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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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sie auf den Sitz des Schneemobils. Dann öffnete er den Hosenlatz, nahm den Penisring ab und wischte den Samen von seiner Haut. Am liebsten hätte er die Unterwäsche gewechselt, aber dafür war jetzt keine Zeit.
    Er schnappte sich die Schlüssel von der Werkbank, stieg ins Auto, öffnete die Garagentür und fuhr hinaus. Als er auf die Straße einbog, malte er sich schon seinen nächsten Mord aus.

23. Kapitel
    »O Gott! Herr im Himmel, nein!«
    Ich höre den Schrei aus zweihundert Metern Entfernung, ein furchtbarer Laut in der Stille des Waldes. Ich sehe Tomasetti an, unsere Blicke treffen sich, sein Gesicht sagt:
Und jetzt?
    Eine neue, entsetzliche Angst erfasst mich und ich renne los. Ein Dutzend Szenarien gehen mir durch den Kopf. Ist ein Familienmitglied des Opfers eingetroffen? Ist der Mörder zurückgekommen? Ich laufe noch schneller und stolpere über eine Bodenerhebung. Hinter mir flucht Tomasetti, ich solle vorsichtig sein.
    Ich erreiche die Lichtung und sehe zu meinem Schreck Norm Johnston neben der Toten knien. T. J. steht neben ihm, die Hände auf der Schulter des Stadtrats. Mit gesenktem Kopf schaukelt Norm hin und her wie ein autistisches Kind. Ich nähere mich langsam. »Was macht Norm hier?«
    »Mrs Srinvassen hat ihn angerufen.« T. J. sieht mich an, das Gesicht aschfahl. »Sie hat das Opfer erkannt. Es ist seine Tochter.«
    Als ich das höre, gehe ich beinahe in die Knie. Brenda Johnston ist zwanzig Jahre alt. Klug, nett und schön. Eine junge Frau mit einer glänzenden Zukunft. Norm und ich sind wirklich keine Freunde, aber ich habe ihn von seiner Tochter sprechen hören. Das war das einzige Mal, dass ich ihn ansatzweise mochte, denn er hatte zumindest eine versöhnliche Eigenschaft: Er war ein guter Vater. Er liebte sein einziges Kind über alles. Dass sie jetzt tot ist, macht mich innerlich ganz krank.
    Ich wende mich an Norm. Er sieht mich an, als wäre das irgendwie meine Schuld. Sein Gesicht ist von unbeschreiblicher Pein gezeichnet. Tränen strömen aus seinen Augen, seine Wangen sind fast so rot wie der blutbefleckte Schnee. »Es ist mein kleines Mädchen«, schluchzt er.
    »Norm.« Ich lege die Hand auf seine Schulter. Sein ganzer Körper bebt. »Es tut mir so leid.«
    Er ist über die Tote gebeugt, Hose und Jacke blutbefleckt, über die linke Wange zieht sich ein roter Streifen. In seiner Verwirrung ist ihm nicht bewusst, dass er Tatortspuren vernichtet.
    »Norm«, sage ich sanft. »Bitte kommen Sie mit mir.«
    »Ich kann sie doch nicht so hier liegen lassen. Sehen Sie sich das doch an. Er … hat sie ausgeweidet. Mein kleines Mädchen. Wie kann jemand so was machen? Sie war so schön.«
    Tomasetti stellt sich neben mich. Aus dem Augenwinkel sehe ich die Muskeln seines angespannten Kiefers arbeiten. »Mr Johnston«, sagt er. »Gehen Sie mit Chief Burkholder. Wir passen gut auf Ihre Tochter auf.«
    »Kann sie nicht so liegen lassen.« Er schaukelt vor und zurück. »Sehen Sie doch nur, was er mit ihr gemacht hat.«
    »Sie ist tot, Sir.«
    »Bitte verlangen Sie nicht, dass ich sie allein lasse.«
    »Sie müssen uns unsere Arbeit machen lassen. Wir müssen die Spuren sichern.«
    Norm blickt zu ihm auf, das Gesicht verzerrt. »Warum sie?«
    »Ich weiß es nicht.« Tomasetti schiebt mich sanft beiseite, und ich widersetze mich nicht. »Aber ich versichere Ihnen, wir kriegen den Kerl.«
    Tomasetti umfasst Norms Arm und hilft ihm auf die Füße. »Nehmen Sie sich zusammen, Mr Johnston. Gehen Sie mit Chief Burkholder. Sie muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    Johnston ist wie ein Zombie. Ich suche den Blickkontakt mit Tomasetti, kann den Ausdruck in seinen Augen aber nicht lesen. Was soll ich mit Norm machen? Er ist nicht in der Verfassung, Fragen zu beantworten, und ich bin nicht gut im Trösten. Aber er braucht jetzt einen Freund, und da niemand sonst dafür in Frage kommt, fasse ich ihn am Arm und führe ihn in Richtung Teich. »Gehen wir ein wenig.«
    »Chief Burkholder!«
    Eine seltsame Erleichterung überkommt mich, als Nathan Detrick und die Deputys Hunnaker und Barton auf dem Erdwall auftauchen. Gestern noch hätte ich mich über seine Gegenwart geärgert, heute geht es nur noch darum, den Mörder zu schnappen. Alles andere ist zweitrangig.
    Detrick erreicht uns. Sein Blick wandert von mir zu der Leiche. »Heilige Mutter Gottes«, sagt er mit heiserer Stimme.
    »Meine Officer sichern weitläufig die Umgebung«, sage ich, doch es kommt mir vor, als wären es die Worte eines anderen.

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