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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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besichtigen.«
    »Das ist schön.« Der Zar, der während des Gesprächs über Häuser geschwiegen hatte, nickte zufrieden. »Warum begleitest du die beiden nicht, meine Liebe?«, sagte er zu Alexandra. »Du weißt ja, dass ich morgen nach St. Petersburg abreisen muss. Dringende Amtsgeschäfte, Sie verstehen«, fügte er Karl gegenüber an.
    »Sie reisen morgen ab? Aber warum?« Dass ihr Vater sie verlassen würde, hörte Olly zum ersten Mal.
    Die Zarin lächelte. »Ich glaube, dein Vater sehnt sich nach dem russischen Winter. Merkst du nicht, dass er in der Villa umherläuft wie ein eingesperrter Tiger? Nicht wahr, mein Lieber – dich gelüstet es nach Schnee und Eis, nach Männern in schweren Uniformen mit spitzen Pelzmützen. Und nach Pferden, deren Winterfell so dicht wie das eines Bären ist.«
    »Du hast den Geruch eines Kartoffelfeuers vergessen.« Nikolaus lachte. »Und wenn ich daran denke, dass bei uns zu Hause in diesen Tagen Weihnachten gefeiert wird, dann bekomme ich erst recht Heimweh. Niemand kennt mich so gut wie du, meine Liebe.« Voller Zuneigung tätschelte er die Hand seiner Frau. »Deshalb fällt mir der Abschied auch schwer. Wenigstens weiß ich dich in Ollys Obhut und der des Prinzen.« Einen langen Moment hatten Nikolaus und Alexandra nur Augen für sich.
    Scheuwandte sich Olly ab, auch Karl rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her. Wie sich solch eine Vertrautheit nach so vielen Ehejahren wohl anfühlte?, fragte sie sich und konnte gegen das Sehnen in ihrer Brust nichts tun.
    »Müßiggang ist nun einmal nichts für mich«, sagte Nikolaus schließlich. »Es wird höchste Zeit, dass ich meine Truppen besuche, ein paar Paraden abhalten lasse. Zucht und Ordnung sind in einer Armee unerlässlich, ohne eine feste Hand reißt schnell der Schlen drian ein, nicht wahr, lieber Prinz?«
    Karl zuckte mit den Schultern. »Ich muss gestehen, dass mir am Militärischen nicht viel liegt. Die glänzenden Uniformen, die blitzenden Orden, das ewige Getue um die besten Rösser – mich erinnert das alles an kleine Jungen, die mit Rittern und Zinnsoldaten spielen.«
    Olly verschluckte sich fast an ihrem Brotstück. Gerade noch hatte Karl einen so guten Eindruck gemacht und nun redete er sich um Kopf und Kragen. Wusste er denn nicht, dass das Militär die größte Leidenschaft im Leben des Zaren war?
    »Schaut nur, wie köstlich die gebratenen Kapaune aussehen«, rief sie enthusiastisch, als die beiden Serviermädchen mit dem ersten Hauptgang ins Zimmer kamen. Dabei war ihr das fette Fleisch des Masthahnes eigentlich zuwider. Sie hätte sich ihr Ablenkungsmanöver sparen können.
    »Ich verstehe Ihre Bemerkung nicht ganz«, sagte der Zar irritiert. »Als Sohn des württembergischen Königs werden Sie doch bestimmt die vorzüglichste militärische Ausbildung genossen haben.«
    Mit sinkendem Herzen beobachtete Olly, wie sich Karl auf seinem Stuhl wand. Weggeblasen war seine Selbstsicherheit von zuvor, stotternd sagte er: »Oh, gewiss. Mit sechzehn Jahren begann ich meine Offiziersausbildung an der Kriegsschule in Ludwigsburg, derzeit habe ich den Rang eines Leutnants inne.«
    »Erst Leutnant? In Ihrem Alter?« Nikolaus verzog das Gesicht, als habe er Zahnweh. »Nun ja, bei uns in St. Petersburg oder Moskau wären Sie rascher vorangekommen. Aber wenn man berücksichtigt, dass die württembergische Armee nur sehr klein ist … Bestimmt habendie Ausbilder nicht dieselbe Eignung wie unsere hervorragenden Männer.«
    Karl nickte erleichtert.
    Olly konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen, die Situation war aber auch zu komisch! Da saß ihr Vater mit einem weiteren potentiellen Schwiegersohn am Tisch und musste das Schlimmste über ihn erfahren, was es seiner Ansicht nach über einen Mann zu sagen gab: dass er kein Soldat war.
    Damit hatte sich das Thema Heirat bestimmt erledigt, schoss es ihr durch den Kopf. Schade, irgendwie hatte sie sich schon auf den gemeinsamen Villenspaziergang gefreut.
    Am Abend kam Nikolaus zu Olly ins Zimmer. Schweigend setzte er sich an ihr Bett und nahm ihre Hand.
    »Weißt du, was seltsam ist? Seit Prinz Karl hier erschienen ist, muss ich immer wieder an meine Schwester Katharina denken. Fast fühlt es sich an, als würde sie mir aus dem Grab heraus Dinge zuflüstern.«
    Olly stutzte. Warum kam ihr Vater ausgerechnet jetzt auf die vor Ewigkeiten verstorbene Schwester zu sprechen? Sie hatte vielmehr damit gerechnet, dass er seine Entrüstung ob Karls Einstellung zum Militär

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