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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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entscheiden. Doch wenn er den Einsatz akzeptiert, wird er es nicht lange machen. Die örtliche Polizei wird sich beschweren, was uns wiederum die Möglichkeit gibt, ihn ohne rechtliche Probleme zu entlassen.«
    »Alle gewinnen«, fügte Rummel hinzu.
    Alle, außer John Tomasetti und die Bürger von Painters Mill, dachte Denny.
    »Ich möchte, dass Sie ihn, so schnell es geht, dorthin schicken«, sagte Rummel. »Alles soll streng nach Vorschrift laufen, haben Sie verstanden?«
    Denny konnte sich nicht vorstellen, John Tomasetti einen großen Fall zu übertragen. Der Mann stand am Abgrund, ein Stoß genügte und er war für immer verloren. »Wenn Sie Tomasetti diesen Fall übertragen, wird er psychisch daran zerbrechen.«
    Bogart sah auf ihre Notizen.
    Rummel, das Gesicht unbeweglich, hielt seinem Blick stand. »Davon gehen wir aus.«
    · · ·
    Als ich schließlich das Polizeirevier verlasse, ist es stockdunkel. Der Nachthimmel ist so klar, dass ich den Großen Wagen sehen kann. Laut Wetterbericht soll die Temperatur bis morgen früh auf minus zwanzig Grad fallen. Keine gute Nacht, um in einem alten Getreidespeicher nach einer Leiche zu suchen.
    Die Presseerklärung hatte ich geschrieben und Lois gegeben, die netterweise gewartet hatte, bis ich mit den letzten Korrekturen fertig war. Sie würde sie an Steve Ressler faxen, bevor sie nach Hause zu Mann und Kindern ging – zu einem normalen Leben, wie ich es mir nur vorstellen kann.
    Ich muss duschen und ein paar Stunden schlafen. Eigentlich hätte ich noch Donny Beck verhören sollen, doch das muss warten, bis ich mit Jacob den Getreideheber im fünfzehn Meilen entfernten Coshocton County abgesucht habe. Wenn wir Daniel Lapps Gebeine finden, ist klar, dass wir es mit einem Nachahmer zu tun haben. Wenn es keine Gebeine gibt, hat er damals überlebt. Das würde meine Betrachtungsweise des Falls und somit die Herangehensweise vollkommen ändern.
    Ich biege auf die Schotterstraße zu Jacobs Farm ein und sehe von weitem, dass alle Fenster dunkel sind. Als ich den Wagen an der gleichen Stelle parke wie heute Nachmittag und mich zum Haus aufmache, kommt Jacob mir auf halbem Weg entgegen, mit einer Laterne in der Hand.
    »Ich habe Taschenlampen dabei«, sage ich.
    »Leise«, zischt er auf Pennsylvaniadeutsch, macht die Laterne aus und stellt sie in den Schnee.
    Ich frage mich, ob er sich heimlich fortgeschlichen hat. »Du hast Irene nichts gesagt?«
    Er dreht mir ruckartig den Kopf zu, und mir wird klar, dass er den Sinn meiner Frage nicht versteht. »Sie weiß nichts davon.«
    Auf dem Weg zum Explorer denke ich über seine Worte nach. Ich habe mich schon immer gefragt, ob er ihr erzählt hat, was vor so vielen Jahren passiert ist. Manchmal sieht sie mich so seltsam an …
    Wir steigen in den Wagen, und als ich ihn anlasse und losfahre, ist die Anspannung fast greifbar. Die Gefühle meines Bruders mir gegenüber sind vielschichtig, aber am stärksten ist sicher sein Groll. Er dürfte nicht mit mir in einem Auto sitzen, schon gar nicht, weil ich unter
Bann
gestellt wurde. Aber das ist wahrscheinlich nicht der Hauptgrund für seinen Missmut. Er will mir nicht helfen und nimmt es mir übel, dass ich ihn darum gebeten habe. Ich verstehe das nicht. Früher waren wir einmal innige Freunde gewesen. Er hat mich geliebt und beschützt und hätte alles für mich getan. Doch das hatte sich an dem Tag geändert, an dem ich Daniel Lapp erschossen habe.
    »Ich habe Sarah heute gesehen«, sagt er nach einer Weile.
    Sarah ist unsere Schwester, das mittlere Kind. Sie ist verheiratet und schwanger und lebt auf einer Farm ein paar Meilen entfernt. »Wie geht es ihr?«, frage ich.
    »Sie fürchtet sich.« Er sieht mich eindringlich an.
    »Hast du ihr von Lapp erzählt?«
    »Sie hatte schon in der Stadt davon gehört. Sie hat Angst, Katie. Sie glaubt, dass Lapp lebt und wütend auf uns ist.«
    Eigentlich hatte ich es Sarah sagen wollen, denn ich wusste, dass ihr der Mord Angst machen würde. Aber ich hatte noch keine Zeit gehabt, sie zu besuchen. »Ich rede mit ihr.«
    »Sie hat Angst, dass er uns was antut. Sie hat Angst um das ungeborene Kind.« Er verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. »Und um dich.«
    Ich wusste, dass sie sich Sorgen um mich machen würde. Vor sechzehn Jahren hat sie mitbekommen, wie ich beinahe verrückt geworden wäre. »Du weißt, dass es mir gutgeht«, sage ich.
    Jacob nickt. »Sie will, dass du deiner
englischen
Polizei erzählst, was passiert ist.«
    Um ein Haar

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