Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
Vom Netzwerk:
Wald und achteten darauf, sie nicht zu verwischen. Der Pfad, den der Mörder genommen hatte, war schmal und an beiden Seiten von Bäumen gesäumt. Kate lief rechts neben der Spur, John links, wobei er Ausschau hielt nach etwas, das der Mann in der Eile vielleicht verloren hatte.
    Ein paar Minuten lang waren nur ihre gedämpften Schritte im Schnee und das Rascheln der Jacken durch die Bewegung der Arme zu hören. Der Wald selbst schien vollkommen still. Dann das plötzliche Krächzen eines Raben und Flügelschlagen. Sofort danach erregte ein weiteres Geräusch Johns Aufmerksamkeit. Es war zu nahe, um von der Straße zu kommen, und zu schrill für ein Passagier- oder Düsenflugzeug.
    Er blieb stehen, bedeutete Kate, das Gleiche zu tun. »Hören Sie das?«
    Sie neigte den Kopf zur Seite. »Westlich von hier. Da ist ein abgeerntetes Kornfeld.« Sie sprach ins Mikro. »Ich bin eine Meile nördlich von Miller’s Pond. Der Verdächtige ist westlich von uns. Versuchen Sie, ihm den Weg abzuschneiden.«
    Sie rannte los, John ihr hinterher, ignorierte das Stechen. Es war jetzt rauf in die Brust gezogen, und bei seinem Glück würde es ihn nicht wundern, wenn er am Arsch der Welt einen Herzinfarkt bekäme.
    Sie rannten eine gefühlte Ewigkeit, durch tiefe Schneewehen und über die aufgeworfene Erde eines gepflügten Feldes. Am steilen Ufer eines Baches blieb Kate stehen, bat mit erhobener Hand um Ruhe. John atmete zwar keineswegs leise, doch er gab sich alle Mühe. Die Hände auf die Knie gestützt, schnappte er nach Luft.
    »Der Scheißkerl ist verschwunden«, sagte sie.
    »Yeah, aber wohin?«
    · · ·
    Das war echt knapp gewesen.
    Aus fünfzehn Metern Entfernung betätigte er die Fernbedienung der Garagentür, trat aufs Gaspedal und schoss in die Garage. Die Kufen kreischten über den Betonboden, er trat so fest auf die Bremse, dass sein Fuß über den Boden scharrte und er sich den Knöchel einklemmte. Nur Zentimeter vor der Werkbank kam die große Maschine zum Stehen. Er öffnete den Kinnriemen, nahm den Helm ab und warf ihn auf den Sitz, schüttelte sich von Kopf bis Fuß. Euphorie durchströmte ihn wie eine illegale Droge. Der Drang, auf Messers Schneide zu tanzen, hatte die gefräßige Gier in ihm gestillt und bewiesen, dass er lebendig war und das Leben schön.
    Er stieg ab und stand einen Moment lang nur da, nass zwischen den Beinen. Die Unterhose klebte unangenehm auf der Haut. Er hatte den Penisring getragen, was im Nachhinein betrachtet dumm gewesen war. Waghalsig. Zu genussversessen. Seine Erregung war so groß gewesen, dass er sich in die Hose ergossen hatte, als er sie vom Schneemobil zu dem Platz trug. Hätte er sich nicht so gedrängt gefühlt, hätte er ihren kalten toten Körper gefickt und nichts weiter als Befriedigung empfunden.
    Er dachte an all die Dinge, die er ihr angetan hatte, und wieder durchströmte ihn große Zufriedenheit. Sie war mutig gewesen, herausfordernd. Stark und selbstbewusst. Sie hatte Durchhaltevermögen und Würde besessen. Die Beste bis jetzt. Er hatte ihr Dinge angetan, von denen er seit Jahren träumte, die er aber nie umzusetzen gewagt hatte. Hochzufrieden empfand er Respekt und Bewunderung für sie in einem Maß, wie er es vorher nicht gekannt hatte.
    Durch jahrelanges Experimentieren hatte er herausgefunden, was er mochte. Er hatte gelernt, aus den erwählten Frauen das Optimale herauszuholen. Er wusste jetzt genau, welchen Typ er mochte, wonach er suchte. Zuvor hatte ihn eine unterschwellige Panik immer nervös und ängstlich gemacht und ihm fast den Rausch verdorben. Er riskierte eine Menge, um seine Phantasien auszuleben, und wollte deshalb, dass die Erfahrung es wert war. Diese Frau hatte seine kühnsten Hoffnungen erfüllt, mithin hatte er sich Zeit gelassen und jeden Moment genossen.
    Sie fehlte ihm schon jetzt. Er wünschte, er hätte sie länger behalten. Seine Hochstimmung war bereits im Sinkflug, bald würde er sich leer und leblos fühlen. Jemand hatte mal gesagt, er hätte eine Suchtpersönlichkeit. Doch er war viel zu diszipliniert, um so dummen und selbstzerstörerischen Süchten wie Zigaretten oder auch Alkohol zu frönen. Aber Töten, die absolute Macht über einen anderen Menschen zu haben, war etwas vollkommen anderes. Seine Sucht war mächtiger als jede Droge und verschaffte ihm ein Hochgefühl, ohne das er nicht leben konnte.
    Er bückte sich und schnürte die Schneestiefel auf, streifte die Träger der Latzschneehose von den Schultern, zog sie aus und warf

Weitere Kostenlose Bücher