Die Zahlen Der Toten
horchte auf. »Ein Serienmörder?«
»Anscheinend hatten sie es schon mal mit solchen Mordfällen zu tun. Es ist zwar eine Weile her, fünfzehn oder sechzehn Jahre, aber die Stadträtin, die mich angerufen hat, sagt, die vorherrschende Meinung sei, dass der Mörder von damals zurück sei.«
Denny beugte sich vor, hatte das Abendessen vergessen.
Rummel fuhr fort. »Painters Mill liegt in einer ländlichen Gegend. Es hat etwas über fünftausend Einwohner, inklusive einer Gemeinde Amische, wie mir gesagt wurde. Die kleine Polizeitruppe ist überfordert, die weibliche Leiterin ist selbst aus dem Ort und unerfahren.«
Normalerweise kontaktierten die örtlichen Polizeidienststellen Denny direkt, da er die Polizisten für ein AE auswählte. Wenn trotzdem mal ein AE auf Rummels Schreibtisch landete, leitete der es gewöhnlich an ihn weiter. Er fragte sich, warum Rummel das auf einmal selbst in die Hand nahm und warum Ruth Bogart hier war, wo doch Fälle, zu denen der FBI -Agent vor Ort hinzugezogen wurde, nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fielen. Er fragte sich auch, warum zum Teufel
er
hier war, wo man das genauso gut übers Telefon hätte besprechen können.
»Ich übertrage den Fall an John Tomasetti«, sagte Rummel.
Damit hatte Denny nun wirklich nicht gerechnet. »Tomasetti ist noch nicht so weit, wieder als Ermittler zu arbeiten.«
»Er ist Field Agent und bezieht jede Woche einen Gehaltsscheck.«
»Bei allem Respekt John gegenüber, aber er ist ein ziemliches Wrack.«
»Wir sind hier keine Kindertagesstätte. Wir haben ihm eine zuckersüße Vorruhestandsregelung angeboten, die er abgelehnt hat. Wenn er weiter hier arbeiten will, muss er seinen Beitrag leisten.«
»Um ehrlich zu sein, ich mache mir Sorgen um seine emotionale Belastbarkeit.«
»Laut Bescheinigung der Ärzte ist er vollkommen gesund.«
Denny fragte sich, ob er ihn auf John Tomasettis Tablettenabhängigkeit oder, noch wichtiger, auf dessen Ruf hinweisen sollte. Auch wenn die Anklagejury in Cuyahoga County ihm einen Freifahrtschein ausgestellt hatte, war Denny selbst lange genug Cop gewesen, um zwischen den Zeilen lesen zu können. Außerdem hatte er die Gerüchte über Tomasettis Verhalten in Cleveland gehört. Zwar war nie etwas bewiesen worden, aber unter seinen Polizeikollegen dort herrschte die Meinung vor, dass er nach dem Mord an seinem Partner und seiner Familie das Gesetz in die eigenen Hände genommen hatte.
»Er war zwei Wochen in der Psychiatrie«, sagte Denny. »Ich glaube nicht, dass Sie ihn schon auf die Öffentlichkeit loslassen sollten.«
Rummel stand auf und schloss die Tür. »John Tomasetti ist zur Bürde geworden, eine Belastung für die Behörde. Eine Belastung für diese Dienststelle. Eine Belastung für mich. Er ist überhaupt nur noch hier, weil er mit Klage droht, wenn ich ihn feuere.«
Denny fing an, eins und eins zusammenzuzählen. Und was dabei rauskam, gefiel ihm gar nicht. »Tomasetti ist noch nicht so weit, an so einem Fall zu arbeiten.«
Rummel beugte sich vor. »Was ich jetzt sage, Denny, ist inoffiziell. Wenn irgendwas davon nach außen dringt, krieg ich Sie am Arsch. Haben Sie das verstanden?«
Rummel sah Ruth Bogart durchdringend an. »Ruth?«
Sie schlug die Beine übereinander und blickte hinab auf ihre Notizen. »Wir wissen alle, was John mitgemacht hat«, fing sie an. »Er hat unser ganzes Mitgefühl. Wie Sie wissen, haben wir ihm einen Deal angeboten, bei dem auch seine Krankenversicherung weiterbezahlt wird. Er hat abgelehnt. Wenn wir ihn entlassen, verklagt er uns und wird wahrscheinlich gewinnen.«
Rummel unterbrach sie. »Wir wollen ihn loswerden, Denny. Wir haben alles Mögliche versucht. Wir waren mehr als fair. Das ist der einzige Weg.«
Denny konnte kaum fassen, was er da hörte. Aber eben nur kaum. Er kannte Rummel seit drei Jahren und wusste, dass der Mann auch mal falsch spielte, um zu kriegen, was er wollte. Wenn man auf Rummels Abschussliste stand, konnte man sich getrost schon mal nach einem neuen Job umsehen.
»Wenn Sie ihm wirklich den Fall übertragen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit Kollateralschäden geben.« Denny blickte von Rummel zu Ruth Bogart. »Tomasetti wird der Stadt keine große Hilfe sein. Wenn die es dort wirklich mit einem Serienmörder zu tun haben, muss ich Ihnen sicher nicht noch sagen, dass weitere Menschen sterben könnten.«
Bogart ergriff das Wort. »Im günstigsten Fall wird ihn das AE veranlassen, sich doch für den Vorruhestanddeal zu
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