    »Zwölf?«
    »Ganz genau!«
    Morell schüttelte den Kopf. »Völlig abwegig, außerdem würden islamische Fundamentalisten anders vorgehen.« Er musste lächeln. »Aber ich bin mir sicher, dass diese Theorie einigen Landauern recht gut gefallen würde.«
    Capelli nickte. »Denen, die glauben, dass die Ausländer an allem schuld sind.«
    »Genau denen«, stimmte Morell zu. »Die jüngere Generation weiß, wie wichtig der Tourismus für uns ist, aber die Alten haben etwas gegen die fremden Gäste. Völlig zu Unrecht übrigens, den meisten Ärger verursachen nämlich definitiv die Einheimischen.« Morell überlegte kurz. »Die Art, wie der Mord begangen und der Leichnam arrangiert wurde, spricht eher für ein persönliches Motiv. Bender hat heute alle Touristen im Ort überprüft, und es sieht nicht so aus, als ob einer von ihnen Josef Anders persönlich gekannt hätte. Natürlich dürfen wir keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber ich glaube, dass wir den Täter unter den Landauern finden werden.«
    »So etwas in die Richtung habe ich mir fast schon gedacht«, sagte Capelli. »Aber ich wollte keine Möglichkeit außer Acht lassen. Vielleicht übertreibe ich auch einfach ein wenig, und diese komische Ritzung auf der Stirn des Toten hat überhaupt keine Bedeutung.«
    »Schon möglich«, sagte Morell und starrte in seine Kaffeetasse. »Und die Tatsache, dass der Mord am 12 . 12 . entdeckt und durch zwölf Stiche geschehen ist, ist einfach nur ein ausgesprochen seltsamer Zufall.«
    Sie sahen sich beide an und wussten, dass dem nicht so war.

»Sie hatte eine große und hohe Mauer und hatte zwölf Tore
und auf den Toren zwölf Engel und Namen darauf geschrieben,
nämlich die Namen der zwölf Stämme der Israeliten ...
... und die Mauer hatte zwölf Grundsteine
und auf ihnen die zwölf Namen
der zwölf Apostel des Lammes.«
    Offenbarung des Johannes, 21 , 12 – 14
    Am nächsten Morgen tauchte Chefinspektor Morell schon sehr früh im Polizeirevier auf.
    Normalerweise ging er gerne zur Arbeit. Er mochte sein helles Büro, seinen etwas gelangweilten Assistenten und die Fälle, an denen er arbeitete.
    Aber heute war es anders. Von dem Moment an, an dem der Wecker ihn aus dem Schlaf gerissen hatte, merkte Morell, dass er absolut keine Lust hatte aufzustehen. Er quälte sich aus dem Bett, quetschte sich in seine Uniform und ging lustlos in die Küche.
    Das erste Mal seit einer Magen-Darm-Grippe vor zwei Jahren verspürte er keinen Appetit. Er musste sich überwinden, die Fahrt ins Büro anzutreten, und jetzt, als er die Tür zum Revier öffnete, fühlte es sich so an, als würde jede einzelne Faser in seinem Körper sich dagegen sträuben, das Gebäude zu betreten.
    Sehr zu seiner Verwunderung war

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