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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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dazugelegt.«
    »Verdammte Scheiße!«, murmelte Lorentz. Auf den kleinen Papierschnipsel hatte jemand mit einem schwarzen Stift eine römische Zwölf geschrieben. »Warum wurde das nicht näher untersucht?«, wollte er wissen.
    »Alle Anzeichen sprachen für einen Selbstmord. Die Depressionen, der Zugang zu den Medikamenten. Es gab anscheinend sogar einen Abschiedsbrief.«
    »Der könnte aber auch gefälscht gewesen sein.«
    »Klar, aber wenn so viele Hinweise für einen Selbstmord sprechen, dann kommt niemand auf die Idee, dass es Mord gewesen sein könnte. Alle seine Freunde und Verwandten wussten wahrscheinlich von seinem labilen Gemütszustand. Sein Tod hat keinen überrascht, ganz im Gegenteil. Warum sollte da jemand wegen so einem kleinen Zettelchen Verdacht schöpfen?«
    »Wir haben es also tatsächlich mit einem Serienkiller zu tun.« Lorentz nahm noch einen großen Schluck von seinem Wasser, lehnte sich zurück und presste das kalte Glas gegen seine glühende Stirn.
    »Sieht so aus. Drei Opfer gibt es bisher mit absoluter Sicherheit, vielleicht sogar mehr.«
    Lorentz stellte das Glas auf den Tisch und griff nach der letzten Akte. »Nein«, sagte er, nachdem er ein paar Augenblicke darin geblättert hatte. »Es sind sogar ganz sicher mehr – mindestens vier.« Er hielt Capelli ein Tatortfoto hin, das in der Wohnung von Linda Frank gemacht worden war. Hinter der Toten prangte eine riesige Zwölf an der Wand, die jemand mit roter Farbe dorthin gemalt hatte.
    »Und das ist noch nicht alles.« Lorentz brach nun vollends der Schweiß aus. »Die Tat geschah auch an einem Zwölften. Dieses Mal am 12 .September.«
    »Zeig her!« Capelli griff nach der Akte und studierte sie Blatt für Blatt.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Lorentz, während er auf das Tatortfoto starrte. »Der Täter wurde doch gefasst. In der Zeitung stand, dass Lindas Mörder in einer psychiatrischen Anstalt sitzt. Er ist doch wohl nicht ausgebrochen?«
    Capelli schwieg und las weiter in den Unterlagen. »Ich habe hier das psychologische Gutachten des Mannes. Er hat offenbar eine multiple Persönlichkeitsstörung. Solche Patienten sind häufig verwirrt und leiden unter Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Realitätsentfremdung. Ich kann mir gut vorstellen, dass er gestanden
hat, ohne dass ihm dabei die Tragweite dieser Aussage bewusst war. Vielleicht hat er sich auch nur eingebildet, die Tat wirklich begangen zu haben.«
    »Aber ... aber ...«, stotterte Lorentz. »Wie kann das passieren, dass einfach der Falsche eingesperrt wird?«
    »Ganz einfach. Die Polizei braucht dringend einen Täter, den sie der Öffentlichkeit präsentieren kann, und dann kommt plötzlich ein Kerl daher, der kein Alibi hat, in direkter Verbindung zum Opfer stand und offensichtlich verrückt ist. Klarer Fall. Du musst den Mord einmal gesondert betrachten, und zwar ohne die Informationen, die wir heute haben. Mit dem damaligen Wissensstand hättest du wahrscheinlich genauso gehandelt wie die Polizei damals.«
    »Kann schon sein«, gab Lorentz zu.
    »Es ist genauso, wie ich es mir gedacht habe«, sagte Capelli. »Der Mörder will eine Botschaft loswerden, aber keiner versteht sie. Also muss er immer direkter werden. Die ersten Morde, sofern es welche waren, waren wie ein Flüstern. Der Mörder versucht, über das Datum eine Nachricht zu senden. Nachdem keiner darauf eingeht, wird er direkter. Er steckt Raimund einen Zettel in den Mund. Aber auch dieser Hinweis wird offenbar ignoriert. Also wird der Mörder immer lauter, bis hin zu den Morden von Joe und Andreas, die im Gegensatz zu den ersten Taten wie regelrechte Schreie wirken.«
    Lorentz’ Hemd war mittlerweile klitschnass. »Hoffentlich hört er bald auf zu schreien.«
    Die Gerichtsmedizinerin schüttelte den Kopf. »Wenn wir es nicht schaffen herauszufinden, was die Zwölf bedeutet, dann wird es bald ein weiteres Opfer geben.«
    Lorentz betrachtete das Glas Wasser in seiner Hand. »Ich glaube, ich brauche jetzt was Stärkeres«, sagte er.
    »Kein Problem«, erwiderte Capelli und griff nach der Flasche mit Morells gutem Schnaps.

»Als er nun hundert Stunden weit geritten war,
kam er an das Schloss, und kaum sahen ihn die zwölf Riesen,
als sie hervorstürzten, ihn zu töten.«
    Johann Wilhelm Wolf, Der Kaiserssohn und sein Pate
    Morell kam um halb acht, schwer mit Einkaufstüten bepackt, nach Hause. Er fühlte sich müde und ausgebrannt. Der zweite Mord, das durchgearbeitete Wochenende und der wütende Anruf des

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