Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
Vom Netzwerk:
gerutscht ist«, vervollständigte Morell den Satz und folgte seinem Gastgeber wieder zurück in die Küche.
    »Nicht zufällig«, entgegnete Kaiser. »Den Schlag hatte Adam absolut verdient. Er hatte Becky den ganzen Abend schon belästigt, hat ihr ständig irgendwelchen perversen Kram ins Ohr geflüstert und ihr dauernd am Hintern herumgefummelt. Als sie sich gewehrt hat, hat er sie als Dorfmatratze und Nudelfriedhof beschimpft.«
    »Und dann hat Bert ihm ein Veilchen verpasst«, stellte Morell fest.
    »Wie schon gesagt, das blaue Aug’ hat Adam mehr als nur verdient. Das kann Ihnen jeder bestätigen, der an dem Abend im ›Hype‹ war. Glauben Sie mir – Adam hatte Glück, dass er an so einen gutmütigen Idioten wie Bert geraten ist. Manch anderer hier
im Dorf wäre nicht so sanft mit ihm umgegangen, sondern hätte noch eins draufgesetzt.«
    »Trotzdem hätte ich jetzt gerne Berts vollen Namen und seine Adresse.«
    »Sie müssen mir glauben, Herr Chefinspektor, Bert ist ein herzensguter Mensch. Der kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Ich weiß, er wirkt auf den ersten Blick nicht unbedingt so, aber er ist wirklich eine gute Seele.«
    »Den vollen Namen und seine Adresse«, wiederholte Morell.
    Kaiser seufzte. »Hubert Kröpfl. Zurzeit wohnt er im Hinterzimmer vom ›Hype‹.«
    Morell starrte Kaiser mit großen Augen an.
    »Ja, ich weiß schon, was Sie denken. Aber es ist nicht so, wie Sie vielleicht glauben. Ich habe meinem Cousin angeboten, bei mir zu wohnen, aber er wollte lieber seine eigenen vier Wände haben. In Landeck hatte er keine eigene Wohnung, sondern hat bei seiner Mutter gelebt. Glauben Sie mir – meine Tante Martha führt ein ziemlich strenges Regiment. Kein Wunder, dass Bert nun ein wenig Freiraum haben will.« Kaiser musterte Morell, der sich Notizen in seinem kleinen Buch machte. »Die Toilette ist übrigens um die Ecke links. Die dritte Tür auf der rechten Seite.«
    »Wie bitte?«, fragte Morell und schloss sein Notizbuch. Es dauerte einen Moment, bis ihm seine Ausrede von vorhin wieder einfiel. Er lachte verlegen und stand auf. »Ich glaube, es ist doch nicht so dringend. Herzlichen Dank für die Gastfreundschaft.«
    Kaiser funkelte ihn böse an.
     
    Im Auto schnappte sich Morell das Funkgerät und funkte Bender an.
    »Robert? Hier Morell! Ich hätte gerne, dass du für mich einen gewissen Herrn Hubert Kröpfl aus Landeck überprüfst. Ich will jede Information, die du finden kannst. Es sieht nämlich so aus, als hätte unser Kaiser einen kleinen Hofstaat.«
    »Ich versteh nur Bahnhof, Chef.«
    »Karl Kaiser hat einen kleinen Handlanger.«
    »Ach so«, sagte der Inspektor. »Sie glauben, dass Kaiser einen Mörder engagiert hat?« An Benders Tonfall konnte Morell erkennen, dass seinem Assistenten die Möglichkeit eines Auftragskillers fast so gut gefiel wie die Idee mit dem Ritualmord. Er musste Bender unbedingt dazu bringen, sich weniger Schund im Fernsehen anzuschauen.
    »Ich glaube nicht, dass Kaiser die Morde in Auftrag gegeben hat, aber ich will keine Möglichkeit außer Acht lassen. Außerdem bin ich mir ganz sicher, dass die beiden Dreck am Stecken haben. Irgendetwas führen die zwei im Schilde, und ich will wissen, was.«
    »Alles klar, Chef!« Bender war hörbar aufgekratzt. »Dann bis später. Ich mach mich gleich an die Arbeit!«
    »Bis später«, sagte Morell, schaute enttäuscht in seine leere Tupperdose, startete den Wagen und fuhr zu Sascha Genz.
     
    Im Haus von Genz sah es heute sogar noch schlimmer aus als bei Morells letztem Besuch. Wie vor ein paar Tagen kam Morell ein Schwall abgestandener Luft entgegen, als er den Flur betrat. Doch als sie in die Küche gingen, verschlug es ihm beinahe den Atem. Der Mülleimer quoll über und war anscheinend schon seit Tagen nicht mehr geleert worden. Einige Konservendosen, die in dem Kübel keinen Platz mehr gefunden hatten, standen einfach daneben.
    »Na«, sagte Morell und versuchte dabei so unbekümmert wie möglich zu klingen, »wie geht es dir heute?«
    »Den Umständen entsprechend«, sagte Genz, und Morell überlegte, von welchen Umständen er wohl sprach.
    »Tut mir leid, dass ich dich schon wieder stören muss, aber du hast sicher schon von Andreas Adams Tod gehört.«
    »Wir leben in einem sehr kleinen Ort«, sagte Genz und räumte dreckige Gläser von einem kleinen Tisch. Da die Spüle mit Tellern
vollgestellt war, auf denen angekrustete Essensreste klebten, stellte er sie einfach auf das Fensterbrett. »Setz dich

Weitere Kostenlose Bücher