Die Zahl
eine Sorte zu finden, die sehr schwer zu bekommen war. »Haben Sie Holunderblüte-Vanille?«
»Ich habe Ihnen doch letztes Mal schon gesagt, dass ich an Getränken alles hier habe, was das Herz begehrt. Sie sollten erst einmal die kleine Bar sehen, die ich mir in meinem Wintergarten eingerichtet habe.« Er schenkte dem Chefinspektor ein Perlweißlächeln. »Wie ist aus Ihnen nur so ein stattlicher Mann geworden, wenn Sie ständig solche Weibersachen trinken?«, fragte er, als er den Tee schließlich vor Morell abstellte. Er setzte sich hin und betrachtete den Milchschaum auf seinem Cappuccino. »Den guten Andreas Adam hat es also auch erwischt!«
»Ganz genau«, sagte Morell und pustete in die Tasse, um den heißen Tee ein wenig abzukühlen.
»Und was habe ich damit zu tun?«
»Ich habe gehofft, dass Sie mir diese Frage beantworten können.« Morell nahm vorsichtig einen kleinen Schluck. »Bei der Befragung der Angehörigen ist jedenfalls Ihr Name gefallen.«
»Ah geh«, fluchte Kaiser und stellte seine Tasse so heftig auf dem Tisch ab, dass ein Großteil der braunen Flüssigkeit auf die Tischplatte schwappte. »Das was sicher seine Frau, diese verklemmte Hausfrauenschlampe.«
Kaiser hatte sich die Zähne noch nicht geputzt, und Morell konnte seinen faulen, säuerlichen Atem riechen. Außerdem drang der scharfe Geruch von Alkohol aus jeder seiner Poren, und in seinen Haaren hing der Gestank von abgestandenem Zigarettenrauch. Morell wich instinktiv zurück.
Der Gastronom stand auf und holte aus einem Schrank unter der Spüle ein Geschirrtuch hervor. Er begann, den verschütteten Cappuccino aufzuwischen. »Adam war so ein Schlappschwanz«, sagte er. »Dieser Schlapfenwappler hat sich doch von seiner Frau, dieser Furie, total unterbuttern lassen. Sie hat befohlen, er ist gesprungen.« Er stopfte das dreckige Geschirrtuch in den Abfalleimer.
»Was soll das konkret heißen?«, fragte Morell und überlegte, ob Kaiser seine Handtücher und Hemden auch einfach wegwarf, anstatt sie zu waschen.
Kaiser machte sich einen neuen Cappuccino und kam zurück an den Tisch. »Ich habe Ihnen doch von dieser lächerlichen Nachbarschaftsinitiative gegen mein neues Lokal erzählt«, sagte er und nahm einen Schluck.
»Ich kann mich daran erinnern.«
»Beate Adam, die verklemmte Keifkuh, hat natürlich gleich eine Unterschriftenaktion organisiert und ihren Mann dazu gezwungen mitzumachen.«
»Und warum hatten Sie dann einen Streit mit Andreas Adam und nicht mit seiner Frau, wenn sie doch schuld an allem war?«
»Na, weil Adam ein lächerlicher Heuchler war, ein feiges Würstchen, ein Hosenscheißer. Er hing doch ständig im ›Hype‹ herum – heimlich natürlich. ›Kein Wort zu meiner Frau‹, hat er ständig gesagt. ›Sie würde mich erschlagen, wenn sie wüsste, dass ich hier bin.‹ Dieses Weichei wäre mein erster Stammkunde geworden. Und dann lässt er sich dazu zwingen, die Petition gegen die Bar zu unterschreiben. So eine Memme! Noch einen Tee?« Kaiser deutete auf Morells leere Tasse, aber der schüttelte den Kopf.
»Ich habe nichts gegen Leute, die ihre Meinung vertreten«, fuhr Kaiser fort. »Aber solche Waschlappen wie Adam einer war, kann ich auf den Tod nicht ausstehen.«
»Interessant«, murmelte Morell.
»Mei, Herr Chefinspektor, jetzt nehmen Sie doch nicht gleich alles so wörtlich. Glauben Sie mir, ich habe keinerlei Grund, irgendwen umzubringen. Vor allem nicht Anders oder Adam. Sie können sich gar nicht vorstellen, was mir diese beiden Morde an Umsatzeinbußen bescheren. Ich bin doch nicht so blöd und kille meine eigenen Stammkunden.« Kaiser griff nach einer Schachtel Zigaretten, die auf dem Tisch lag.
»Können Sie das auch irgendwie beweisen?«
»Klar«, grinste Kaiser, zündete sich eine Zigarette an und nahm einen genüsslichen Zug. »Nachdem Joe Anders tot war und der junge Sobernicz dringend Kohle brauchte, hat er sich doch noch entschlossen, an mich zu verkaufen. Die Papiere sind schon fertig und werden morgen Nachmittag unterschrieben. Meiner kleinen Bar steht also nichts mehr im Wege. Sie sind jederzeit herzlich eingeladen.«
»Und die Petition?«
Kaiser bekam vor lauter Lachen einen Hustenanfall. »Sie kennen doch unseren Herrn Bürgermeister. Was ist für ihn das Wichtigste
in Landau? Natürlich die Touristen. Und was wollen die Touristen? Natürlich unterhalten werden.«
Morell nickte. Das hätte er sich gleich denken können, dass Bürgermeister Endres die neue Bar mit allen Mitteln
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